Redekassel

Aus Freiheit statt Angst!

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Liebe Trauergemeinde, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

Wir trauern hier und heute und schon seit einiger Zeit um eine alte Freundin: Die Privatssphäre. Im jungen Alter von nur 58 Jahren ging Sie, erheblicher Anstrengungen ihrer Freunde zum Trotz, von uns. Ihre Geburt im Jahre 1949 werden einige von uns noch miterlebt haben, als die Väter unserer damals noch sehr jungen Republik Sie aus der Wiege und ins Grundgesetz hoben. Sie taten dies vor dem Hintergrund eines gerade vergangenen Terrorregimes und in der Hoffnung, dass dieses Land nie wieder ein solches hervorbringen wird. Nun hat das Kabinett von Kanzlerin Merkel unserem schon geschwächten Freund den letzten Stoß gegeben und ein Gesetz entworfen, welches dann im Bundestag mit einer Mehrheit von CDU, CSU und SPD beschlossen und kurz vor Jahreswechsel vom Bundesrat durchgewunken wurde. Nachdem Bundespräsident Köhler seine Unterschrift unter das Gesetz setzte, trat es nun gestern Nacht, begleitet von den Feierlichkeiten einer immer noch weitgehend ahnungslosen Bevölkerung in Kraft. Technische Errungenschaften, die vor Jahren noch undenkbar schienen, geben diesem Staat nun Möglichkeiten, die für einen Erich Mielke nur ein feuchter Traum waren. Noch sind wir nicht soweit, dass politisch unliebsame Mitbürger massenhaft Mundtot gemacht werden und in Haft geraten. Die Möglichkeiten sind nun jedoch gegeben...


weiterer Entwurf - 12:09 Uhr

Liebe Trauergemeinde, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

Wir trauern hier und heute und schon seit einiger Zeit um einen alten Freundin: Die Privatssphäre. Im jungen Alter von nur 58 Jahren ging Sie, erheblicher Anstrengungen ihrer Freunde zum Trotz, von uns. Ihre Geburt im Jahre 1949 werden einige von uns noch miterlebt haben, als die Väter unserer damals noch sehr jungen Republik Sie aus der Wiege und ins Grundgesetz hoben. Der Parlamentarische Rat tat handelte hier vor dem Hintergrund eines gerade vergangenen Terrorregimes und der Erfahrung mit der Weimarer Republik. Ganz bewusst stärkte man daher Grundrechte im neuen Grundgesetz und setzte sich für eine streitbare Republik ein. Wichtig war es den Vätern des Grundgesetzes dafür Sorge zu tragen, dass anders als in der Weimarer Verfassung Vorkehrungen getroffen wurden, die es Feinden der Demokratie unmöglich machen sollte, diese erneut auf legalem Wege zu untergraben.

Nun hat das Kabinett von Kanzlerin Merkel unserem schon geschwächten Freund den letzten Stoß gegeben und ein Gesetz entworfen, welches dann im Bundestag mit einer Mehrheit von CDU, CSU und SPD beschlossen und kurz vor Jahreswechsel vom Bundesrat durchgewunken wurde. Nachdem Bundespräsident Köhler seine Unterschrift unter das Gesetz setzte, trat es nun gestern Nacht, begleitet von den Feierlichkeiten einer immer noch weitgehend ahnungslosen Bevölkerung in Kraft.

Technische Errungenschaften, die vor Jahren noch undenkbar schienen, geben diesem Staat nun Möglichkeiten, die für einen Erich Mielke nur ein feuchter Traum waren. Noch sind wir nicht soweit, dass politisch unliebsame Mitbürger massenhaft mundtot gemacht werden und in Haft geraten. Die Möglichkeiten sind nun jedoch gegeben...

Rede von Kai-Uwe in Hamburg - 1. Teil

Hallo, Seit das Thema Vorratsdatenspeicherung das erste Mal in die Öffentlichkeit kam, haben wir uns immer wieder gefragt: Wie wollen die diese ungeheuren Datenmengen unter Kontrolle halten? Die Befürworter der VDS werden ja nicht müde uns zu erzählen, dass die erhobenen Daten sicher vor dem Zugriff Unbefugter seien, und Missbrauch weitestgehend ausgeschlossen sei. Schauen wir doch mal genauer hin: Eine Gruppe, die das behauptet, sind natürlich die Innenminister von Bund und Ländern. Im April 2005 ist in einem bekannten Internetauktionshaus für 20 Euro eine gebrauchte Festplatte aus dem brandenburger Innenministerium aufgetaucht, von der sich mit kleinem Aufwand Polizeiliche Fahndungsdaten und weiteres brisantes Material auslesen ließen. Und der gleiche Minister, Herr Jörg Schönbohm, der dafür die politische Verantwortung trägt, ist heute einer der Befürworter der VDS. Herrn Schönbohm und seinen Gesinnungsgenossen möchte ich hier und heute zurufen: wenn Sie noch nicht einmal Ihre eigenen Häuser im Griff haben, und sie dann behaupten, dass tausendfach größere Datenmengen an vielen Orten sicher verwahrt werden können, dann glauben wir Ihnen kein Wort. Ein anderer wichtiger Befürworter der VDS ist der Chef des Bundeskriminalamtes, Herr Jörg Ziercke. Vor einigen Wochen wurde nun bekannt, dass einer seiner Beamten die ihm zur Verfügung stehenden dienstlichen Mittel benutzt hat, um den Liebhaber seiner Frau auszuspionieren. Herrn Ziercke und seinen Gesinnungsgenossen möchte ich hier und heute zurufen: wenn Ihre Leute schon mit den heutigen Mitteln derartigen Missbrauch betreiben, und Sie dann behaupten, dass dies für viel weiter gehende Überwachungsmethoden ausgeschlossen sei, dann glauben wir Ihnen kein Wort. Auch Frau Merkel hat mehrfach ihre Zustimmung zu mehr Überwachung im Namen der Sicherheit ausgedrückt. Nun arbeiten bei der Datenerfassung ganz normale Systemtechniker, mit ganz normalen Reihenhäusern, auf denen ganz normale Hypotheken liegen. Was bedeutet es z.B. für die Sicherheit von Prominenten, wenn sie fürchten müssen, dass Informationen über ihre Telefonate z.B. mit Drogenberatung oder Erwachsenenunterhaltung an die Öffentlichkeit geraten, oder sie damit erpresst werden? Was bedeutet es für den Wirtschaftsstandort Deutschland, wenn die Verbindungsdaten aus dem Wolfsburger Industriegebiet nach Detroit oder Shanghai verkauft werden? Frau Merkel und ihren Gesinnungsgenossen möchte ich hier und heute zurufen: wenn Sie behaupten, dass mehr Überwachung auch mehr Sicherheit bedeutet, dann glauben wir auch Ihnen kein Wort. Sehr oft wird in Diskussionen zu Freiheit und Sicherheit ein Zitat genannt, dass man Benjamin Franklin zuschreibt. Ich gehe heute lieber in der Geschichte weiter zurück, bis in die griechische Antike, und zitiere Aristoteles: Wer die Sicherheit der Freiheit vorzieht, der ist zu Recht ein Sklave. Frau Zypries und Herrn Schäuble möchte ich hier und heute zurufen: Sie, Frau Zypries, können uns gerne mangelnde Sachkunde vorwerfen. Und Sie, Herr Schäuble, können uns auch gerne bedrohen. Das ändert aber nichts an unserer Entschlossenheit, unsere Grundrechte und unsere Freiheit mit aller Kraft zu verteidigen. Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lassen uns nicht einsperren, wir lassen uns nicht versklaven. Wir wählen Freiheit statt Angst. Danke sehr.

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