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Mögliche Fragen für ein Wissensquiz:
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Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Wiedereinführung einer Internet-Vorratsdatenspeicherung bieten wir auf unserer Homepage einen [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/abstimmen/index.php?sid=55364&lang=de Wissensquiz] dazu an.
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Hier finden sich die Fragen und Antworten in Textform zur Weiterverwendung.
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1 '''Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte ich im Internet gelesen habe? Hätte ich im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung beispielsweise in das Visier der Ermittler geraten können, weil ich mich im Internet über den Mordfall "Mirko" informiert habe?'''
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==Einleitung==
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Ja. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung können Internetnutzer in das Visier der Ermittler geraten, weil sie sich im Internet vermeintlich "verdächtig" gemacht haben. Die Sonderkommission Mirko der Polizei hat 2010 eine Internetseite mit Fotos und Informationen zu dem Fall ins Netz gestellt. Dabei ließ sie IP-Adresse und Zugriffszeit aller Leser der Seiten speichern. Durch Anfragen bei den Internet-Zugangsanbietern [http://www.bild.de/news/2011/news/verriet-es-verhafteten-familienvater-killer-olaf-h-15788006.bild.html brachte] sie in Erfahrung, über wessen Internetanschluss "häufig" auf die Seite zugegriffen wurde. Diese Ermittlungen ins Blaue hinein wären im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung gegen Kunden aller Internetprovider möglich gewesen. Zurzeit kann man sich vor ungerechtfertigen Ermittlungen noch schützen, indem man einen Internet-Zugangsanbieter wählt, der die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert (Anbietervergleich [[Speicherdauer|hier]]).
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Wissensquiz: Testen Sie Ihr Wissen zur geplanten IP-Vorratsdatenspeicherung!
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Auch das Bundeskriminalamt hat mehrfach gegen Besucher seines Internetportals ermittelt - ermöglicht nur durch die Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch einige Internet-Zugangsanbieter. Bei Ermittlungen wegen der "militanten gruppe" fragte das BKA 417 IP-Adressen von häufigen Besuchern der entsprechenden Internetseite ab. Die deutsche Telekom identifizierte für 120 dieser IP-Adressen Anschlussinhaber und unterzog diese einem "Hintergrundcheck", jedoch ohne jedes Ergebnis. Es handelte sich offenkundig um interessierte Bürger. Weitere der angefragten IP-Adressen waren Presseorganen zugeordnet.
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Vor dem Hintergrund der anstehenden Verhandlungen zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Wiedereinführung einer Internet-Vorratsdatenspeicherung bieten wir seit heute einen Wissensquiz dazu an.
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Wo Polizeibehörden Surfprotokolle nicht selbst anlegen, können sie diese ohne richterlichen Beschluss jederzeit von den Betreibern anderer Internetportale anfordern. Mithilfe solcher Protokolle über Ihr Surfverhalten würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben.
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Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat vorgeschlagen, für die gesamte Bevölkerung ohne Anlass sieben Tage lang auf Vorrat zu protokollieren, wer wann mit welcher Kennung (IP-Adresse) im Internet gesurft hat.
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Was wissen Sie über Bedeutung und Folgen einer solchen IP-Vorratsdatenspeicherung?
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2 '''Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, wo ich mich aufgehalten habe?'''
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Testen Sie Ihr Wissen!
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Ja, aus der von Ihnen verwendeten IP-Adresse kann oft auf die Stadt geschlossen werden, in deren Einzugsgebiet Sie sich jeweils aufgehalten haben. Nach einer [http://www.daten-speicherung.de/index.php/umfrage-internetnutzer-nutzen-selbstdatenschutz/ Untersuchung] macht jeder fünfte Internetnutzer Fantasieangaben bei Online-Registrierungen, um anonym zu bleiben. Nach dem Vorschlag der Bundesjustizministerin könnten Staatsbeamte künftig den Inhaber eines solchen "anonymen" Benutzerkontos jederzeit über seine IP-Adresse identifizieren. Anschließend könnte der Ermittler von dem Anbieter die früheren IP-Adressen, mit denen dieses Benutzerkonto genutzt wurde, erfragen, um daraus ein ungefähres Bewegungsprofil zu erstellen.
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==Frage 1/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben? Können Sie im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung beispielsweise in das Visier der Ermittler geraten, weil Sie sich im Internet über den Mordfall "Mirko" informiert haben?==
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Nach einer weiteren [http://research.microsoft.com/pubs/139079/hotnets10.pdf Studie] kann aus den von einer Person in den letzten Tagen benutzten IP-Adressen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch abgeleitet werden, ob es sich bei den jeweiligen Standorten des Internetnutzers um dessen Zuhause, dessen Arbeitsstelle oder einen Reiseweg handelte.
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Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung könnten Sie in das Visier der Ermittler geraten, weil sie sich im Internet vermeintlich "verdächtig" gemacht haben.
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3 '''Bei Bedarf kann ich durch Angabe von Fantasiedaten ein anonymes E-Mail-Postfach eröffnen und darüber E-Mails ohne Angabe meines Namens versenden (z.B. an eine Aids-Beratungsstelle, an die Internetseelsorge oder an einen Journalisten). Würde der Vorschlag des Justizministeriums künftig die Feststellung ermöglichen, dass ich der Verfasser solcher E-Mails bin?'''
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Die Sonderkommission "Mirko" der Polizei hat 2010 eine Internetseite mit Fotos und Informationen zu dem Fall ins Netz gestellt. Dabei ließ sie IP-Adresse und Zugriffszeit aller Leser der Seiten speichern. Durch Anfragen bei den Internet-Zugangsanbietern [http://www.bild.de/news/2011/news/verriet-es-verhafteten-familienvater-killer-olaf-h-15788006.bild.html brachte] sie in Erfahrung, über wessen Internetanschluss "häufig" auf die Seite zugegriffen wurde. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung wären diese Ermittlungen ins Blaue hinein gegen Kunden aller Internetprovider möglich gewesen. Zurzeit kann man sich vor ungerechtfertigen Ermittlungen noch schützen, indem man einen Internet-Zugangsanbieter wählt, der die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert (Anbietervergleich [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Speicherdauer hier]).Auch das Bundeskriminalamt hat mehrfach gegen Besucher seines Internetportals ermittelt - ermöglicht nur durch die Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch einige Internet-Zugangsanbieter. Bei Ermittlungen wegen der "militanten gruppe" fragte das BKA 417 IP-Adressen von häufigen Besuchern der entsprechenden Internetseite ab. Die Deutsche Telekom identifizierte 120 Anschlussinhaber, und das BKA unterzog diese Leser/innen einem "Hintergrundcheck", ohne jedes Ergebnis. Es handelte sich offenkundig bloß um interessierte Bürger. Weitere der vom BKA ermittelten IP-Adressen waren der Presse zugeordnet, hier hatten Journalisten recherchiert.Wo Polizeibehörden Surfprotokolle nicht selbst anlegen, können sie diese ohne richterlichen Beschluss jederzeit von den Betreibern anderer Internetportale anfordern. Mithilfe solcher Protokolle über Ihr Surfverhalten würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben.
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Ja, eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde für nicht versierte Nutzer das Ende anonymer E-Mail-Kommunikation bedeuten. Die meisten E-Mail-Anbieter nehmen in jede versandte E-Mail die IP-Adresse des Absenders auf. Selbst wenn das E-Mail-Konto anonym registriert wurde, könnte über die IP-Adresse in den meisten Fällen der Absender ermittelt werden, wenn die Zuordnung von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde.
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==Frage 2/16: Soll nach dem Vorschlag des Justizministeriums die Offenlegung Ihres Surfverhaltens nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein?==
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Richtige Antwort: Nein, nach dem Vorschlag des Justizministeriums soll die Offenlegung Ihres Surfverhaltens nicht nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein. Der Verdacht einer beliebigen Straftat soll genügen, um Ihr Surfverhalten offenzulegen. Voraussetzung wäre nicht, dass Sie selbst der Tat verdächtig sind.
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4 '''Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare ich im Internet geschrieben habe? Angenommen, ich schreibe im Heise-Forum unter einem Pseudonym einen satirischen Kommentar zu den Anschlägen des 11. September 2001. Jemand zeigt mich wegen "Billigung von Straftaten" an. Würde der Vorschlag des Justizministeriums meine Identifizierung ermöglichen?'''
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Nach dem [http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/eckpunktepapr_zur_sicherung_vorhandener_verkehrsdaten.pdf?__blob=publicationFile Eckpunktepapier] des Bundesjustizministeriums soll der Verdacht einer beliebigen Straftat zur Identifizierung eines Internetnutzers anhand seiner IP-Adresse genügen, beispielsweise einer Beleidigung oder urheberrechtswidrigen Tauschbörsennutzung im Internet. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist der Polizei bei Verdacht beliebiger Straftaten möglich.
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Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare über Ihren Internetanschluss geschrieben wurden. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können den Betreiber eines Forums oder Blogs ohne richterlichen Beschluss um Auskunft ersuchen, unter welcher IP-Adresse ein Beitrag verfasst wurde, wenn dem Betreiber dies bekannt ist. Eine Vorratsspeicherung der Vergabe von IP-Adressen bei Internet-Zugangsanbietern würde Ihre Identifizierung als Inhaber des genutzten Internetanschlusses ermöglichen, gegebenenfalls eine daran anschließende Durchsuchung Ihrer Wohnung. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde weithin die Aufhebung der vermeintlichen Anonymität von Benutzerkonten in Foren ermöglichen.
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==Frage 3/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, wo Sie sich aufgehalten haben?==
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Im Fall [http://de.wikipedia.org/wiki/Holger_Voss Holger Voss] führte die IP-Vorratsdatenspeicherung von T-Online dazu, dass Holger Voss wegen eines satirischen Kommentars im Heise-Forum über die Anschläge des 11. September 2001 wegen Billigung von Straftaten angeklagt und erst vor Gericht freigesprochen wurde. In der Folgezeit erstritt Holger Voss ein Urteil gegen T-Online, demzufolge der Anbieter die Zuordnung seiner IP-Adressen nicht speichern darf. Dieses Recht auf anonyme Meinungsäußerung im Netz ohne Furcht vor Rückverfolgung würde durch eine IP-Vorratsdatenspeicherung entfallen.
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Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde die Feststellung ermöglichen, wo Sie sich aufgehalten haben, und zwar bei mobilem Internetzugang oft auf die Stadt/Region genau.
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Nach einer [http://www.daten-speicherung.de/index.php/umfrage-internetnutzer-nutzen-selbstdatenschutz/ Untersuchung] macht jeder fünfte Internetnutzer Fantasieangaben bei Online-Registrierungen, um anonym zu bleiben. Nach dem Vorschlag der Bundesjustizministerin könnten Staatsbeamte Sie künftig als Inhaber eines solchen "anonymen" Benutzerkontos über Ihre IP-Adresse identifizieren, unabhängig von Ihrem Internet-Zugangsanbieter. Anschließend könnte der Beamte von dem Internet-Diensteanbieter die früheren IP-Adressen, mit denen Ihr Benutzerkonto genutzt wurde, erfragen, um daraus ein ungefähres Profil Ihrer Bewegungen zu erstellen.Durch Zeitmessungen ist es Forschern vor kurzem gelungen, den Serverstandort anhand der IP-Adresse auf durchschnittlich 690m genau zu [http://www.usenix.org/events/nsdi11/tech/full_papers/Wang_Yong.pdf bestimmen]. Nach einer weiteren [http://research.microsoft.com/pubs/139079/hotnets10.pdf Studie] kann aus den von einer Person in den letzten Tagen benutzten IP-Adressen mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, ob es sich bei den jeweiligen Standorten um das Zuhause, die Arbeitsstelle oder einen Reiseweg des Internetnutzers handelte.Um herauszufinden, was Ihre IP-Adresse über Sie verrät, klicken Sie [http://www.getpos.de/ip2location.aspx hier].
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5 '''Ermöglicht der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung, ob ich auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht habe?'''
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==Frage 4/16: Könnte der Vorschlag des Justizministeriums auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz die Offenlegung des Surfverhaltens zur Überwachung rechtmäßiger politischer Aktivitäten ermöglichen?==
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Ja. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können ohne richterlichen Beschluss von Google Auskunft darüber verlangen, unter welchen IP-Adressen nach bestimmten, vermeintlich verdächtigen Worten gesucht wurde. Google [http://www.google.com/transparencyreport/governmentrequests/ gab] 2010 über 1.000mal Auskunft über Benutzer seiner Suchmaschine und Dienste an deutsche Behörden. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde die Feststellung der Inhaber der genutzten Internetanschlüsse ermöglichen und könnte weitere Verfolgungs- oder Überwachungsmaßnahmen gegen diese nach sich ziehen.
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Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums könnte auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz die Offenlegung des Surfverhaltens zur Überwachung rechtmäßiger politischer Aktivitäten ermöglichen.
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2007 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen eines Brandanschlags auf das Berliner Unternehmen Dussmann. Sie brachte durch Überwachung eines DSL-Anschlusses in Erfahrung, dass eine Person im Internet "intensiv" nach "Dussmann" recherchiert hatte (tatsächlich aber [http://autox.nadir.org/buch/vs_bka_verfahren.html angeblich] nur drei Minuten lang). Dies führte zur Durchsuchung der Wohnung des G8-Gegners im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Dussmann unterhält unter dem gleichen Namen allerdings eines der größten Bücherkaufhäuser der Stadt. Letztlich wurde das Verfahren [http://autox.nadir.org/buch/akten.html eingestellt].
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Das [http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/eckpunktepapr_zur_sicherung_vorhandener_verkehrsdaten.pdf?__blob=publicationFile Eckpunktepapier] des Bundesjustizministeriums äußert sich dazu zwar nicht ausdrücklich. Es nimmt jedoch auf [http://dejure.org/gesetze/TKG/113.html Paragraf 113 Telekommunikationsgesetz] Bezug, demzufolge schon jetzt die 19 deutschen Geheimdienste die Identifizierung von Internetnutzern verlangen können. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist den Geheimdiensten ohne richterliche Genehmigung und ohne Verdacht einer Straftat möglich. Derzeit schützt uns vor einer ausufernden Überwachung noch die Möglichkeit, einen Internet-Zugangsanbieter zu wählen, der unsere IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert.
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==Frage 5/16: Bei Bedarf können Sie durch Angabe von Fantasiedaten ein anonymes E-Mail-Postfach eröffnen und darüber E-Mails ohne Angabe Ihres Namens versenden (z.B. an eine Eheberatung, an die Internetseelsorge oder an einen Journalisten). Würde der Vorschlag des Justizministeriums künftig die Feststellung ermöglichen, dass Sie der Verfasser solcher "anonymer" E-Mails sind?==
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6 '''Ermöglicht der Vorschlag des Justizministeriums die Identifizierung anonymer Informanten von Journalisten?'''
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Richtige Antwort: Ja, in vielen Fällen würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, dass Sie der Verfasser "anonymer" E-Mails sind. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde für nicht versierte Nutzer weitgehend das Ende anonymer E-Mail-Kommunikation bedeuten.
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Ja. Wenn ein Whistleblower ein anonymes E-Mail-Konto eröffnet, um einem Journalisten unerkannt Informationen über einen Missstand zukommen zu lassen, dann taucht in seiner E-Mail mit hoher Wahrscheinlichkeit die IP-Adresse auf, unter der er im internet surft. Über diese IP-Adresse könnte er unter Umständen als Absender ermittelt werden, wenn die Vergabe von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde. Dies würde der Pressefreiheit und der Information der Öffentlichkeit empfindlich schaden.
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Die meisten E-Mail-Anbieter nehmen in jede versandte E-Mail die IP-Adresse des Absenders auf. Selbst wenn das E-Mail-Konto anonym registriert wurde, könnte über die IP-Adresse in den meisten Fällen der Absender ermittelt werden, wenn die Zuordnung von IP-Adressen von allen Internet-Zugangsanbietern protokolliert würde.
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==Frage 6/16: Würde der Vorschlag des Bundesjustizministeriums zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen?==
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7 '''Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens eine richterliche Genehmigung voraussetzen?'''
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Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Bundesjustizministeriums würde voraussichtlich zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen.
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Nein. Für die Identifizierung eines Internetnutzers anhand der genutzten IP-Adresse würde es nach dem [http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/eckpunktepapr_zur_sicherung_vorhandener_verkehrsdaten.pdf?__blob=publicationFile Eckpunktepapier] des Bundesjustizministeriums genügen, dass die Zuordnung aus Sicht eines Polizeibeamten für die Verfolgung einer Straftat erforderlich ist (z.B. Beleidigung, urheberrechtswidrige Tauschbörsennutzung). Der Inhaber der IP-Adresse muss nicht selbst im Verdacht der Straftat stehen.
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Es ist zwar nicht vorgesehen, Abmahnkanzleien direkten Zugriff auf die Vorratsdaten zu geben. Sie könnten jedoch eine Strafanzeige wegen Verdachts einer Urheberrechtsverletzung stellen. Die staatlichen Ermittler könnten die mitgeteilte IP-Adresse zuordnen lassen. Der Urheberrechtsinhaber wiederum könnte die Ermittlungsakte einsehen und die Personalien des Anschlussinhabers letztlich doch zu einer Abmahnung verwenden.Es kommt hinzu, dass einige Internet-Zugangsanbieter die Zuordnung von IP-Adressen unter Berufung auf § 100 TKG "freiwillig" auf Vorrat [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Speicherdauer speichern]. Über diese Daten können Abmahnkanzleien Auskunft erhalten. Es ist zu befürchten, dass im Fall eines Speicherzwangs auch diejenigen Internet-Zugangsanbieter, die gegenwärtig auf eine Vorratsdatenspeicherung verzichten, eine "freiwillige" Datensammlung zu eigenen Zwecken und zugunsten der Unterhaltungsindustrie anlegen würden. Für diese Datenbank würden nämlich die teuren Sicherheitsanforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gelten. Dadurch käme es zu einer deutlichen Ausweitung der Abmahnaktivitäten. Allein die Deutsche Telekom hat im Jahr 2010 bereits 2,4 Mio. Auskünfte an private Rechteinhaber erteilt, also Tag für Tag tausende von Kunden identifiziert.Zurzeit blitzen Abmahnanwälte bei Internet-Zugangsanbietern, die nicht auf Vorrat speichern, ab (Beispiel Vodafone: [http://dejure.org/dienste/internet2?www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2011/I_20_U_136_10urteil20110315.html hier]).
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Die IP-Adresse als Ausgangspunkt der Ermittlungen erhält die Polizei meist freiwillig und ohne richterlichen Beschluss von Anzeigeerstattern oder Internet-Diensteanbietern (z.B. Logfiles). Polizeibeamte dürfen Surfprotokolle ohne richterliche Genehmigung anfordern, Internet-Diensteanbieter dürfen sie ohne richterliche Genehmigung herausgeben. Das Fernmeldegeheimnis gilt für Anbieter von Telemedien im Internet nicht. Nur wenn ein Internet-Diensteanbieter die Herausgabe der Daten verweigert (was zur Androhung einer Durchsuchung und Beschlagnahme oder eines Verfahrens wegen Strafvereitelung führen kann), ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich.
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==Frage 7/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare Sie im Internet geschrieben haben? Angenommen, Sie schreiben im Heise-Forum unter einem Pseudonym einen satirischen Kommentar zu den Anschlägen des 11. September 2001. Jemand zeigt Sie wegen "Billigung von Straftaten" an. Würde der Vorschlag des Justizministeriums Ihre Identifizierung ermöglichen?==
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Richtige Antwort: Ja, mit hoher Wahrscheinlichkeit würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare über Ihren Internetanschluss geschrieben wurden, selbst wenn Sie anstelle Ihres Namens Fantasiedaten angegeben haben.
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8 '''Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein?'''
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Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können den Betreiber eines Forums oder Blogs ohne richterlichen Beschluss um Auskunft ersuchen, unter welcher IP-Adresse ein Beitrag verfasst wurde, wenn dem Betreiber dies bekannt ist. Eine Vorratsspeicherung der Vergabe von IP-Adressen bei Internet-Zugangsanbietern würde anschließend Ihre Identifizierung als Inhaber des genutzten Internetanschlusses ermöglichen, gegebenenfalls eine Durchsuchung Ihrer Wohnung zur Sicherstellung Ihres Computers nach sich ziehen. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde weithin das Ende anonymer Meinungsäußerungen in Foren und Kommentaren bedeuten.Im Fall [http://de.wikipedia.org/wiki/Holger_Voss Holger Voss] führte die IP-Vorratsdatenspeicherung durch T-Online dazu, dass Holger Voss wegen eines satirischen Kommentars im Heise-Forum über die Anschläge des 11. September 2001 wegen Billigung von Straftaten angeklagt und erst vor Gericht freigesprochen wurde. In der Folgezeit erstritt Holger Voss ein Urteil gegen T-Online, demzufolge der Anbieter die Zuordnung seiner IP-Adressen nicht speichern darf. Das Recht auf anonyme Meinungsäußerung im Netz ohne Furcht vor Rückverfolgung würde durch eine IP-Vorratsdatenspeicherung entfallen. Dabei machen sich 98% der Internetnutzer nie einer Straftat auch nur verdächtig.
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Nein. Nach dem [http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/eckpunktepapr_zur_sicherung_vorhandener_verkehrsdaten.pdf?__blob=publicationFile Eckpunktepapier] des Bundesjustizministeriums soll der Verdacht einer beliebigen Straftat genügen, beispielsweise einer Beleidigung oder urheberrechtswidrigen Tauschbörsennutzung im Internet. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist der Polizei bei Verdacht beliebiger Straftaten möglich.
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==Frage 8/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums über die bisherige Datenspeicherung bei Internet-Zugangsanbietern hinaus gehen?==
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Richtige Antwort: Ja, bisher speichern viele Internet-Zugangsanbieter nicht oder nicht sieben Tage lang, welchem Kunden welche IP-Adresse zugewiesen war. Bisher können Personen, die auf eine anonyme Internetnutzung angewiesen sind, einen Internet-Zugangsanbieter nutzen, der keine Vorratsdatenspeicherung vornimmt (z.B. Arcor, Freenet, Vodafone). Andere Anbieter speichern die Zuordnung von IP-Adressen nur 1-5 Tage lang auf Vorrat (siehe [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Speicherpraxis Speicherpraxis]).
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9 '''Soll die Offenlegung meines Surfverhaltens auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz zur Ermittlung wegen politischer Aktivitäten ermöglicht werden?'''
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Die gegenwärtig von einigen Anbietern praktizierte "freiwillige" Vorratsdatenspeicherung ist Gegenstand laufender Gerichtsverfahren und könnte schon bald untersagt werden.
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Das [http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/eckpunktepapr_zur_sicherung_vorhandener_verkehrsdaten.pdf?__blob=publicationFile Eckpunktepapier] des Bundesjustizministeriums äußert sich dazu nicht ausdrücklich. Es nimmt jedoch auf [http://dejure.org/gesetze/TKG/113.html Paragraf 113 Telekommunikationsgesetz] Bezug, demzufolge gegenwärtig auch die 19 deutschen Geheimdienste die Identifizierung von IP-Adressen verlangen können. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist den Geheimdiensten ohne richterliche Genehmigung und ohne Verdacht einer Straftat möglich. Derzeit schützt uns vor einer ausufernden Überwachung noch die Möglichkeit, einen Internet-Zugangsanbieter zu wählen, der unsere IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert.
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==Frage 9/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, ob Sie auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht haben?==
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Richtige Antwort: Ja, mithilfe der von Google schon heute gespeicherten IP-Adressen würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, ob Sie auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht haben.
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10 '''Würde der Vorschlag des Bundesjustizministeriums zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen?'''
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Google speichert schon heute monatelang Ihre Suchanfragen mitsamt Ihrer IP-Adressen auf Vorrat. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können ohne richterlichen Beschluss von Google Auskunft darüber verlangen, unter welchen IP-Adressen nach bestimmten, vermeintlich verdächtigen Worten gesucht wurde. Google [http://www.google.com/transparencyreport/governmentrequests/ gab] 2010 über 1.000mal Auskunft über Benutzer und Nutzung seiner Suchmaschine und Dienste an deutsche Behörden. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde die Feststellung der Inhaber der genutzten Internetanschlüsse ermöglichen und könnte weitere Verfolgungs- oder Überwachungsmaßnahmen gegen diese nach sich ziehen.2007 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen eines Brandanschlags auf das Berliner Unternehmen Dussmann. Sie brachte durch Überwachung eines DSL-Anschlusses in Erfahrung, dass eine Person im Internet "intensiv" nach "Dussmann" recherchiert hatte (tatsächlich aber [http://autox.nadir.org/buch/vs_bka_verfahren.html angeblich] nur drei Minuten lang). Dies führte zur Durchsuchung der Wohnung des G8-Gegners im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Dussmann unterhält unter dem gleichen Namen eines der größten Bücherkaufhäuser der Stadt. Letztlich wurde das Verfahren [http://autox.nadir.org/buch/akten.html eingestellt].
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Vermutlich ja. Es ist zwar nicht vorgesehen, Abmahnkanzleien direkten Zugriff auf die Vorratsdaten zu geben. Sie können jedoch eine Strafanzeige wegen Verdachts einer Urheberrechtsverletzung stellen. Die staatlichen Ermittler können dann die mitgeteilte IP-Adresse zuordnen lassen. Der Urheberrechtsinhaber wiederum kann die Ermittlungsakte einsehen und die Personalien des Anschlussinhabers letztlich doch zu einer Abmahnung verwenden.
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==Frage 10/16: Hat die 2009 praktizierte sechsmonatige Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen dazu geführt, dass weniger Straftaten im Internet begangen wurden?==
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Es kommt hinzu, dass einige Internet-Zugangsanbieter die Zuordnung von IP-Adressen unter Berufung auf § 100 TKG "freiwillig" auf Vorrat [[Speicherdauer|speichern]]. Über diese Daten können Abmahnkanzleien Auskunft erhalten und dadurch schon heute viele IP-Adressen zuordnen. Eine Pflicht zur Vorratsspeicherung allein für staatliche Zwecke würde nichts daran ändern, dass die Anbieter dieselben Daten auch für eigene Zwecke und zur Auskunfterteilung an Abmahnanwälte unter Berufung auf § 100 TKG speichern könnten. Es ist sogar zu befürchten, dass im Fall eines Speicherzwangs wohl auch diejenigen Internet-Zugangsanbieter, die gegenwärtig auf eine Vorratsdatenspeicherung verzichten, eine "freiwillige" Datensammlung zu eigenen Zwecken und zugunsten der Unterhaltungsindustrie anlegen würden. Für diese Datenbank würden nämlich die teuren Sicherheitsanforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gelten. Dadurch käme es zu einer deutlichen Ausweitung der Abmahnaktivitäten. Allein die Deutsche Telekom hat im Jahr 2010 bereits 2,4 Mio. Auskünfte an private Rechteinhaber erteilt, also Tag für Tag tausende von Kunden identifiziert.
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Richtige Antwort: Nein, die Statistik spricht nicht für die Annahme einer Abschreckungswirkung der 2009 praktizierten sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen, denn die Zahl der polizeilich bekannten Internetdelikte stieg an. 2009 wurden 206.909 Internetdelikte polizeilich registriert (meist Betrug), 2008 waren es noch 167.451 Internetdelikte gewesen.
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Zurzeit blitzen Abmahnanwälte bei Internet-Zugangsanbietern, die nicht auf Vorrat speichern, ab (Beispiel Vodafone: [http://dejure.org/dienste/internet2?www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2011/I_20_U_136_10urteil20110315.html hier]).
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Dass der Polizei 2009 mehr Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf der IP-Vorratsdatenspeicherung, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.
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==Frage 11/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums Informanten von Journalisten identifizierbar machen, die nur im Schutz der Anonymität zur Offenlegung von Missständen bereit sind (Whistleblower)?==
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11 '''Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich registrierten Internetdelikte aufgeklärt wurde?'''
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Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde Informanten von Journalisten identifizierbar machen, die nur im Schutz der Anonymität und über das Internet zur Offenlegung von Missständen bereit sind (Whistleblower).
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Nein. Nach Einführung einer sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen ab 01.01.2009 ging die Aufklärungsquote bei polizeilich bekannten Internetdelikten bundesweit von zuvor 79,8% auf 75,7% zurück. Vor dem 01.01.2009 war die Praxis der Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch Internet-Zugangsanbieter ähnlich wie heute (siehe [[Speicherdauer]]): Einige Internet-Zugangsanbieter speicherten die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat. Andere Anbieter speicherten auf [http://heise.de/-150197 Intervention] des Bundesdatenschutzbeauftragten Anfang 2007 1-7 Tage lang auf Vorrat.
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Wenn ein Whistleblower ein anonymes E-Mail-Konto eröffnet, um einem Journalisten unerkannt Informationen über einen Missstand zukommen zu lassen, dann taucht in seiner E-Mail mit hoher Wahrscheinlichkeit die IP-Adresse auf, unter der er im Internet surft. Über diese IP-Adresse könnte er unter Umständen als Absender ermittelt werden, wenn die Vergabe von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde. Dies würde der Pressefreiheit und der Information der Öffentlichkeit empfindlich schaden.
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==Frage 12/16: Was meinen Sie, zu welchem Anteil dienen staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen Ermittlungen wegen Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet?==
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12 '''Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass weniger Straftaten im Internet begangen wurden?'''
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Richtige Antwort: Zu maximal 3% dienen staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen Ermittlungen wegen Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet.
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Die polizeiliche Kriminalstatistik spricht nicht für die Annahme einer Abschreckungswirkung. 2009 wurden 206.909 Internetdelikte polizeilich registriert (meist Betrug), 2008 waren es noch 167.451 Internetdelikte gewesen.
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Nach einer [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf Untersuchung] des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg spielen Kinderpornografieverfahren keine erhebliche Rolle, wenn ihr Anteil an den IP-Abfragen insgesamt betrachtet wird. Nur 0,9% der Abfragen von IP-Adressen im Festnetzbereich Nordrhein-Westfalens im Jahr 2004 betrafen Ermittlungsverfahren wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen. Nur 3% der Auskünfte zu IP-Adressen, welche die Deutsche Telekom AG im Jahr 2005 bundesweit erteilte, betrafen die Verbreitung pornographischer Schriften ([http://www.datenschutzzentrum.de/sommerakademie/2007/sak2007-koebele-wirtschaftsunternehmen-verlaengerter-arm-der-sicherheitsbehoerden.pdf Quelle]). Von 1.000 polizeilich bekannten aber nicht aufgeklärten Straftaten handelt es sich bei weniger als einer um Verbreitung oder Verschaffung von Kinderpornografie im Internet (unter 0,1%).
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Dass der Polizei 2009 mehr Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf der IP-Vorratsdatenspeicherung, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.
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==Frage 13/16: Würde nach dem Vorschlag des Justizministeriums die Offenlegung Ihres Surfverhaltens eine richterliche Genehmigung voraussetzen?==
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Richtige Antwort: Nein, nach dem Vorschlag des Justizministeriums würde die Offenlegung Ihres Surfverhaltens keine richterliche Genehmigung voraussetzen. Für die Identifizierung eines Internetnutzers anhand der genutzten IP-Adresse würde es genügen, dass die Zuordnung aus Sicht eines Polizeibeamten für die Verfolgung einer Straftat erforderlich ist (z.B. Beleidigung, urheberrechtswidrige Tauschbörsennutzung). Der Inhaber der IP-Adresse muss nicht selbst im Verdacht der Straftat stehen.
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13 '''Wieviele staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen erfolgen wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet? 80%, 20% oder 1%?'''
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Die IP-Adresse als Ausgangspunkt der Ermittlungen erhält die Polizei meist freiwillig und ohne richterlichen Beschluss von Anzeigeerstattern oder Internet-Diensteanbietern (z.B. Logfiles). Polizeibeamte dürfen Surfprotokolle ohne richterliche Genehmigung anfordern, Internet-Diensteanbieter dürfen sie ohne richterliche Genehmigung herausgeben. Das Fernmeldegeheimnis gilt für Anbieter von Telemedien im Internet nicht. Nur wenn ein Internet-Diensteanbieter die Herausgabe der Daten verweigert (was zur Androhung einer Durchsuchung und Beschlagnahme oder eines Verfahrens wegen Strafvereitelung führen kann), ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich.
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Nach einer [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf Untersuchung] des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg spielen Kinderpornografieverfahren keine erhebliche Rolle, wenn ihr Anteil an den IP-Abfragen insgesamt betrachtet wird. Nur 0,9% der Abfragen von IP-Adressen im Festnetzbereich Nordrhein-Westfalens im Jahr 2004 betrafen Ermittlungsverfahren wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen. Nur 3% der Auskünfte zu IP-Adressen, welche die Deutsche Telekom AG im Jahr 2005 bundesweit erteilte, betrafen die Verbreitung pornographischer Schriften ([https://www.datenschutzzentrum.de/sommerakademie/2007/sak2007-koebele-wirtschaftsunternehmen-verlaengerter-arm-der-sicherheitsbehoerden.pdf Quelle]). Von 1.000 polizeilich bekannten aber nicht aufgeklärten Straftaten handelt es sich übrigens bei weniger als einer um Verbreitung oder Verschaffung von Kinderpornografie im Internet (unter 0,1%).
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==Frage 14/16: Welcher Anteil der polizeilich bekannten Fälle des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet wird nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt?==
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Richtige Antwort: 60,8% der polizeilich bekannten Fälle der Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen über das Internet wurden im Jahr 2010 und damit im Wesentlichen nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt, wenn man die Aufklärungsquote zugrunde legt. Von den außerhalb des Internets begangenen Straftaten wurden nur 49,4% aufgeklärt (11,4% weniger).
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14 '''Wieviele polizeilich bekannte Fälle des Austauschs kinder- oder jugendpornografischer Darstellungen über das Internet werden nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt? 30%, 60% oder 90%?'''
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Im Vergleich zu 2009 ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten 2010 zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2007: 84,0%, 2008: 76,9%, 2009: 77,3%, 2010: 64,4%) und ist nicht nachweisbar auf das Ende der Totaldatenspeicherung zurückzuführen. Es ist normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger aufgeklärt werden als sonstige Straftaten (2010: 49,4%). Solange ohne Vorratsdatenspeicherung vergleichbare Aufklärungsquoten erreicht werden, besteht kein Grund für eine generelle Rückverfolgbarkeit unseres Kommunikations-, Bewegungs- und Informationsverhaltens im Internet, wie sie im "wirklichen Leben" undenkbar wäre.
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Im Jahr 2010 und damit im Wesentlichen nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung wurden in Nordrhein-Westfalen 60,8% der Fälle von Verbreitung von Kinderpornografie im Internet aufgeklärt. Von den außerhalb des Internets begangenen Straftaten wurden nur 49,4% aufgeklärt (11,4% weniger).
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==Frage 15/16: Können Straftäter eine IP-Vorratsdatenspeicherung problemlos durch Nutzung eines nicht auf Vorrat speichernden Anonymisierungsdienstes umgehen?==
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Im Vergleich zu 2009 ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten 2010 zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2007: 84,0%, 2008: 76,9%, 2009: 77,3%, 2010: 64,4%) und ist nicht nachweisbar auf das Ende der Totaldatenspeicherung zurückzuführen. Es ist normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger aufgeklärt werden als sonstige Straftaten (2010: 49,4%).
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Richtige Antwort: Ja, in Deutschland und der EU gibt es viele protokollierungsfreie Anonymisierungsdienste, mit denen Straftäter eine IP-Vorratsdatenspeicherung problemlos umgehen könnten (Übersicht [http://www.daten-speicherung.de/index.php/test-internet-anonymisierungsdienste/ hier]). Auch mit Internet-Cafés, offenen WLAN-Internetzugängen und unregistrierten Handykarten stehen gerade im Internetbereich so viele und kostengünstige Umgehungsmöglichkeiten zur Verfügung, dass sich eine intelligente Sicherheitspolitik nicht ernsthaft einen nennenswerten Zusatznutzen von einer Erfassung jeder Internetverbindung versprechen kann.
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Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gilt für Anonymisierungsdienste nicht.
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15 '''Kann die vorgeschlagene IP-Vorratsdatenspeicherung von Straftätern durch Nutzung eines Anonymisierungsdienstes umgangen werden?'''
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==Frage 16/16: Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich bekannten Internetdelikte aufgeklärt wurde als zuvor?==
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Ja. Mit Internet-Cafés, offenen WLAN-Internetzugängen, internationalen Anonymisierungsdiensten und unregistrierten Handykarten stehen gerade im Internetbereich so viele und kostengünstige Umgehungsmöglichkeiten zur Verfügung, dass sich eine intelligente Sicherheitspolitik nicht ernsthaft einen nennenswerten Zusatznutzen von einer Erfassung jeder Internetverbindung versprechen kann.
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Richtige Antwort: Nein, die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 hat nicht dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich registrierten Internetdelikte aufgeklärt wurde als zuvor.
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In Deutschland wurde vor Beginn der Vorratsspeicherung aller Internet-Verbindungsdaten sogar ein größerer Anteil der Internetdelikte aufgeklärt (79,8%) als nach Inkrafttreten der Internet-Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2009 (75,7%). Zu erklären ist dieser erstaunliche Befund mit den kontraproduktiven Wirkungen einer Totalerfassung aller Verbindungen. Werden sämtliche Verbindungen erfasst, wächst das Bewusstsein der Rückverfolgbarkeit jeder Internetnutzung und werden in zunehmendem Maß Umgehungsmöglichkeiten (z.B. Internet-Cafés, offene WLAN-Internetzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Handykarten) genutzt, die dann selbst bei Verdacht einer Straftat keine gezielten Ermittlungen mehr zulassen, wo sie ohne Vorratsdatenspeicherung noch möglich gewesen wären. "Dadurch entfaltet eine Vorratsdatenspeicherung auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung kontraproduktive Wirkungen und verkehrt den erhofften Nutzen der Maßnahme möglicherweise sogar in sein Gegenteil", so auch der Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten e.V. in einer [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/NRV_Brief_2011-01-05.pdf Stellungnahme].
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Vor dem 01.01.2009 war die Praxis der Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch Internet-Zugangsanbieter ähnlich wie heute (siehe [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Speicherdauer Speicherdauer]): Einige Internet-Zugangsanbieter speicherten die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat. Andere Anbieter speicherten auf [http://heise.de/-150197 Intervention] des Bundesdatenschutzbeauftragten Anfang 2007 1-7 Tage lang auf Vorrat.Nach Einführung einer sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen ab 01.01.2009 ging die Aufklärungsquote bei polizeilich bekannten Internetdelikten bundesweit von zuvor 79,8% auf 75,7% zurück. Zu erklären ist dieser erstaunliche Befund wohl teilweise mit den kontraproduktiven Wirkungen einer Totalerfassung aller Verbindungen. Werden sämtliche Verbindungen erfasst, wächst das Bewusstsein der Rückverfolgbarkeit jeder Internetnutzung und werden in zunehmendem Maß Umgehungsmöglichkeiten (z.B. Internet-Cafés, offene WLAN-Internetzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Handykarten) genutzt, die dann selbst bei Verdacht einer Straftat keine gezielten Ermittlungen mehr zulassen, wo sie ohne Vorratsdatenspeicherung noch möglich gewesen wären. "Dadurch entfaltet eine Vorratsdatenspeicherung auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung kontraproduktive Wirkungen und verkehrt den erhofften Nutzen der Maßnahme möglicherweise sogar in sein Gegenteil", so auch der Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten e.V. in einer [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/NRV_Brief_2011-01-05.pdf Stellungnahme].
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==Auswertung==
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16 '''Würde der Vorschlag des Justizministeriums über die bisherige Datenspeicherung bei Internet-Zugangsanbietern hinaus gehen?'''
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Danke für Ihre Teilnahme! Nun wissen Sie, was mit einer IP-Vorratsdatenspeicherung auf Sie zukäme.
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Ja. Bisher können Personen, die auf eine anonyme Internetnutzung angewiesen sind, einen Internet-Zugangsanbieter nutzen, der keine Vorratsdatenspeicherung vornimmt (z.B. Arcor, Freenet, Versatel, Vodafone). Andere Anbieter speichern die Zuordnung von IP-Adressen nur 1-5 Tage lang auf Vorrat (siehe [[Speicherpraxis]]). Die gegenwärtig teilweise praktizierte "freiwillige" Vorratsdatenspeicherung ist Gegenstand laufender Gerichtsverfahren und könnte schon bald untersagt werden.
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'''Unsere Position im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist:'''
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* Internet-Zugangsanbietern darf eine verdachtslose Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten über jede unserer Internetverbindungen weder vorgeschrieben noch erlaubt werden.
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* Nur im Verdachtsfall darf die Identität des Nutzers einer IP-Adresse mit richterlichem Beschluss, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren und nicht gegenüber Geheimdiensten offengelegt werden.
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* Internetdienste dürfen Auskünfte über die Internetnutzung nur unter denjenigen Voraussetzungen erteilen, die für Auskünfte über die Telefonnutzung gelten (nur auf richterliche Anordnung, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren).
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* Prepaidkarten zur mobilen Handy- und Internetnutzung müssen wieder anonym verkauft werden dürfen.
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17 '''Wie ist die Position des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung?'''
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'''Nun brauchen wir Ihre Unterstützung''', um zu verhindern, dass es zu einer Vorratsdatenspeicherung im Internetbereich kommt:
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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert:
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* [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Wort_halten_FDP Rufen Sie Ihre FDP-Bundestagsabgeordneten an]
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*Internet-Zugangsanbietern darf eine verdachtslose Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten über jede unserer Internetverbindungen weder vorgeschrieben noch erlaubt werden.
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* [http://www.campact.de/vorrat/sn1/signer Unterzeichnen Sie unseren Appell an die Bundesregierung]
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*Nur im Verdachtsfall darf die Identität des Nutzers einer IP-Adresse mit richterlichem Beschluss, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren und nicht gegenüber Geheimdiensten offengelegt werden.
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* [https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=17741 Unterzeichnen Sie die Petition an den Bundestag]
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*Internetdienste dürfen Auskünfte über die Internetnutzung nur unter denjenigen Voraussetzungen erteilen, die für Auskünfte über die Telefonnutzung gelten (nur auf richterliche Anordnung, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren).
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* [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/123/113/ Bestellen und verteilen Sie Infomaterial]
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*Prepaidkarten zur mobilen Handy- und Internetnutzung müssen wieder anonym verkauft werden dürfen.
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* [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/66/81/ Spenden Sie uns]
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* [http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/16/39/lang,de/ Arbeiten Sie im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung mit]
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* [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Arbeitsgruppe_Vorratsdatenspeicherung Finden Sie weitere Möglichkeiten, aktiv zu werden, im Wiki]

Version vom 10:27, 1. Jun. 2011

Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Wiedereinführung einer Internet-Vorratsdatenspeicherung bieten wir auf unserer Homepage einen Wissensquiz dazu an.

Hier finden sich die Fragen und Antworten in Textform zur Weiterverwendung.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Wissensquiz: Testen Sie Ihr Wissen zur geplanten IP-Vorratsdatenspeicherung!

Vor dem Hintergrund der anstehenden Verhandlungen zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Wiedereinführung einer Internet-Vorratsdatenspeicherung bieten wir seit heute einen Wissensquiz dazu an.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat vorgeschlagen, für die gesamte Bevölkerung ohne Anlass sieben Tage lang auf Vorrat zu protokollieren, wer wann mit welcher Kennung (IP-Adresse) im Internet gesurft hat.

Was wissen Sie über Bedeutung und Folgen einer solchen IP-Vorratsdatenspeicherung?

Testen Sie Ihr Wissen!

Frage 1/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben? Können Sie im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung beispielsweise in das Visier der Ermittler geraten, weil Sie sich im Internet über den Mordfall "Mirko" informiert haben?

Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung könnten Sie in das Visier der Ermittler geraten, weil sie sich im Internet vermeintlich "verdächtig" gemacht haben.

Die Sonderkommission "Mirko" der Polizei hat 2010 eine Internetseite mit Fotos und Informationen zu dem Fall ins Netz gestellt. Dabei ließ sie IP-Adresse und Zugriffszeit aller Leser der Seiten speichern. Durch Anfragen bei den Internet-Zugangsanbietern brachte sie in Erfahrung, über wessen Internetanschluss "häufig" auf die Seite zugegriffen wurde. Im Fall einer IP-Vorratsdatenspeicherung wären diese Ermittlungen ins Blaue hinein gegen Kunden aller Internetprovider möglich gewesen. Zurzeit kann man sich vor ungerechtfertigen Ermittlungen noch schützen, indem man einen Internet-Zugangsanbieter wählt, der die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert (Anbietervergleich hier).Auch das Bundeskriminalamt hat mehrfach gegen Besucher seines Internetportals ermittelt - ermöglicht nur durch die Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch einige Internet-Zugangsanbieter. Bei Ermittlungen wegen der "militanten gruppe" fragte das BKA 417 IP-Adressen von häufigen Besuchern der entsprechenden Internetseite ab. Die Deutsche Telekom identifizierte 120 Anschlussinhaber, und das BKA unterzog diese Leser/innen einem "Hintergrundcheck", ohne jedes Ergebnis. Es handelte sich offenkundig bloß um interessierte Bürger. Weitere der vom BKA ermittelten IP-Adressen waren der Presse zugeordnet, hier hatten Journalisten recherchiert.Wo Polizeibehörden Surfprotokolle nicht selbst anlegen, können sie diese ohne richterlichen Beschluss jederzeit von den Betreibern anderer Internetportale anfordern. Mithilfe solcher Protokolle über Ihr Surfverhalten würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Inhalte Sie im Internet gelesen haben.

Frage 2/16: Soll nach dem Vorschlag des Justizministeriums die Offenlegung Ihres Surfverhaltens nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein?

Richtige Antwort: Nein, nach dem Vorschlag des Justizministeriums soll die Offenlegung Ihres Surfverhaltens nicht nur bei Verdacht schwerer Straftaten zulässig sein. Der Verdacht einer beliebigen Straftat soll genügen, um Ihr Surfverhalten offenzulegen. Voraussetzung wäre nicht, dass Sie selbst der Tat verdächtig sind.

Nach dem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums soll der Verdacht einer beliebigen Straftat zur Identifizierung eines Internetnutzers anhand seiner IP-Adresse genügen, beispielsweise einer Beleidigung oder urheberrechtswidrigen Tauschbörsennutzung im Internet. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist der Polizei bei Verdacht beliebiger Straftaten möglich.

Frage 3/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, wo Sie sich aufgehalten haben?

Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde die Feststellung ermöglichen, wo Sie sich aufgehalten haben, und zwar bei mobilem Internetzugang oft auf die Stadt/Region genau.

Nach einer Untersuchung macht jeder fünfte Internetnutzer Fantasieangaben bei Online-Registrierungen, um anonym zu bleiben. Nach dem Vorschlag der Bundesjustizministerin könnten Staatsbeamte Sie künftig als Inhaber eines solchen "anonymen" Benutzerkontos über Ihre IP-Adresse identifizieren, unabhängig von Ihrem Internet-Zugangsanbieter. Anschließend könnte der Beamte von dem Internet-Diensteanbieter die früheren IP-Adressen, mit denen Ihr Benutzerkonto genutzt wurde, erfragen, um daraus ein ungefähres Profil Ihrer Bewegungen zu erstellen.Durch Zeitmessungen ist es Forschern vor kurzem gelungen, den Serverstandort anhand der IP-Adresse auf durchschnittlich 690m genau zu bestimmen. Nach einer weiteren Studie kann aus den von einer Person in den letzten Tagen benutzten IP-Adressen mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, ob es sich bei den jeweiligen Standorten um das Zuhause, die Arbeitsstelle oder einen Reiseweg des Internetnutzers handelte.Um herauszufinden, was Ihre IP-Adresse über Sie verrät, klicken Sie hier.

Frage 4/16: Könnte der Vorschlag des Justizministeriums auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz die Offenlegung des Surfverhaltens zur Überwachung rechtmäßiger politischer Aktivitäten ermöglichen?

Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums könnte auch Geheimdiensten (z.B. Verfassungsschutz) und dem Staatsschutz die Offenlegung des Surfverhaltens zur Überwachung rechtmäßiger politischer Aktivitäten ermöglichen.

Das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums äußert sich dazu zwar nicht ausdrücklich. Es nimmt jedoch auf Paragraf 113 Telekommunikationsgesetz Bezug, demzufolge schon jetzt die 19 deutschen Geheimdienste die Identifizierung von Internetnutzern verlangen können. Auch die Anforderung von Surfprotokollen (Logfiles) ist den Geheimdiensten ohne richterliche Genehmigung und ohne Verdacht einer Straftat möglich. Derzeit schützt uns vor einer ausufernden Überwachung noch die Möglichkeit, einen Internet-Zugangsanbieter zu wählen, der unsere IP-Adressen nicht auf Vorrat speichert.

Frage 5/16: Bei Bedarf können Sie durch Angabe von Fantasiedaten ein anonymes E-Mail-Postfach eröffnen und darüber E-Mails ohne Angabe Ihres Namens versenden (z.B. an eine Eheberatung, an die Internetseelsorge oder an einen Journalisten). Würde der Vorschlag des Justizministeriums künftig die Feststellung ermöglichen, dass Sie der Verfasser solcher "anonymer" E-Mails sind?

Richtige Antwort: Ja, in vielen Fällen würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, dass Sie der Verfasser "anonymer" E-Mails sind. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde für nicht versierte Nutzer weitgehend das Ende anonymer E-Mail-Kommunikation bedeuten.

Die meisten E-Mail-Anbieter nehmen in jede versandte E-Mail die IP-Adresse des Absenders auf. Selbst wenn das E-Mail-Konto anonym registriert wurde, könnte über die IP-Adresse in den meisten Fällen der Absender ermittelt werden, wenn die Zuordnung von IP-Adressen von allen Internet-Zugangsanbietern protokolliert würde.

Frage 6/16: Würde der Vorschlag des Bundesjustizministeriums zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen?

Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Bundesjustizministeriums würde voraussichtlich zu mehr Abmahnungen privater Tauschbörsennutzer führen.

Es ist zwar nicht vorgesehen, Abmahnkanzleien direkten Zugriff auf die Vorratsdaten zu geben. Sie könnten jedoch eine Strafanzeige wegen Verdachts einer Urheberrechtsverletzung stellen. Die staatlichen Ermittler könnten die mitgeteilte IP-Adresse zuordnen lassen. Der Urheberrechtsinhaber wiederum könnte die Ermittlungsakte einsehen und die Personalien des Anschlussinhabers letztlich doch zu einer Abmahnung verwenden.Es kommt hinzu, dass einige Internet-Zugangsanbieter die Zuordnung von IP-Adressen unter Berufung auf § 100 TKG "freiwillig" auf Vorrat speichern. Über diese Daten können Abmahnkanzleien Auskunft erhalten. Es ist zu befürchten, dass im Fall eines Speicherzwangs auch diejenigen Internet-Zugangsanbieter, die gegenwärtig auf eine Vorratsdatenspeicherung verzichten, eine "freiwillige" Datensammlung zu eigenen Zwecken und zugunsten der Unterhaltungsindustrie anlegen würden. Für diese Datenbank würden nämlich die teuren Sicherheitsanforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gelten. Dadurch käme es zu einer deutlichen Ausweitung der Abmahnaktivitäten. Allein die Deutsche Telekom hat im Jahr 2010 bereits 2,4 Mio. Auskünfte an private Rechteinhaber erteilt, also Tag für Tag tausende von Kunden identifiziert.Zurzeit blitzen Abmahnanwälte bei Internet-Zugangsanbietern, die nicht auf Vorrat speichern, ab (Beispiel Vodafone: hier).

Frage 7/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare Sie im Internet geschrieben haben? Angenommen, Sie schreiben im Heise-Forum unter einem Pseudonym einen satirischen Kommentar zu den Anschlägen des 11. September 2001. Jemand zeigt Sie wegen "Billigung von Straftaten" an. Würde der Vorschlag des Justizministeriums Ihre Identifizierung ermöglichen?

Richtige Antwort: Ja, mit hoher Wahrscheinlichkeit würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, welche Forenbeiträge und Kommentare über Ihren Internetanschluss geschrieben wurden, selbst wenn Sie anstelle Ihres Namens Fantasiedaten angegeben haben.

Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können den Betreiber eines Forums oder Blogs ohne richterlichen Beschluss um Auskunft ersuchen, unter welcher IP-Adresse ein Beitrag verfasst wurde, wenn dem Betreiber dies bekannt ist. Eine Vorratsspeicherung der Vergabe von IP-Adressen bei Internet-Zugangsanbietern würde anschließend Ihre Identifizierung als Inhaber des genutzten Internetanschlusses ermöglichen, gegebenenfalls eine Durchsuchung Ihrer Wohnung zur Sicherstellung Ihres Computers nach sich ziehen. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde weithin das Ende anonymer Meinungsäußerungen in Foren und Kommentaren bedeuten.Im Fall Holger Voss führte die IP-Vorratsdatenspeicherung durch T-Online dazu, dass Holger Voss wegen eines satirischen Kommentars im Heise-Forum über die Anschläge des 11. September 2001 wegen Billigung von Straftaten angeklagt und erst vor Gericht freigesprochen wurde. In der Folgezeit erstritt Holger Voss ein Urteil gegen T-Online, demzufolge der Anbieter die Zuordnung seiner IP-Adressen nicht speichern darf. Das Recht auf anonyme Meinungsäußerung im Netz ohne Furcht vor Rückverfolgung würde durch eine IP-Vorratsdatenspeicherung entfallen. Dabei machen sich 98% der Internetnutzer nie einer Straftat auch nur verdächtig.

Frage 8/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums über die bisherige Datenspeicherung bei Internet-Zugangsanbietern hinaus gehen?

Richtige Antwort: Ja, bisher speichern viele Internet-Zugangsanbieter nicht oder nicht sieben Tage lang, welchem Kunden welche IP-Adresse zugewiesen war. Bisher können Personen, die auf eine anonyme Internetnutzung angewiesen sind, einen Internet-Zugangsanbieter nutzen, der keine Vorratsdatenspeicherung vornimmt (z.B. Arcor, Freenet, Vodafone). Andere Anbieter speichern die Zuordnung von IP-Adressen nur 1-5 Tage lang auf Vorrat (siehe Speicherpraxis).

Die gegenwärtig von einigen Anbietern praktizierte "freiwillige" Vorratsdatenspeicherung ist Gegenstand laufender Gerichtsverfahren und könnte schon bald untersagt werden.

Frage 9/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, ob Sie auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht haben?

Richtige Antwort: Ja, mithilfe der von Google schon heute gespeicherten IP-Adressen würde der Vorschlag des Justizministeriums die Feststellung ermöglichen, ob Sie auf Google nach "verdächtigen Worten" gesucht haben.

Google speichert schon heute monatelang Ihre Suchanfragen mitsamt Ihrer IP-Adressen auf Vorrat. Mitarbeiter von Polizei und Geheimdiensten können ohne richterlichen Beschluss von Google Auskunft darüber verlangen, unter welchen IP-Adressen nach bestimmten, vermeintlich verdächtigen Worten gesucht wurde. Google gab 2010 über 1.000mal Auskunft über Benutzer und Nutzung seiner Suchmaschine und Dienste an deutsche Behörden. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde die Feststellung der Inhaber der genutzten Internetanschlüsse ermöglichen und könnte weitere Verfolgungs- oder Überwachungsmaßnahmen gegen diese nach sich ziehen.2007 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen eines Brandanschlags auf das Berliner Unternehmen Dussmann. Sie brachte durch Überwachung eines DSL-Anschlusses in Erfahrung, dass eine Person im Internet "intensiv" nach "Dussmann" recherchiert hatte (tatsächlich aber angeblich nur drei Minuten lang). Dies führte zur Durchsuchung der Wohnung des G8-Gegners im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Dussmann unterhält unter dem gleichen Namen eines der größten Bücherkaufhäuser der Stadt. Letztlich wurde das Verfahren eingestellt.

Frage 10/16: Hat die 2009 praktizierte sechsmonatige Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen dazu geführt, dass weniger Straftaten im Internet begangen wurden?

Richtige Antwort: Nein, die Statistik spricht nicht für die Annahme einer Abschreckungswirkung der 2009 praktizierten sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen, denn die Zahl der polizeilich bekannten Internetdelikte stieg an. 2009 wurden 206.909 Internetdelikte polizeilich registriert (meist Betrug), 2008 waren es noch 167.451 Internetdelikte gewesen.

Dass der Polizei 2009 mehr Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf der IP-Vorratsdatenspeicherung, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.

Frage 11/16: Würde der Vorschlag des Justizministeriums Informanten von Journalisten identifizierbar machen, die nur im Schutz der Anonymität zur Offenlegung von Missständen bereit sind (Whistleblower)?

Richtige Antwort: Ja, der Vorschlag des Justizministeriums würde Informanten von Journalisten identifizierbar machen, die nur im Schutz der Anonymität und über das Internet zur Offenlegung von Missständen bereit sind (Whistleblower).

Wenn ein Whistleblower ein anonymes E-Mail-Konto eröffnet, um einem Journalisten unerkannt Informationen über einen Missstand zukommen zu lassen, dann taucht in seiner E-Mail mit hoher Wahrscheinlichkeit die IP-Adresse auf, unter der er im Internet surft. Über diese IP-Adresse könnte er unter Umständen als Absender ermittelt werden, wenn die Vergabe von IP-Adressen von allen Anbietern protokolliert würde. Dies würde der Pressefreiheit und der Information der Öffentlichkeit empfindlich schaden.

Frage 12/16: Was meinen Sie, zu welchem Anteil dienen staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen Ermittlungen wegen Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet?

Richtige Antwort: Zu maximal 3% dienen staatliche Auskunftsersuchen zu IP-Adressen Ermittlungen wegen Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet.

Nach einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg spielen Kinderpornografieverfahren keine erhebliche Rolle, wenn ihr Anteil an den IP-Abfragen insgesamt betrachtet wird. Nur 0,9% der Abfragen von IP-Adressen im Festnetzbereich Nordrhein-Westfalens im Jahr 2004 betrafen Ermittlungsverfahren wegen eines Verdachts des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen. Nur 3% der Auskünfte zu IP-Adressen, welche die Deutsche Telekom AG im Jahr 2005 bundesweit erteilte, betrafen die Verbreitung pornographischer Schriften (Quelle). Von 1.000 polizeilich bekannten aber nicht aufgeklärten Straftaten handelt es sich bei weniger als einer um Verbreitung oder Verschaffung von Kinderpornografie im Internet (unter 0,1%).

Frage 13/16: Würde nach dem Vorschlag des Justizministeriums die Offenlegung Ihres Surfverhaltens eine richterliche Genehmigung voraussetzen?

Richtige Antwort: Nein, nach dem Vorschlag des Justizministeriums würde die Offenlegung Ihres Surfverhaltens keine richterliche Genehmigung voraussetzen. Für die Identifizierung eines Internetnutzers anhand der genutzten IP-Adresse würde es genügen, dass die Zuordnung aus Sicht eines Polizeibeamten für die Verfolgung einer Straftat erforderlich ist (z.B. Beleidigung, urheberrechtswidrige Tauschbörsennutzung). Der Inhaber der IP-Adresse muss nicht selbst im Verdacht der Straftat stehen.

Die IP-Adresse als Ausgangspunkt der Ermittlungen erhält die Polizei meist freiwillig und ohne richterlichen Beschluss von Anzeigeerstattern oder Internet-Diensteanbietern (z.B. Logfiles). Polizeibeamte dürfen Surfprotokolle ohne richterliche Genehmigung anfordern, Internet-Diensteanbieter dürfen sie ohne richterliche Genehmigung herausgeben. Das Fernmeldegeheimnis gilt für Anbieter von Telemedien im Internet nicht. Nur wenn ein Internet-Diensteanbieter die Herausgabe der Daten verweigert (was zur Androhung einer Durchsuchung und Beschlagnahme oder eines Verfahrens wegen Strafvereitelung führen kann), ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich.

Frage 14/16: Welcher Anteil der polizeilich bekannten Fälle des Austauschs kinderpornografischer Darstellungen über das Internet wird nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt?

Richtige Antwort: 60,8% der polizeilich bekannten Fälle der Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen über das Internet wurden im Jahr 2010 und damit im Wesentlichen nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt, wenn man die Aufklärungsquote zugrunde legt. Von den außerhalb des Internets begangenen Straftaten wurden nur 49,4% aufgeklärt (11,4% weniger).

Im Vergleich zu 2009 ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten 2010 zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2007: 84,0%, 2008: 76,9%, 2009: 77,3%, 2010: 64,4%) und ist nicht nachweisbar auf das Ende der Totaldatenspeicherung zurückzuführen. Es ist normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger aufgeklärt werden als sonstige Straftaten (2010: 49,4%). Solange ohne Vorratsdatenspeicherung vergleichbare Aufklärungsquoten erreicht werden, besteht kein Grund für eine generelle Rückverfolgbarkeit unseres Kommunikations-, Bewegungs- und Informationsverhaltens im Internet, wie sie im "wirklichen Leben" undenkbar wäre.

Frage 15/16: Können Straftäter eine IP-Vorratsdatenspeicherung problemlos durch Nutzung eines nicht auf Vorrat speichernden Anonymisierungsdienstes umgehen?

Richtige Antwort: Ja, in Deutschland und der EU gibt es viele protokollierungsfreie Anonymisierungsdienste, mit denen Straftäter eine IP-Vorratsdatenspeicherung problemlos umgehen könnten (Übersicht hier). Auch mit Internet-Cafés, offenen WLAN-Internetzugängen und unregistrierten Handykarten stehen gerade im Internetbereich so viele und kostengünstige Umgehungsmöglichkeiten zur Verfügung, dass sich eine intelligente Sicherheitspolitik nicht ernsthaft einen nennenswerten Zusatznutzen von einer Erfassung jeder Internetverbindung versprechen kann.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gilt für Anonymisierungsdienste nicht.

Frage 16/16: Hat die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich bekannten Internetdelikte aufgeklärt wurde als zuvor?

Richtige Antwort: Nein, die sechsmonatige IP-Vorratsspeicherung im Jahr 2009 hat nicht dazu geführt, dass ein größerer Teil der polizeilich registrierten Internetdelikte aufgeklärt wurde als zuvor.

Vor dem 01.01.2009 war die Praxis der Vorratsspeicherung von IP-Adressen durch Internet-Zugangsanbieter ähnlich wie heute (siehe Speicherdauer): Einige Internet-Zugangsanbieter speicherten die Zuordnung von IP-Adressen nicht auf Vorrat. Andere Anbieter speicherten auf Intervention des Bundesdatenschutzbeauftragten Anfang 2007 1-7 Tage lang auf Vorrat.Nach Einführung einer sechsmonatigen Vorratsspeicherung der Zuordnung von IP-Adressen ab 01.01.2009 ging die Aufklärungsquote bei polizeilich bekannten Internetdelikten bundesweit von zuvor 79,8% auf 75,7% zurück. Zu erklären ist dieser erstaunliche Befund wohl teilweise mit den kontraproduktiven Wirkungen einer Totalerfassung aller Verbindungen. Werden sämtliche Verbindungen erfasst, wächst das Bewusstsein der Rückverfolgbarkeit jeder Internetnutzung und werden in zunehmendem Maß Umgehungsmöglichkeiten (z.B. Internet-Cafés, offene WLAN-Internetzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Handykarten) genutzt, die dann selbst bei Verdacht einer Straftat keine gezielten Ermittlungen mehr zulassen, wo sie ohne Vorratsdatenspeicherung noch möglich gewesen wären. "Dadurch entfaltet eine Vorratsdatenspeicherung auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung kontraproduktive Wirkungen und verkehrt den erhofften Nutzen der Maßnahme möglicherweise sogar in sein Gegenteil", so auch der Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten e.V. in einer Stellungnahme.

Auswertung

Danke für Ihre Teilnahme! Nun wissen Sie, was mit einer IP-Vorratsdatenspeicherung auf Sie zukäme.

Unsere Position im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist:

  • Internet-Zugangsanbietern darf eine verdachtslose Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten über jede unserer Internetverbindungen weder vorgeschrieben noch erlaubt werden.
  • Nur im Verdachtsfall darf die Identität des Nutzers einer IP-Adresse mit richterlichem Beschluss, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren und nicht gegenüber Geheimdiensten offengelegt werden.
  • Internetdienste dürfen Auskünfte über die Internetnutzung nur unter denjenigen Voraussetzungen erteilen, die für Auskünfte über die Telefonnutzung gelten (nur auf richterliche Anordnung, nur zur Verfolgung schwerer Straftaten oder zur Abwehr schwerer Gefahren).
  • Prepaidkarten zur mobilen Handy- und Internetnutzung müssen wieder anonym verkauft werden dürfen.

Nun brauchen wir Ihre Unterstützung, um zu verhindern, dass es zu einer Vorratsdatenspeicherung im Internetbereich kommt:

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