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Version vom 10:09, 1. Jun. 2011

Mögliche Fragen für ein Wissensquiz:


1 Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte ich im Internet gelesen habe? Hätte ich im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung beispielsweise in das Visier der Ermittler geraten können, weil ich mich im Internet über den Mordfall "Mirko" informiert habe?

Ja. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung können Internetnutzer in das Visier der Ermittler geraten, weil sie sich im Internet vermeintlich "verdächtig" gemacht haben. Die Sonderkommission Mirko der Polizei hat 2010 eine Internetseite mit Fotos und Informationen zu dem Fall ins Netz gestellt. Dabei ließ sie IP-Adresse und Zugriffszeit aller Leser der Seiten speichern. Durch Anfragen bei den Internet-Zugangsanbietern brachte sie in Erfahrung, über wessen Internetanschluss "häufig" auf die Seite zugegriffen wurde. Diese Ermittlungen ins Blaue hinein wären im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung gegen Kunden aller Internetprovider möglich gewesen. Zurzeit kann man sich vor ungerechtfertigen Ermittlungen noch schützen, indem man einen Internet-Zugangsanbieter wählt, der die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert (Anbietervergleich hier).

Auch das Bundeskriminalamt hat mehrfach gegen Besucher seines Internetportals ermittelt - ermöglicht nur durch die Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch einige Internet-Zugangsanbieter. Bei Ermittlungen wegen der "militanten gruppe" fragte das BKA 417 IP-Adressen von häufigen Besuchern der entsprechenden Internetseite ab. Die deutsche Telekom identifizierte für 120 dieser IP-Adressen Anschlussinhaber und unterzog diese einem "Hintergrundcheck", jedoch ohne jedes Ergebnis. Es handelte sich offenkundig um interessierte Bürger. Weitere der angefragten IP-Adressen waren Presseorganen zugeordnet.

Wo Polizeibehörden Surfprotokolle nicht selbst anlegen, können sie diese ohne richterlichen Beschluss jederzeit von den Betreibern anderer Internetportale anfordern. Mithilfe solcher Protokolle über Ihr Surfverhalten würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben.


2 Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, wo ich mich aufgehalten habe?

Ja, aus der von Ihnen verwendeten IP-Adresse kann oft auf die Stadt geschlossen werden, in deren Einzugsgebiet Sie sich jeweils aufgehalten haben. Nach einer Untersuchung macht jeder fünfte Internetnutzer Fantasieangaben bei Online-Registrierungen, um anonym zu bleiben. Nach dem Vorschlag der Bundesjustizministerin könnten Staatsbeamte künftig den Inhaber eines solchen "anonymen" Benutzerkontos jederzeit über seine IP-Adresse identifizieren. Anschließend könnte der Ermittler von dem Anbieter die früheren IP-Adressen, mit denen dieses Benutzerkonto genutzt wurde, erfragen, um daraus ein ungefähres Bewegungsprofil zu erstellen.

Nach einer weiteren Studie kann aus den von einer Person in den letzten Tagen benutzten IP-Adressen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch abgeleitet werden, ob es sich bei den jeweiligen Standorten des Internetnutzers um dessen Zuhause, dessen Arbeitsstelle oder einen Reiseweg handelte.

3 Bei Bedarf kann ich durch Angabe von Fantasiedaten ein anonymes E-Mail-Postfach eröffnen und darüber E-Mails ohne Angabe meines Namens versenden (z.B. an eine Aids-Beratungsstelle, an die Internetseelsorge oder an einen Journalisten). Würde der Vorschlag des Justizministeriums künftig die Feststellung ermöglichen, dass ich der Verfasser solcher E-Mails bin?

Ja, eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde für nicht versierte Nutzer das Ende anonymer E-Mail-Kommunikation bedeuten. Die meisten E-Mail-Anbieter nehmen in jede versandte E-Mail die IP-Adresse des Absenders auf. Selbst wenn das E-Mail-Konto anonym registriert wurde, könnte über die IP-Adresse in den meisten Fällen der Absender ermittelt werden, wenn die Zuordnung von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde.


4 Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare ich im Internet geschrieben habe? Angenommen, ich schreibe im Heise-Forum unter einem Pseudonym einen satirischen Kommentar zu den Anschlägen des 11. September 2001. Jemand zeigt mich wegen "Billigung von Straftaten" an. Würde der Vorschlag des Justizministeriums meine Identifizierung ermöglichen?

Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare über Ihren Internetanschluss geschrieben wurden. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können den Betreiber eines Forums oder Blogs ohne richterlichen Beschluss um Auskunft ersuchen, unter welcher IP-Adresse ein Beitrag verfasst wurde, wenn dem Betreiber dies bekannt ist. Eine Vorratsspeicherung der Vergabe von IP-Adressen bei Internet-Zugangsanbietern würde Ihre Identifizierung als Inhaber des genutzten Internetanschlusses ermöglichen, gegebenenfalls eine daran anschließende Durchsuchung Ihrer Wohnung. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde weithin die Aufhebung der vermeintlichen Anonymität von Benutzerkonten in Foren ermöglichen.

Im Fall Holger Voss führte die IP-Vorratsdatenspeicherung von T-Online dazu, dass Holger Voss wegen eines satirischen Kommentars im Heise-Forum über die Anschläge des 11. September 2001 wegen Billigung von Straftaten angeklagt und erst vor Gericht freigesprochen wurde. In der Folgezeit erstritt Holger Voss ein Urteil gegen T-Online, demzufolge der Anbieter die Zuordnung seiner IP-Adressen nicht speichern darf. Dieses Recht auf anonyme Meinungsäußerung im Netz ohne Furcht vor Rückverfolgung würde durch eine IP-Vorratsdatenspeicherung entfallen.


5 Ermöglicht der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung, ob ich auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht habe?

Ja. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können ohne richterlichen Beschluss von Google Auskunft darüber verlangen, unter welchen IP-Adressen nach bestimmten, vermeintlich verdächtigen Worten gesucht wurde. Google gab 2010 über 1.000mal Auskunft über Benutzer seiner Suchmaschine und Dienste an deutsche Behörden. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde die Feststellung der Inhaber der genutzten Internetanschlüsse ermöglichen und könnte weitere Verfolgungs- oder Überwachungsmaßnahmen gegen diese nach sich ziehen.

2007 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen eines Brandanschlags auf das Berliner Unternehmen Dussmann. Sie brachte durch Überwachung eines DSL-Anschlusses in Erfahrung, dass eine Person im Internet "intensiv" nach "Dussmann" recherchiert hatte (tatsächlich aber angeblich nur drei Minuten lang). Dies führte zur Durchsuchung der Wohnung des G8-Gegners im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Dussmann unterhält unter dem gleichen Namen allerdings eines der größten Bücherkaufhäuser der Stadt. Letztlich wurde das Verfahren eingestellt.


6 Ermöglicht der Vorschlag des Justizministeriums die Identifizierung anonymer Informanten von Journalisten?

Ja. Wenn ein Whistleblower ein anonymes E-Mail-Konto eröffnet, um einem Journalisten unerkannt Informationen über einen Missstand zukommen zu lassen, dann taucht in seiner E-Mail mit hoher Wahrscheinlichkeit die IP-Adresse auf, unter der er im internet surft. Über diese IP-Adresse könnte er unter Umständen als Absender ermittelt werden, wenn die Vergabe von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde. Dies würde der Pressefreiheit und der Information der Öffentlichkeit empfindlich schaden.


7 Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens eine richterliche Genehmigung voraussetzen?

Nein. Für die Identifizierung eines Internetnutzers anhand der genutzten IP-Adresse würde es nach dem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums genügen, dass die Zuordnung aus Sicht eines Polizeibeamten für die Verfolgung einer Straftat erforderlich ist (z.B. Beleidigung, urheberrechtswidrige Tauschbörsennutzung). Der Inhaber der IP-Adresse muss nicht selbst im Verdacht der Straftat stehen.

Die IP-Adresse als Ausgangspunkt der Ermittlungen erhält die Polizei meist freiwillig und ohne richterlichen Beschluss von Anzeigeerstattern oder Internet-Diensteanbietern (z.B. Logfiles). Polizeibeamte dürfen Surfprotokolle ohne richterliche Genehmigung anfordern, Internet-Diensteanbieter dürfen sie ohne richterliche Genehmigung herausgeben. Das Fernmeldegeheimnis gilt für Anbieter von Telemedien im Internet nicht. Nur wenn ein Internet-Diensteanbieter die Herausgabe der Daten verweigert (was zur Androhung einer Durchsuchung und Beschlagnahme oder eines Verfahrens wegen Strafvereitelung führen kann), ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich.


8 Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein?

Nein. Nach dem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums soll der Verdacht einer beliebigen Straftat genügen, beispielsweise einer Beleidigung oder urheberrechtswidrigen Tauschbörsennutzung im Internet. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist der Polizei bei Verdacht beliebiger Straftaten möglich.


9 Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz zur Ermittlung wegen politischer Aktivitäten ermöglicht werden?

Das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums äußert sich dazu nicht ausdrücklich. Es nimmt jedoch auf Paragraf 113 Telekommunikationsgesetz Bezug, demzufolge gegenwärtig auch die 19 deutschen Geheimdienste die Identifizierung von IP-Adressen verlangen können. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist den Geheimdiensten ohne richterliche Genehmigung und ohne Verdacht einer Straftat möglich. Derzeit schützt uns vor einer ausufernden Überwachung noch die Möglichkeit, einen Internet-Zugangsanbieter zu wählen, der unsere IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert.


10 Würde der Vorschlag des Bundesjustizministeriums zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen?

Vermutlich ja. Es ist zwar nicht vorgesehen, Abmahnkanzleien direkten Zugriff auf die Vorratsdaten zu geben. Sie können jedoch eine Strafanzeige wegen Verdachts einer Urheberrechtsverletzung stellen. Die staatlichen Ermittler können dann die mitgeteilte IP-Adresse zuordnen lassen. Der Urheberrechtsinhaber wiederum kann die Ermittlungsakte einsehen und die Personalien des Anschlussinhabers letztlich doch zu einer Abmahnung verwenden.

Es kommt hinzu, dass einige Internet-Zugangsanbieter die Zuordnung von IP-Adressen unter Berufung auf § 100 TKG "freiwillig" auf Vorrat speichern. Über diese Daten können Abmahnkanzleien Auskunft erhalten und dadurch schon heute viele IP-Adressen zuordnen. Eine Pflicht zur Vorratsspeicherung allein für staatliche Zwecke würde nichts daran ändern, dass die Anbieter dieselben Daten auch für eigene Zwecke und zur Auskunfterteilung an Abmahnanwälte unter Berufung auf § 100 TKG speichern könnten. Es ist sogar zu befürchten, dass im Fall eines Speicherzwangs wohl auch diejenigen Internet-Zugangsanbieter, die gegenwärtig auf eine Vorratsdatenspeicherung verzichten, eine "freiwillige" Datensammlung zu eigenen Zwecken und zugunsten der Unterhaltungsindustrie anlegen würden. Für diese Datenbank würden nämlich die teuren Sicherheitsanforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gelten. Dadurch käme es zu einer deutlichen Ausweitung der Abmahnaktivitäten. Allein die Deutsche Telekom hat im Jahr 2010 bereits 2,4 Mio. Auskünfte an private Rechteinhaber erteilt, also Tag für Tag tausende von Kunden identifiziert.

Zurzeit blitzen Abmahnanwälte bei Internet-Zugangsanbietern, die nicht auf Vorrat speichern, ab (Beispiel Vodafone: hier).


11 Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich registrierten Internetdelikte aufgeklärt wurde?

Nein. Nach Einführung einer sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen ab 01.01.2009 ging die Aufklärungsquote bei polizeilich bekannten Internetdelikten bundesweit von zuvor 79,8% auf 75,7% zurück. Vor dem 01.01.2009 war die Praxis der Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch Internet-Zugangsanbieter ähnlich wie heute (siehe Speicherdauer): Einige Internet-Zugangsanbieter speicherten die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat. Andere Anbieter speicherten auf Intervention des Bundesdatenschutzbeauftragten Anfang 2007 1-7 Tage lang auf Vorrat.


12 Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass weniger Straftaten im Internet begangen wurden?

Die polizeiliche Kriminalstatistik spricht nicht für die Annahme einer Abschreckungswirkung. 2009 wurden 206.909 Internetdelikte polizeilich registriert (meist Betrug), 2008 waren es noch 167.451 Internetdelikte gewesen.

Dass der Polizei 2009 mehr Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf der IP-Vorratsdatenspeicherung, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.


13 Wieviele staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen erfolgen wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet? 80%, 20% oder 1%?

Nach einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg spielen Kinderpornografieverfahren keine erhebliche Rolle, wenn ihr Anteil an den IP-Abfragen insgesamt betrachtet wird. Nur 0,9% der Abfragen von IP-Adressen im Festnetzbereich Nordrhein-Westfalens im Jahr 2004 betrafen Ermittlungsverfahren wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen. Nur 3% der Auskünfte zu IP-Adressen, welche die Deutsche Telekom AG im Jahr 2005 bundesweit erteilte, betrafen die Verbreitung pornographischer Schriften (Quelle). Von 1.000 polizeilich bekannten aber nicht aufgeklärten Straftaten handelt es sich übrigens bei weniger als einer um Verbreitung oder Verschaffung von Kinderpornografie im Internet (unter 0,1%).


14 Wieviele polizeilich bekannte Fälle des Austauschs kinder- oder jugendpornografischer Darstellungen über das Internet werden nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt? 30%, 60% oder 90%?

Im Jahr 2010 und damit im Wesentlichen nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung wurden in Nordrhein-Westfalen 60,8% der Fälle von Verbreitung von Kinderpornografie im Internet aufgeklärt. Von den außerhalb des Internets begangenen Straftaten wurden nur 49,4% aufgeklärt (11,4% weniger).

Im Vergleich zu 2009 ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten 2010 zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2007: 84,0%, 2008: 76,9%, 2009: 77,3%, 2010: 64,4%) und ist nicht nachweisbar auf das Ende der Totaldatenspeicherung zurückzuführen. Es ist normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger aufgeklärt werden als sonstige Straftaten (2010: 49,4%).


15 Kann die vorgeschlagene IP-Vorratsdatenspeicherung von Straftätern durch Nutzung eines Anonymisierungsdienstes umgangen werden?

Ja. Mit Internet-Cafés, offenen WLAN-Internetzugängen, internationalen Anonymisierungsdiensten und unregistrierten Handykarten stehen gerade im Internetbereich so viele und kostengünstige Umgehungsmöglichkeiten zur Verfügung, dass sich eine intelligente Sicherheitspolitik nicht ernsthaft einen nennenswerten Zusatznutzen von einer Erfassung jeder Internetverbindung versprechen kann.

In Deutschland wurde vor Beginn der Vorratsspeicherung aller Internet-Verbindungsdaten sogar ein größerer Anteil der Internetdelikte aufgeklärt (79,8%) als nach Inkrafttreten der Internet-Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2009 (75,7%). Zu erklären ist dieser erstaunliche Befund mit den kontraproduktiven Wirkungen einer Totalerfassung aller Verbindungen. Werden sämtliche Verbindungen erfasst, wächst das Bewusstsein der Rückverfolgbarkeit jeder Internetnutzung und werden in zunehmendem Maß Umgehungsmöglichkeiten (z.B. Internet-Cafés, offene WLAN-Internetzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Handykarten) genutzt, die dann selbst bei Verdacht einer Straftat keine gezielten Ermittlungen mehr zulassen, wo sie ohne Vorratsdatenspeicherung noch möglich gewesen wären. "Dadurch entfaltet eine Vorratsdatenspeicherung auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung kontraproduktive Wirkungen und verkehrt den erhofften Nutzen der Maßnahme möglicherweise sogar in sein Gegenteil", so auch der Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten e.V. in einer Stellungnahme.


16 Würde der Vorschlag des Justizministeriums über die bisherige Datenspeicherung bei Internet-Zugangsanbietern hinaus gehen?

Ja. Bisher können Personen, die auf eine anonyme Internetnutzung angewiesen sind, einen Internet-Zugangsanbieter nutzen, der keine Vorratsdatenspeicherung vornimmt (z.B. Arcor, Freenet, Versatel, Vodafone). Andere Anbieter speichern die Zuordnung von IP-Adressen nur 1-5 Tage lang auf Vorrat (siehe Speicherpraxis). Die gegenwärtig teilweise praktizierte "freiwillige" Vorratsdatenspeicherung ist Gegenstand laufender Gerichtsverfahren und könnte schon bald untersagt werden.


17 Wie ist die Position des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung?

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert:

  • Internet-Zugangsanbietern darf eine verdachtslose Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten über jede unserer Internetverbindungen weder vorgeschrieben noch erlaubt werden.
  • Nur im Verdachtsfall darf die Identität des Nutzers einer IP-Adresse mit richterlichem Beschluss, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren und nicht gegenüber Geheimdiensten offengelegt werden.
  • Internetdienste dürfen Auskünfte über die Internetnutzung nur unter denjenigen Voraussetzungen erteilen, die für Auskünfte über die Telefonnutzung gelten (nur auf richterliche Anordnung, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren).
  • Prepaidkarten zur mobilen Handy- und Internetnutzung müssen wieder anonym verkauft werden dürfen.
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