TMG-Brief: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Freiheit statt Angst!
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K
 
(Eine dazwischenliegende Version desselben Benutzers wird nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
  
das Telemediengesetz schützt Internetnutzer bisher vor einer Vorratsspeicherung und Verfolgung ihres Surfverhaltens. Dieses Verbot der Surfprotokollierung ist unerlässlich, weil erfahrungsgemäß nur nicht gespeicherte Daten sicher vor Datenmissbrauch, Datendiebstahl und Datenhandel sind (siehe Facebook-Skandal). Meinungsumfragen belegen, dass Internetnutzer in großer Mehrheit eine Protokollierung ihres Surfverhaltens ablehnen. Sensible Daten über die Internetnutzung können selbst höchste Amtsträger erpressbar machen. Die digitale Meinungs- und Informationsfreiheit ist für unsere Gesellschaft insgesamt so wichtig, dass sie eines besonderen Schutzes vor Selbstzensur aus Furcht von Nachteilen bedarf.  
+
am 26. April 2018 hat Ihre Datenschutzkonferenz eine [https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Datenschutz/submenu_Technik/Inhalt/TechnikundOrganisation/Inhalt/Zur-Anwendbarkeit-des-TMG-fuer-nicht-oeffentliche-Stellen-ab-dem-25_-Mai-2018/Positionsbestimmung-TMG.pdf Positionsbestimmung zur Anwendbarkeit des TMG für nicht-öffentliche Stellen ab dem 25. Mai 2018] beschlossen. Danach soll mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Telemediengesetz nicht mehr anwendbar sein. Eine Einwilligung sei jedenfalls erforderlich "beim Einsatz von Tracking-Mechanismen, die das Verhalten von betroffenen Personen im Internet nachvollziehbar machen und bei der Erstellung von Nutzerprofilen".
  
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (BVerfGE 125, 260) betont: "Maßgeblich für diese Beurteilung sind insoweit insbesondere etwa die §§ 11 ff. TMG, die die Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz grundsätzlich zur Löschung von nicht für die Abrechnung erforderlichen Daten verpflichten (vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 2, § 15 TMG) und so auch gegenüber privatwirtschaftlichen Anreizen verhindern, dass die Internetnutzung inhaltlich in allgemeinen kommerziellen Datensammlungen festgehalten wird und damit rekonstruierbar bleibt. ... Maßgeblich für die Rechtfertigungsfähigkeit einer solchen Speicherung ist deshalb insbesondere, ... dass auch die Speicherung der von ihren Kunden aufgerufenen Internetseiten durch kommerzielle Diensteanbieter grundsätzlich untersagt ist. ... Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland"
+
Wir, der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, fordern eine Überarbeitung des Positionspapiers unter folgenden Gesichtspunkten:
 
 
Am 26. April 2018 hat die Datenschutzkonferenz eine [https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Datenschutz/submenu_Technik/Inhalt/TechnikundOrganisation/Inhalt/Zur-Anwendbarkeit-des-TMG-fuer-nicht-oeffentliche-Stellen-ab-dem-25_-Mai-2018/Positionsbestimmung-TMG.pdf Positionsbestimmung zur Anwendbarkeit des TMG für nicht-öffentliche Stellen ab dem 25. Mai 2018] beschlossen. Danach soll mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Telemediengesetz nicht mehr anwendbar sein. Eine Einwilligung sei jedenfalls erforderlich "beim Einsatz von Tracking-Mechanismen, die das Verhalten von betroffenen Personen im Internet nachvollziehbar machen und bei der Erstellung von Nutzerprofilen".
 
 
 
Wir fordern eine Überarbeitung des Positionspapiers unter folgenden Gesichtspunkten:
 
  
#Die Positionsbestimmung gilt laut Titel nur für den nicht-öffentlichen Bereich. Wir fordern eine Klarstellung, dass das Telemediengesetz jedenfalls für öffentliche Telemedien weiterhin gilt und gelten muss. Denn für Datenverarbeitungen im öffentlichen Interesse dürfen spezifischere nationale Datenschutzbestimmungen beibehalten werden (Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO). Aus den o.g. Gründen ist dies extrem wichtig.
+
#Die Positionsbestimmung gilt laut Titel nur für den nicht-öffentlichen Bereich. Wir fordern eine Klarstellung, dass das Telemediengesetz jedenfalls für öffentliche Telemedien weiterhin gilt und gelten muss. Denn für Datenverarbeitungen im öffentlichen Interesse dürfen spezifischere nationale Datenschutzbestimmungen beibehalten werden (Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO).
 
#Auch im nicht-öffentlichen Bereich verdrängt die Datenschutz-Grundverordnung das Telemediengesetz nur im Kollisionsfall (beschränkter Anwendungsvorrang). Wir sehen eine solche Abweichung nicht. Die in der DSGVO geforderte Abwägung zwischen berechtigten Interessen der Anbieter und den Interessen der Nutzer (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSGVO) kann zu keinem anderen Ergebnis führen als im Telemediengesetz geregelt. Insbesondere fordern wir von der Datenschutzkonferenz die Klarstellung, dass Telemedienanbieter das Internetnutzungsverhalten auch weiterhin nur dort aufzeichnen dürfen, wo es ausnahmsweise zur Ermöglichung oder Abrechnung ihres Angebots nötig ist (§ 15 Abs. 1 und 4 TMG), und dass sie soweit zumutbar weiterhin eine anonyme Nutzung ihrer Angebote zu ermöglichen haben (§ 13 Abs. 6 TMG).
 
#Auch im nicht-öffentlichen Bereich verdrängt die Datenschutz-Grundverordnung das Telemediengesetz nur im Kollisionsfall (beschränkter Anwendungsvorrang). Wir sehen eine solche Abweichung nicht. Die in der DSGVO geforderte Abwägung zwischen berechtigten Interessen der Anbieter und den Interessen der Nutzer (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSGVO) kann zu keinem anderen Ergebnis führen als im Telemediengesetz geregelt. Insbesondere fordern wir von der Datenschutzkonferenz die Klarstellung, dass Telemedienanbieter das Internetnutzungsverhalten auch weiterhin nur dort aufzeichnen dürfen, wo es ausnahmsweise zur Ermöglichung oder Abrechnung ihres Angebots nötig ist (§ 15 Abs. 1 und 4 TMG), und dass sie soweit zumutbar weiterhin eine anonyme Nutzung ihrer Angebote zu ermöglichen haben (§ 13 Abs. 6 TMG).
 
#Schließlich bitten wir die Datenschutzkonferenz, sich für eine dem Telemediengesetz entsprechende europäische Internet-Datenschutzgesetzgebung einzusetzen, die ein spezifisches und normenklares Verbot der Zwangsidentifizierung und der massenhaften Protokollierung des Surfverhaltens im Internet gewährleistet. Die geplante ePrivacy-Verordnung genügt nicht, weil sie im Kern nur für Telekommunikationsanbieter und -dienste gelten soll und Telemedien grundsätzlich nicht erfasst.
 
#Schließlich bitten wir die Datenschutzkonferenz, sich für eine dem Telemediengesetz entsprechende europäische Internet-Datenschutzgesetzgebung einzusetzen, die ein spezifisches und normenklares Verbot der Zwangsidentifizierung und der massenhaften Protokollierung des Surfverhaltens im Internet gewährleistet. Die geplante ePrivacy-Verordnung genügt nicht, weil sie im Kern nur für Telekommunikationsanbieter und -dienste gelten soll und Telemedien grundsätzlich nicht erfasst.
  
 
Details bitten wir Sie in unserer [http://webarchiv.bundestag.de/archive/2009/0626/ausschuesse/a04/anhoerungen/Anhoerung_21/Stellungnahmen_SV/Stellungnahme_07.pdf Stellungnahme zum Thema Surfprotokollierung] nachzulesen.
 
Details bitten wir Sie in unserer [http://webarchiv.bundestag.de/archive/2009/0626/ausschuesse/a04/anhoerungen/Anhoerung_21/Stellungnahmen_SV/Stellungnahme_07.pdf Stellungnahme zum Thema Surfprotokollierung] nachzulesen.
 +
 +
Begründung:
 +
 +
Das Telemediengesetz schützt Internetnutzer bisher vor einer Vorratsspeicherung und Verfolgung ihres Surfverhaltens. Dieses Verbot der Surfprotokollierung ist unerlässlich, weil erfahrungsgemäß nur nicht gespeicherte Daten sicher vor Datenmissbrauch, Datendiebstahl und Datenhandel sind (siehe Facebook-Skandal). Meinungsumfragen belegen, dass Internetnutzer in großer Mehrheit eine Protokollierung ihres Surfverhaltens ablehnen. Sensible Daten über die Internetnutzung können selbst höchste Amtsträger erpressbar machen. Die digitale Meinungs- und Informationsfreiheit ist für unsere Gesellschaft insgesamt so wichtig, dass sie eines besonderen Schutzes vor Selbstzensur aus Furcht von Nachteilen bedarf.
 +
 +
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (BVerfGE 125, 260) betont: "Maßgeblich für diese Beurteilung sind insoweit insbesondere etwa die §§ 11 ff. TMG, die die Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz grundsätzlich zur Löschung von nicht für die Abrechnung erforderlichen Daten verpflichten (vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 2, § 15 TMG) und so auch gegenüber privatwirtschaftlichen Anreizen verhindern, dass die Internetnutzung inhaltlich in allgemeinen kommerziellen Datensammlungen festgehalten wird und damit rekonstruierbar bleibt. ... Maßgeblich für die Rechtfertigungsfähigkeit einer solchen Speicherung ist deshalb insbesondere, ... dass auch die Speicherung der von ihren Kunden aufgerufenen Internetseiten durch kommerzielle Diensteanbieter grundsätzlich untersagt ist. ... Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland"
  
 
Mit freundlichem Gruß
 
Mit freundlichem Gruß
  
 
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
 
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung

Aktuelle Version vom 9. Mai 2018, 06:41 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 26. April 2018 hat Ihre Datenschutzkonferenz eine Positionsbestimmung zur Anwendbarkeit des TMG für nicht-öffentliche Stellen ab dem 25. Mai 2018 beschlossen. Danach soll mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Telemediengesetz nicht mehr anwendbar sein. Eine Einwilligung sei jedenfalls erforderlich "beim Einsatz von Tracking-Mechanismen, die das Verhalten von betroffenen Personen im Internet nachvollziehbar machen und bei der Erstellung von Nutzerprofilen".

Wir, der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, fordern eine Überarbeitung des Positionspapiers unter folgenden Gesichtspunkten:

  1. Die Positionsbestimmung gilt laut Titel nur für den nicht-öffentlichen Bereich. Wir fordern eine Klarstellung, dass das Telemediengesetz jedenfalls für öffentliche Telemedien weiterhin gilt und gelten muss. Denn für Datenverarbeitungen im öffentlichen Interesse dürfen spezifischere nationale Datenschutzbestimmungen beibehalten werden (Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO).
  2. Auch im nicht-öffentlichen Bereich verdrängt die Datenschutz-Grundverordnung das Telemediengesetz nur im Kollisionsfall (beschränkter Anwendungsvorrang). Wir sehen eine solche Abweichung nicht. Die in der DSGVO geforderte Abwägung zwischen berechtigten Interessen der Anbieter und den Interessen der Nutzer (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSGVO) kann zu keinem anderen Ergebnis führen als im Telemediengesetz geregelt. Insbesondere fordern wir von der Datenschutzkonferenz die Klarstellung, dass Telemedienanbieter das Internetnutzungsverhalten auch weiterhin nur dort aufzeichnen dürfen, wo es ausnahmsweise zur Ermöglichung oder Abrechnung ihres Angebots nötig ist (§ 15 Abs. 1 und 4 TMG), und dass sie soweit zumutbar weiterhin eine anonyme Nutzung ihrer Angebote zu ermöglichen haben (§ 13 Abs. 6 TMG).
  3. Schließlich bitten wir die Datenschutzkonferenz, sich für eine dem Telemediengesetz entsprechende europäische Internet-Datenschutzgesetzgebung einzusetzen, die ein spezifisches und normenklares Verbot der Zwangsidentifizierung und der massenhaften Protokollierung des Surfverhaltens im Internet gewährleistet. Die geplante ePrivacy-Verordnung genügt nicht, weil sie im Kern nur für Telekommunikationsanbieter und -dienste gelten soll und Telemedien grundsätzlich nicht erfasst.

Details bitten wir Sie in unserer Stellungnahme zum Thema Surfprotokollierung nachzulesen.

Begründung:

Das Telemediengesetz schützt Internetnutzer bisher vor einer Vorratsspeicherung und Verfolgung ihres Surfverhaltens. Dieses Verbot der Surfprotokollierung ist unerlässlich, weil erfahrungsgemäß nur nicht gespeicherte Daten sicher vor Datenmissbrauch, Datendiebstahl und Datenhandel sind (siehe Facebook-Skandal). Meinungsumfragen belegen, dass Internetnutzer in großer Mehrheit eine Protokollierung ihres Surfverhaltens ablehnen. Sensible Daten über die Internetnutzung können selbst höchste Amtsträger erpressbar machen. Die digitale Meinungs- und Informationsfreiheit ist für unsere Gesellschaft insgesamt so wichtig, dass sie eines besonderen Schutzes vor Selbstzensur aus Furcht von Nachteilen bedarf.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (BVerfGE 125, 260) betont: "Maßgeblich für diese Beurteilung sind insoweit insbesondere etwa die §§ 11 ff. TMG, die die Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz grundsätzlich zur Löschung von nicht für die Abrechnung erforderlichen Daten verpflichten (vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 2, § 15 TMG) und so auch gegenüber privatwirtschaftlichen Anreizen verhindern, dass die Internetnutzung inhaltlich in allgemeinen kommerziellen Datensammlungen festgehalten wird und damit rekonstruierbar bleibt. ... Maßgeblich für die Rechtfertigungsfähigkeit einer solchen Speicherung ist deshalb insbesondere, ... dass auch die Speicherung der von ihren Kunden aufgerufenen Internetseiten durch kommerzielle Diensteanbieter grundsätzlich untersagt ist. ... Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland"

Mit freundlichem Gruß

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung