Mikrozensus

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Inhaltsverzeichnis

Was ist der Mikrozensus?

Der Mikrozensus ist eine Bevölkerungsbefragung durch die Statistischen Landes- und Bundesämter, die seit 1957 durchgeführt wird.


Wie oft gibt es einen Mikrozensus?

Der Mikrozensus wird anders als der "Zensus" (=Volkszählung) durchgängig in jedem Jahr durchgeführt!


Wer ist vom Mikrozensus betroffen?

Der Mikrozensus wird bei etwa einem Prozent der Bevölkerung durchgeführt, die betroffenen Haushalte werden per Zufallsgenerator ermittelt und gleichmäßig über alle Wochen des Jahres verteilt dann aufgesucht bzw. befragt.

Ein Prozent der Haushalte entspricht ca. 390.000 Haushalte bundesweit, in denen ca. 830.000 Menschen leben, die dann jedes Jahr von dieser Befragung betroffen sind.

Die Haushalte werden schriftlich benachrichtigt, bevor ein Erhebungsbeauftragter (Volkszähler) zu Besuch kommt und die Befragung mit Hilfe eines tragbaren Computers (Laptop) durchführt. Mit Hilfe der sofortigen Eingaben in den Laptop können erste "Plausibilitätskontrollen" durchgeführt werden!

Wer "möchte", kann die Fragen aber auch stattdessen schriftlich per Fragebogen (dann wird man zum "Selbstausfüller") oder telefonisch beantworten.

Alle betroffenen Haushalte und deren Bewohner müssen auch in den drei folgenden Jahren die entsprechenden Fragebögen ausfüllen, also insgesamt vier mal. Dieses ist im Gesetz zum Mikrozensus so festgelegt worden.

Dabei ist es so, dass sich der Frageumfang ändert. Neben einem in jedem Jahr gleichen Satz an Basisfragen ("Grundprogramm") gibt es einen weiteren Satz an erweiterten Fragen, der jedes von den vier Jahren anders ist ("Ergänzungsprogramm").

Zusätzlich kann es aber in jedem Jahr noch weitere, zusätzliche Fragen geben ("ad-hoc-Modul"), die aber nur einem Teil der Haushalte gestellt werden.


Was wird beim Mikrozensus erfragt?

Anders als der Name vermuten lässt: Viel. Sehr viel.

Der Fragebogen zum Mikrozensus 2008 ist beispielsweise 48 Seiten lang.

Hier ein paar wenige Beispiele aus dem Umfang der insgsamt 133 Fragen:

  • 16a.) In welcher Beziehung stehen Sie zur ersten Person dieses Haushalts? (Ehefrau, Ehemann / Tochter, Sohn, Schwiegertochter, Schwiegersohn / Enkel, Urenkel / Mutter, Vater, Schwiegermutter, Schwiegervater / Großmutter, Großvater / Schwester, Bruder / sostige verwandte oder verschwägerte Personen)
  • 19.) Haben Sie in der vergangenen Woche eine Stunde oder länger gegen Bezahlung oder als Selbständiger gearbeitet?
  • 23.) Was war der wichtigste Grund, weshalb Sie in der vergangenen Woche nicht gearbeitet haben? (Krankheit, Unfall / Mutterschutz / Altersteilzeit / Elternzeit, Erziehungsurlaub / Urlaub, Sonderurlaub / Streik, Aussperrung / Schlechtwetterlage / Kurzarbeit / Ausgleichsurlaub / Ausbildung, Forbildung, Schulbesuch / Sonstige Gründe oder persönliche, familiäre Verpflichtungen)
  • 25b.) Auch wenn man eigentlich nicht erwerbstätig ist, kann man Tätigkeiten z.B. als Schüler/-in, Hausfrau/Hausmann oder Rentner/-in ausüben, indenen man Geld hinzuverdient. Haben Sie eine solche bezahlte Tätigkeit in der vergangenen Woche ausgeübt?
  • 27.) Was war der wichtigste Grund für die Beendigung Ihrer früheren (letzen) Erwerbstätigkeit? (Entlassung / Befristeter Arbeitsvertrag / Eigene Kündigung / Ruhestand - vorzeitig nach Vorruhestandsregelung oder Arbeitslosigkeit / Ruhestand - aus gesundheitlichen Gründen / Ruhestand - aus Altersgründen oder sonstigen Gründen / Grundwehr- oder Zivildienst / Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen oder behinderten Personen / Sonstige persönliche oder familiäre Verpflichtungen / Ausbildung oder Studium / Sonstige Gründe)
  • 38.) Bitte geben Sie den Namen des Betriebes an, in dem Sie tätig sind?
  • 41.) Ist ihr Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet?
  • 43a.) Aus welchem Hauptgrund gehen Sie einer Teilzeitbeschäftigung nach? (Vollzeittätigkeit nicht zu finden / Schulausbildung, Studium oder sonstige Ausbildung / Krankheit, Unfallfolgen / Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen oder behinderten Personen / Sonstige persönliche oder familiäre Verpflichtungen / Vollzeittätigkeit aus anderen Gründen nicht erwünscht)
  • 45a.) Wenn es nach Ihnen ginge: Könnten Sie sofort (d.h. innerhalb von 2 Wochen) beginnen, mehr Stunden als bisher zu arbeiten?
  • 54.) Suchen Sie Ihre Arbeitsstätte überwiegend von der hiesigen Wohnung auf? (freiwillige Angabe)
  • 59.) Wieviel Zeit benötigen Sie für den Hinweg zu Ihrer Arbeitsstätte? (freiwillige Angabe)
  • 68.) Haben Sie in den letzten 4 Wochen eine andere oder weitere Tätigkeit gesucht?
  • 69.) Aus welchem Hauptgrund suchten Sie eine andere oder weitere Tätigkeit?
  • 72.) Sind Sie in der vergangenen Woche bei der Agentur für Arbeit oder anderen Behörden arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet gewesen?
  • 73.) Aus welchem Hauptgrund suchten Sie keine Tätigkeit?
  • 77.) Angenommen, Ihnen wäre in der vergangenen Woche eine bezahlte Tätigkeit angeboten worden, könnten Sie diese bis Ende der nächsten Woche aufnehmen?
  • 77a.) Aus welchem Hauptgrund könnten Sie eine Tätigkeit nicht innerhalb der nächsten zwei Wochen aufnehmen?
  • 82.) Haben Sie innerhalb der letzten 4 Wochen etwas unternommen, um eine (andere) Tätigkeit als Arbeitnehmer/-in zu finden?
  • 99.) Welches Verkehrsmittel benutzen Sie hauptsächlich (für die längste Wegstrecke) auf dem Hinweg zu Ihrer Schule oder Hochschule?
  • 106.) Haben Sie in den letzten 12 Monaten an einer oder mehreren Lehrveranstaltung/-en der allgemeinen oder beruflichen Weiterbildung in Form von Kursen, Seminaren, Tagungen oder Privatunterricht teilgenommen oder nehmen Sie gegenwärtig daran teil?
  • 108.) Was war der Inhalt der letzten Lehrveranstaltung?
  • 109.) Sind Sie auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geboren?
  • 115b.) Haben Sie noch Kinder im Alter von unter 18 Jahren im Herkunftsland? (Kinder unter 6 Jahre / 6 bis unter 16 Jahre / 16 bis unter 18 Jahre) (freiwillige Angabe)
  • 116.) Woraus beziehen Sie überwiegend die Mittel für Ihren Lebensunterhalt?
  • 120.) Beziehen Sie eine (oder mehrere) öffentliche Zahlung/-en oder öffentliche Unterstützung/-en? (Arbeitslosengeld I / Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung u.a. Hilfen in besonderen Lebenslagen / Wohngeld / Elterngeld, Erziehungsgeld / Pflegegeld oder Pflegesachleistungen aus der Pflegeversicherung / sonstige öffentliche Zahlungen wie Kindergeld, BAföG, Stipendium, Asylbewerberleistungen ...)
  • 120a.) Nach welcher Pflegestufe erhalten Sie Pflegegeld/Pflegesachleistungen?
  • 131.) Haben Sie Kinder geboren?
  • 131a.) Wie viele Kinder haben Sie insgesamt geboren?

Der Fragebogen für 2010 umfasst dann schon 56 Seiten. Zusätzlich gibt es eine 32seitige Informationsbroschüre für Befragte ...

Wer organisiert den Mikrozensus

Die bundesweite Organisation und Planung wird vom Bundesamt für Statistik in Wiesbaden durchgeführt, für die Ausführung der Erhebungen (=Befragungen) in den einzelnen Bundesländern sind jedoch die jeweiligen Landesämter für Statistik zuständig.

Die Ergebnisse werden von den Statistischen Ämtern veröffentlicht und stehen damit allen zur Verfügung.

Beispiele:


Wozu das Ganze?

"Der Mikrozensus dient der Bereitstellung statistischer Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung sowie über die Erwerbstätigkeit, den Arbeitsmarkt und die Ausbildung (Mehrzweckstichprobe). Er schreibt die Ergebnisse der Volkszählung fort. Zudem dient er der Evaluierung anderer amtlicher Statistiken, wie zum Beispiel der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe." (Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden)

Alles klar?


Auskunftspflicht

Genau wie bei der Volkszählung gibt es auch beim Mikrozensus die Verpflichtung zur vollständigen, in allen Punkten korrekten Auskunft zu den gestellten Fragen (§ 7 Mikrozensusgesetz).

Laut Wikipedia-Artikel ist die Bußgeld-Vorschrift (5000-Euro-Regel) des Bundesstatistikgesetzes zwar nicht auf den Mikrozensus anwendbar, dieses "schließe aber nicht sonstige Maßnahmen der Vollstreckung aus." (!?)


Gesetzliche Grundlagen

Verfassungsgemäß?

Nach Ansicht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz-Schleswig Holstein (ULD) sind der Mikrozensus und seine gesetzliche Grundlage verfassungskonform.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Volkszählungsurteil nämlich auch davon gesprochen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden kann.

Unter Berücksichtigung der gesetzlich definierten Wahrung der Anonymität der Daten sei das hier der Fall, so das ULD.

Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus in den Beschlüssen vom 1. März 1988 (1 BvR 93/88) und vom 15. April 1988 (1 BvR 222/88) die Grundrechtskonfirmität bestätigt. (Diese Angabe entstammt einem Informationsblatt des ULD, leider konnten die Urteile im Netz nicht nachrecherchiert werden!)

Aber natürlich darf sich jeder Mensch eine eigene Meinung darüber bilden!


Geschichte des Mikrozensus - eine "braune"?

Eingeführt wurde der Mikrozensus durch Siegfried Koller, der als Statistiker unter dem Nationalsozialismus wesentliche Einflüsse im Zusammenhang mit Euthanasieprogrammen und Zwangssterilisationen hatte. Von ihm stammen auch wesentliche Beiträge "zur wissenschaftlichen und praktischen Lösung des sogenannten 'Asozialenproblems'", z.B. unter dem Titel "Die Gemeinschaftsunfähigen".

Damals eingesetzt wurden verfeinerte Volkszählungsbogen der NS-Zeit.

Zunächst wurden die Mikrozensen vierteljährlich an jeweils ca. 500.000 Menschen durchgeführt.

Weitere Informationen über Wurzeln von Mikro- und Makrozensus im "Dritten Reich" gibt es auf einer Extraseite "NS-Volkszählung".


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