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Elektronische Gesundheitskarte


Mit der geplanten Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (e-GK) wird sich für den deutschen Patienten einiges ändern. Denn zukünftig kann nicht nur dieser „seine Gesundheitsdaten selbst in die Hand nehmen“, wie es das Gesundheitsministerium so schön formuliert, sondern auch andere.

Was ist auf der Karte gespeichert? Auf der e-GK werden alle Angaben des Patienten bezüglich seiner Versicherung gespeichert, wie zuvor bereits auf der uns bekannten Krankenkassenkarte. Optional können weitere Behandlungsdaten auf einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Einige Krankenkassen bestehen gar auf ein biometrisches Foto des Versicherten.

Was erhofft sich der Staat davon? Durch die Möglichkeit auf die Krankengeschichte der Patienten zurückgreifen zu können sollen Doppeluntersuchungen, Arzneimittelunverträglichkeit, Allergien und andere Risiken und Kosten erkannt und ausgeschlossen werden. Langfristiges Ziel ist laut Gesundheitsministerium der Aufbau einer elektronischen Patientenakte sowie eines einheitlichen europaweiten elektronischen Gesundheitsdienstes. Um jedoch eine vollständige elektronische Patientenakte erstellen zu können, müsste sich jeder Patient dazu bereit erklären, seine Daten bei jeder Behandlung speichern zu lassen- Es sei denn dies wird in Zukunft für Bundesbürger alle verpflichtend sein.

Wer kann auf meine Daten zugreifen? Planmäßig soll jeder Patient Zugriff auf seine Daten erhalten und darf diese somit beliebig verändern, freigeben oder löschen. Vollständiger Zugriff ist allerdings nur zusammen mit der PIN-Nummer des Patienten in Verbindung mit dem einer weiteren Karten mit zugehöriger PIN, dem elektronischen Heilberufsausweis möglich. Jeder Zugriff soll protokolliert werden. Der Patient darf von Dritten nicht dazu gedrängt werden die Daten zugänglich zu machen. Vorerst sollen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker mit dem Heilsberufausweis ausgestattet werden.

Schadenspotential der elektronischen Gesundheitskarte

Mit wachsenden Möglichkeiten steigen leider meist auch die Begehrlichkeiten. Das die elektronische Gesundheitskarte durchaus in einigen Fällen wie beispielsweise bei Arzneimittelunverträglichkeiten Nutzen stiften kann ist unbestreitbar. Fraglich ist jedoch, wie dieser Nutzen im Verhältnis zu dem möglichen Schadenspotential dieser Neuerung steht.

Die Bundesärztekammer sieht sich in der Verpflichtung eine online-Anbindung für die elektronische Datenverarbeitung der Behandlungsergebnisse einzuführen in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt. Durch die elektronische Erfassung von Rezepten könne, so die Ärztevertreter, die ärztliche Schweigepflicht mit wenig Aufwand umgangen werden. Durch die Analyse verordneten Medikamente kann leicht zurückverfolgt werden, mit welchen Beschwerden sich der Patient an den ausstellenden Arzt gewendet hat. Bereits in der Testphase kam es zu zahlreichen Problemen sowohl von Seiten der Ärzte als auch der Patienten. Ein vollständiger Systemausfall Anfang 2008 zeigte, dass das System bislang noch unausgereift ist. Die Entwicklungs- und Einführungskosten sind immens und es scheint daher fraglich, ob dies durch Einsparungen an anderen Stellen wieder wett gemacht werden kann. Denn auch die Behandlungsabläufe werden durch die elektronische Erfassung komplexer und somit zeitaufwendiger und kostenintensiver werden. Es stellt sich auch die Frage, wie das auf einer PIN-Nummer basierende System bei behinderten und alten Menschen greifen soll.

Wachsende Möglichkeiten schaffen leider oft auch wachsende Begehrlichkeiten. Unternehmen, Krankenkassen aber auch der Staat haben ein großes Interesse an unseren Patientendaten. Für Unternehmen könnte es beispielsweise finanziell äußerst reizvoll sein auf Krankendaten zugreifen zu können, da sie so „kostspielige“ Arbeitnehmer mit hohem Erkrankungsrisiko oder langer Krankengeschichte frühzeitig aussortieren können um ihre Ausgaben zu senken. Privatunternehmen wären mit Hilfe der Datensätze in der Lage ihre Produkte genau auf den Kunden abzustimmen, was besonders für Pharmakonzerne von großem Interesse sein wird. Krankenkassen wären mit diesen sensiblen Daten in der Lage Risikokunden mit höheren Beiträgen zur Kasse zu bitten. Finanzdienstleister würden es sich bei einigen Mitbürgern genau überlegen, zu welchen Konditionen sie eine Versicherung oder einen Kredit anbieten. Das Solidaritätsprinzip des Lastenausgleichs und der Risikostreuung, nach der Versicherungen heute funktionieren, würde ausgehebelt werden, wenn ein Zugriff auf die Daten ermöglicht wird. Bedenklich ist vor diesem Hintergrund vor allem die Ankündigung, dass der Zugriff der Patienten auf ihren Datensatz von Bankautomaten aus möglich sein soll. Auch der Staat hat ein Interesse an unseren Daten. Zum Zwecke der Rasterfahndung, der „effizienteren“ Gestaltung der Gesundheitsversorgung oder der Terrorbekämpfung wäre es möglich, sich die Zugriffskompetenzen in einem günstigen Zeitpunkt mit einer Mehrheit in Bundesrat und Bundestag zu beschaffen.

Kritisiert werden sollte auch der Aufbau der Planung und die technische Realisation, welche unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt findet. Durch die zentrale Speicherung erhöht sich das Ausmaß des möglichen Schadens im Falle eines unerlaubten Zugriffs oder Verlustes der Daten immens. Einem System, welches derart unausgereift scheint, dessen Realisation sich bereits seit Jahren aufgrund von Problemen weiter hinausschiebt, soll nun mit den hoch sensiblen Krankendaten aller Bundesbürger gefüttert werden. Verantwortungsbewusstes Handeln sieht anders aus.

Denn aller Sicherheitsmaßnahmen zum Trotze kann menschliches Versagen niemals vollständig ausgeschlossen werde. Durch Unachtsamkeit, Verlust oder eine strafbare Handlung einer zugriffsberechtigten Person könnte es passieren, dass die Daten in die Hände Dritter gelangen. Und das Schadenspotential eines Datenlecks ist erschreckend. Die Offenlegung von Erbkrankheiten würde nicht nur unsere Generation, sondern auch die unserer Kinder schwer treffen. Ein derartiger informationeller Supergau kann nicht mehr Rückgängig gemacht werden, wenn die sensiblen Daten erst einmal in die mediale Atmosphäre entwichen sind. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Einbußen für die Betroffenen. Unfreiwillig als HIV-positiv infizierte, psychisch erkrankte oder als sonst wie gesundheitlich nicht der Norm entsprechend geoutete Menschen setzen sich somit der Gefahr einer Stigmatisierung durch die Gesellschaft aus. Der gläserne Patient rückt somit dank der e-GK in greifbare Nähe. Privatsphäre sieht anders aus.

Gentests- unsere Zukunft auf einem Strang?


Viele Dispositionen für bestimmte Krankheitsbildern sind von unseren Genen abhängig. Je nachdem ob eine bestimmte Abfolge von Gensequenzen auf unserer DNS auffindbar ist, steigt oder sinkt die Wahrscheinlichkeit von bestimmten Krankheiten betroffen zu sein. Die Forschung hat bisher nur einige wenige Genkombinationen (über 1000) als Ursache für schwere Krankheiten ausfindig machen können. Weitere werden folgen, so viel scheint sicher angesichts des exponentiellen Wachstums unserer Wissenschaft. Für eine Untersuchung bedarf es oft nur einen Tropfen Blut. Zahlreiche Firmen sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden dieses neuen Marktes geschossen. Es locken hohe Gewinnmargen. Die potentielle Zielgruppe ist groß, denn wer hat keinen Fall von schweren Erkrankungen in seiner Familie zu verzeichnen?

Für Betroffene ist die Möglichkeit zum Gentest Fluch und Segen in einem. Die Frage, ob man sich testen lassen möchte und somit erfahren will, ob man über die selben genetischen Dispositionen verfügt wie die Vorfahren, muss dabei bisher jeder für sich beantworten. Denn die Folgen eines bedenklichen Testresultats können von Depressionen bis hin zum Suizid im Affekt reichen, wenn man erfährt, dass man die Veranlagung für eine unheilbare Krankheit hat. Viele ziehen es daher vor trotz der technischen Möglichkeiten in Unwissenheit zu bleiben und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen einer schmerzhaften Gewissheit vorzuziehen.

Denn letztendlich sind auch genetische Tests oftmals nicht in der Lage andere Informationen als Wahrscheinlichkeiten für eine Erkrankung zu liefern. Ob ein Patient letztendlich wirklich erkrankt, hängt nicht zuletzt von seiner Lebensweise und seinem sozialen Umfeld ab, wie die Zwillingsforschung eindrucksvoll gezeigt hat. Auch wenn Gentests Informationen über die Notwendigkeit möglicher präventiver Maßnahmen gegen den drohenden Krankheitsausbruch liefern können, liefern sie doch eines nicht: absolute Sicherheit. Denn die Variablen, die auf unser Leben einwirken sind meist noch vielfältiger als unsere DNS.

Wenn nun die genetischen Daten der Bevölkerung in falsche Hände (andere als die des Gen-Eigentümers) gelangen, könnte dies den Beginn einer genetischen Diskriminierung bedeuten. Ungeachtet dessen, dass Gene oftmals nur Anfälligkeiten und nicht absolute Urteile über unsere zukünftige Krankengeschichte transportieren, werden sich Interessengruppen die Hände reiben, da sie mit Hilfe dieser Daten gefährdete Menschen von bestimmten Leistungen ausschließen können. Unter diesen Umständen wäre es nicht mehr von Interesse ob man tatsächlich erkrankt ist, sondern allein die Tatsache, ob unsere Gene „krank“ oder gesund sind könnte über unseren gesellschaftlichen Status bestimmen. Im Moment unserer Geburt wären die meisten Entscheidungen über unsere Zukunft schon gefällt, in dieser schönen neuen Welt ohne Unsicherheiten.

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