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(Aktion "Acht Fragen zur Europawahl" - 30.3.2009)
(Aktion "Acht Fragen zur Europawahl" - 30.3.2009)
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Unsere Idee ist, an alle in Deutschland zur Europawahl kandidierenden Parteien acht Fragen zu stellen.<br>
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Unsere Idee ist, an alle in Deutschland zur Europawahl kandidierenden Parteien acht Fragen zu stellen.
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Wir beschränken den Umfang der möglichen Antworten (800 Zeichen Text oder alternativ Audio- oder Video-Aufzeichnung mit maximal 45 Sekunden) und hoffen so auf möglichst prägnante Antworten.
Wir beschränken den Umfang der möglichen Antworten (800 Zeichen Text oder alternativ Audio- oder Video-Aufzeichnung mit maximal 45 Sekunden) und hoffen so auf möglichst prägnante Antworten.
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Am 25.3.2009 wurden 16 zur Europawahl kandidierenden Parteien eine Mail "auf der Suche nach dem 'richtigen' Europawahlkandidaten" angeschrieben. Nachdem bis zum 30.3.2009 nur die Piraten, die Grünen, die FDP und die Frauen-Partei darauf reagiert haben, wurden an diesem Tag an folgende Kandidaten und Parteien ein [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Sieben_Fragen.pdf Anschreiben] verschickt:
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In unserem [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Sieben_Fragen.pdf Anschreiben] bitten wir um die Stellungnahme der Kandidaten zu folgenden acht Punkten:
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* Arne Ludwig, PIRATENPARTEI
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# Die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten
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* Jan Philipp Albrecht, DIE GRÜNEN
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# Die geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten
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* Gesine Meißner, FDP
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# Sperrung von Internetinhalten
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* Renate Schmidtsdorff-Aicher, FRAUEN-Partei
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# Die Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu „Netzkriminalität“
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* Hans-Peter Mayer, CDU
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# Die Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden.
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* Matthias Wehrmeyer, SPD
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# Die EU-Antiterrorliste
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* Sabine Lösing, DIE LINKE
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# Die „Sicherung“ der Außengrenzen der EU durch die Frontex
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# Das so genannte „Telekom-Paket“ der EU
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Es handelt sich dabei allesamt um Kandidaten zur Europawahl 2009. Wir haben also bewußt darauf verzichtet, etwaig profilierte Parteienvertreter aus dem EU-Parlament auszusuchen, die nicht zur nächsten Wahl anstehen.<br>
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Am 25.3.2009 wurden 16 zur Europawahl kandidierenden Parteien eine Mail "auf der Suche nach dem 'richtigen' Europawahlkandidaten" angeschrieben.
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Auch handelt es sich bei der Liste um - soweit vorhanden - Parteienvertreter aus Niedersachsen oder sogar Hannover-nahen Kreisen, die möglichst auch noch dem Fragenkatalog thematisch nahe stehen.
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Hier ist das tabellarische Ergebnis:
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Am 30.3.2009 wurden die Anschreiben direkt an die Kandidaten versendet. Es handelt sich dabei allesamt um Kandidaten, die jetzt zur kommenden EU-Wahl antreten und die dazu möglichst noch aus Norddeutschland kommen.
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Am 27.4.2009 war der Einsendeschluß, nur die Piratenpartei hat bis zu diesem Zeitpunkt eine Antwort erstellt.
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Am 28.4.2009 haben wir alle anderen Kandidaten zur Erinnerung angeschrieben.
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Hier die Übersicht über die Parteien, Ihre Kandidaten und die Reaktionen auf unsere Anschreiben:
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! Partei !! Reaktion auf Mailanfrage vom 25.3.2009? !! Ausgesuchter EU-Kandidat !! Reaktion auf Anschreiben vom 30.3.2009? !! Reaktion auf Nachfrage vom 28.4.2009?!! 1) Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten !! 2) Geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten !! 3) Sperrung von Internetinhalten !! 4) Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu Netzkriminalität !! 5) Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden !! 6) EU-Antiterrorliste !! 7) „Sicherung“ der Außengrenzen der EU durch die Frontex !! 8) Telekom-Paket der EU !! Weitere Anmerkungen
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! Partei !! Reaktion auf Mailanfrage vom 25.3.2009? !! Ausgesuchter EU-Kandidat !! Reaktion auf Anschreiben vom 30.3.2009? !! Reaktion auf Nachfrage vom 28.4.2009?
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| Piratenpartei || Ja, 26.3.2009 || Arne Ludwig || Ja, 27.4.2009 || nicht nötig gewesen! ||Ich halte die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für unverhältnismässig. Es mangelt an der Erforderlichkeit (wir sind jahrzehntelang sehr gut ohne die VDS ausgekommen) und die Maßnahme ist nicht angemessen, d.h. die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, stehen völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bewirken soll. Im Einzelfall mag die Maßnahme zwar teilweise geeignet sein, allerdings ist der Eingriff in die Grundrechte so schwerwiegend, dass ich insgesamt nicht zustimmen kann. Der Kollateralschaden, nämlich dass man beim Kommunizieren immer die "Schere im Kopf" hat, ob jemand die Daten vielleicht missbrauchen könnte, ist unvorstellbar bedrückend. Die legitimen Absichten können zielgenauer durch ein "quick freeze"-Verfahren bei konkretem Tatverdacht erreicht werden.||Ich habe die gleichen Vorbehalte auch bei dieser Vorratsspeicherung. Hier werden sogar jahrzehntelange Speicherfristen vorgeschlagen. Solche Speicherungen beeinträchtigen mein Grundrecht auf Freizügigkeit massiv. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist dies ebenfalls nicht zu vereinbaren.
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| Piratenpartei || Ja, 26.3.2009 || Arne Ludwig || Ja, 27.4.2009 || nicht nötig gewesen!
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| Bündnis 90/Die Grünen || Ja, 26.3.2009 || Jan-Philipp Albrecht || Nein
| Bündnis 90/Die Grünen || Ja, 26.3.2009 || Jan-Philipp Albrecht || Nein
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Und hier eine Übersicht über die Antworten.
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Die detailierten Antworten der Parteien folgen im Anschluß der Tabelle.
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!Partei !! 1) Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten !! 2) Geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten !! 3) Sperrung von Internetinhalten !! 4) Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu Netzkriminalität !! 5) Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden !! 6) EU-Antiterrorliste !! 7) „Sicherung“ der Außengrenzen der EU durch die Frontex !! 8) Telekom-Paket der EU
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| '''Piratenpartei''' ||"unverhältnismässig", "Schere im Kopf"||"Vorbehalte"||"Grundsätzlich falscher Weg"||"Datenbanken mit Vermutungen und Verdachtsmomenten stehe ich grundsätzlich sehr kritisch gegenüber"||"Sanktionsmöglichkeiten müssen verbindlich vereinbart werden"||"Geheime Listen lehne ich ab"||"noch keine abschliessende Meinung"||"three-strikes-out-Regel lehne ich strikt ab"
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| '''Bündnis 90/Die Grünen'''
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| '''FDP '''
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| '''Frauenpartei'''
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| '''CDU'''
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| '''DIE LINKE'''
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== Arne Ludwig, Piratenpartei ==
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'''1. Die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten '''
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Ich halte die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für unverhältnismässig. Es mangelt an der Erforderlichkeit (wir sind jahrzehntelang sehr gut ohne die VDS ausgekommen) und die Maßnahme ist nicht angemessen, d.h. die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, stehen völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bewirken soll. Im Einzelfall mag die Maßnahme zwar teilweise geeignet sein, allerdings ist der Eingriff in die Grundrechte so schwerwiegend, dass ich insgesamt nicht zustimmen kann. Der Kollateralschaden, nämlich dass man beim Kommunizieren immer die "Schere im Kopf" hat, ob jemand die Daten vielleicht missbrauchen könnte, ist unvorstellbar bedrückend. Die legitimen Absichten können zielgenauer durch ein "quick freeze"-Verfahren bei konkretem Tatverdacht erreicht werden.
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'''2. Die geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten '''
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Ich habe die gleichen Vorbehalte auch bei dieser Vorratsspeicherung. Hier werden sogar jahrzehntelange Speicherfristen vorgeschlagen. Solche Speicherungen beeinträchtigen mein Grundrecht auf Freizügigkeit massiv. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist dies ebenfalls nicht zu vereinbaren.
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'''3. Sperrung von Internetinhalten '''
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Eine Sperrung von Inhalten im Sinne einer Zugangssperrung halte ich grundsätzlich für den falschen Weg. Das Web ist schon seit Jahren kein rechtsfreier Raum mehr, sondern ist bereits jetzt oft stärker reguliert als die "reale Welt". Wenn eine Rechtsverletzung stattfindet, soll dieser - wie im realen Leben - auf rechtsstaatlich einwandfreiem Weg abgeholfen werden. Es ist deshalb grundsätzlich beim Verursacher (oder mittelbar beim Hosting-Provider) anzusetzen, nicht beim Zugangs-Provider. Im Web ist die konkrete Gefahr für den Benutzer vergleichsweise gering (z.B. sind schwere Straftaten mit unmittelbarer Wirkung wie Mord garnicht möglich), so dass die Notwendigkeit einer Zugangssperrung z.B. wegen Gefahr im Verzug quasi nicht besteht.
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'''4. Die Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu Netzkriminalität '''
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Leider sind nicht genug Informationen zu der konkreten Planung der Ausgestaltung der Datenbank an die Öffentlichkeit gelangt. Wichtig ist mir bei solchen Datenbanken, dass die Einträge selbstverständlich auf rechtsstaatlichem Wege erfolgen müssen, also nach einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein Gericht. Datenbanken mit Vermutungen und Verdachtsmomenten stehe ich grundsätzlich sehr kritisch gegenüber, insbesondere in der schnellebigen Welt des Internets. Falls eine Datenbank im Einzelfall erforderlich, geeignet, und angemessen ist, dann muss garantiert werden, dass die Einträge von einer unabhängigen Stelle regelmässig überprüft werden. Nach Ende des Verdachts muss der Betroffene informiert und der Eintrag gelöscht werden.
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'''5. Die Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden. '''
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Ein solches Abkommen müsste so ausgestaltet werden, dass jede Anfrage von der zuständigen Stelle durch einen Menschen auf Vereinbarkeit mit nationalem Recht geprüft wird. Eine unkontrollierte (und unkontrollierbare) elektronische Schnittstelle lehne ich strikt ab. Weiter müsste ein Schutzniveau in den USA vertraglich abgesichert werden, das mindestens dem des lieferenden Staates entspricht. Wirksame Sanktionsmöglichkeiten müssen verbindlich vereinbart werden.
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'''6. Die EU-Antiterrorliste '''
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Die terror watch list in den USA hat gezeigt, dass sie nicht funktioniert. Es wird geschätzt, dass sich 2008 über eine Million Einträge in der Liste befanden. Damit führt sich die Liste ad absurdum. Wenn eine solche Liste tatsächlich erforderlich sein sollte, müsste sie jedenfalls ganz anders ausgestaltet werden. Es müsste ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren für Eintrag und Austrag existieren. Geheime Listen lehne ich ab.
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'''7. Die Sicherung der Außengrenzen der EU durch die Frontex '''
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Hierzu habe ich mir noch keine abschliessende Meinung gebildet. Es ist klar, dass das Abkommen von Schengen für die Aussengrenzen eine besondere Verantwortung impliziert. Andererseits sollte die EU nicht die nationalen Einwanderungsgesetze aushebeln. Hier ist eine vorsichtige Abwägung der Interessen notwendig. Langfristig scheint es mir sinnvoller, die Lebensbedingungen in den Auswandererländern zu verbessern, statt Mauern zu bauen.
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'''8. Das so genannte Telekom-Paket der EU '''
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Das Telekom-Paket der EU befindet sich im ständigen Wandel. Ich halte nichts davon, in das Telekom-Paket Dinge hereinzunehmen, die da nicht hereingehören. Zugangsverhinderungen durch demokratisch nicht legitimierte Organisationen der Privatwirtschaft (z.B. "three-strikes-out"-Regel) lehne ich strikt ab.
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'''X. Zusätzliche Anmerkungen '''
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Wichtig ist mir bei der Neugestaltung der Politik in der EU, die Transparenz in den Vordergrund zu stellen. Geheime Abkommen, Absprachen, oder Listen darf es nicht geben.
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Für die Neugestaltung der Politik für die Informationsgesellschaft muss der Begriff des "geistigen Eigentums" sehr kritisch hinterfragt werden. Es ist ein Ausgleich herzustellen zwischen den legitimen Rechten der Urheber, Erfinder, Patentinhaber usw. und den legitimen Ansprüchen der Gesellschaft an den freien Zugang zum Wissen der Menschheit.
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Das Urheberrecht ist nicht uneingeschränkt, beispielsweise muss das Recht auf Privatkopie EU-weit geschützt werden. Regional beschränkte Verwertungsrechte widersprechen dem Prinzip der freien Marktwirtschaft und dürfen in der EU keinen Bestand haben. Mit öffentlichen Geldern finanzierte Forschung und sonstige Ergebnisse der öffentlichen Verwaltungen sollen den Bürgern frei zugänglich sein.
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Konkret fordere ich - da EU-Organe involviert sind - eine vollständige Öffnung der Verhandlungen zum ACTA-Abkommen, sowie eine Offenlegung sämtlicher bisherigen Dokumente dazu, damit eine ergebnisoffene Diskussion stattfinden kann.
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Version vom 12:34, 28. Apr. 2009

Aktion "Acht Fragen zur Europawahl" - 30.3.2009

Unsere Idee ist, an alle in Deutschland zur Europawahl kandidierenden Parteien acht Fragen zu stellen.


Wir beschränken den Umfang der möglichen Antworten (800 Zeichen Text oder alternativ Audio- oder Video-Aufzeichnung mit maximal 45 Sekunden) und hoffen so auf möglichst prägnante Antworten.

In unserem Anschreiben bitten wir um die Stellungnahme der Kandidaten zu folgenden acht Punkten:

  1. Die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten
  2. Die geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten
  3. Sperrung von Internetinhalten
  4. Die Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu „Netzkriminalität“
  5. Die Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden.
  6. Die EU-Antiterrorliste
  7. Die „Sicherung“ der Außengrenzen der EU durch die Frontex
  8. Das so genannte „Telekom-Paket“ der EU

Am 25.3.2009 wurden 16 zur Europawahl kandidierenden Parteien eine Mail "auf der Suche nach dem 'richtigen' Europawahlkandidaten" angeschrieben.

Am 30.3.2009 wurden die Anschreiben direkt an die Kandidaten versendet. Es handelt sich dabei allesamt um Kandidaten, die jetzt zur kommenden EU-Wahl antreten und die dazu möglichst noch aus Norddeutschland kommen.

Am 27.4.2009 war der Einsendeschluß, nur die Piratenpartei hat bis zu diesem Zeitpunkt eine Antwort erstellt.

Am 28.4.2009 haben wir alle anderen Kandidaten zur Erinnerung angeschrieben.


Hier die Übersicht über die Parteien, Ihre Kandidaten und die Reaktionen auf unsere Anschreiben:

Partei Reaktion auf Mailanfrage vom 25.3.2009? Ausgesuchter EU-Kandidat Reaktion auf Anschreiben vom 30.3.2009? Reaktion auf Nachfrage vom 28.4.2009?
Piratenpartei Ja, 26.3.2009 Arne Ludwig Ja, 27.4.2009 nicht nötig gewesen!
Bündnis 90/Die Grünen Ja, 26.3.2009 Jan-Philipp Albrecht Nein
FDP Ja, 27.3.2009 Gesine Meißner Nein
Frauenpartei Ja, 28.3.2009 Renate Schmidtsdorff-Aicher Ja, 4.4.2009 (Nachfrage)
CDU Nein Hans-Peter Mayer Nein
SPD Nein Matthias Wehrmeyer Nein
DIE LINKE Nein Sabine Lösing Nein
Republikaner Nein
Libertas Nein
Freie Wähler Europa Nein
Tierschutzpartei Nein
Die Grauen Nein
NPD Nein
ÖDP Nein
Feministische Partei Nein
PBC Nein
Familien-Partei Nein


Und hier eine Übersicht über die Antworten.

Die detailierten Antworten der Parteien folgen im Anschluß der Tabelle.


Partei 1) Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten 2) Geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten 3) Sperrung von Internetinhalten 4) Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu Netzkriminalität 5) Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden 6) EU-Antiterrorliste 7) „Sicherung“ der Außengrenzen der EU durch die Frontex 8) Telekom-Paket der EU
Piratenpartei "unverhältnismässig", "Schere im Kopf""Vorbehalte""Grundsätzlich falscher Weg""Datenbanken mit Vermutungen und Verdachtsmomenten stehe ich grundsätzlich sehr kritisch gegenüber""Sanktionsmöglichkeiten müssen verbindlich vereinbart werden""Geheime Listen lehne ich ab""noch keine abschliessende Meinung""three-strikes-out-Regel lehne ich strikt ab"
Bündnis 90/Die Grünen
FDP
Frauenpartei
CDU
SPD
DIE LINKE


Arne Ludwig, Piratenpartei

1. Die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten

Ich halte die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für unverhältnismässig. Es mangelt an der Erforderlichkeit (wir sind jahrzehntelang sehr gut ohne die VDS ausgekommen) und die Maßnahme ist nicht angemessen, d.h. die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, stehen völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bewirken soll. Im Einzelfall mag die Maßnahme zwar teilweise geeignet sein, allerdings ist der Eingriff in die Grundrechte so schwerwiegend, dass ich insgesamt nicht zustimmen kann. Der Kollateralschaden, nämlich dass man beim Kommunizieren immer die "Schere im Kopf" hat, ob jemand die Daten vielleicht missbrauchen könnte, ist unvorstellbar bedrückend. Die legitimen Absichten können zielgenauer durch ein "quick freeze"-Verfahren bei konkretem Tatverdacht erreicht werden.

2. Die geplante EU-weite Erfassung und Speicherung von Flug- und Fährgastdaten

Ich habe die gleichen Vorbehalte auch bei dieser Vorratsspeicherung. Hier werden sogar jahrzehntelange Speicherfristen vorgeschlagen. Solche Speicherungen beeinträchtigen mein Grundrecht auf Freizügigkeit massiv. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist dies ebenfalls nicht zu vereinbaren.

3. Sperrung von Internetinhalten

Eine Sperrung von Inhalten im Sinne einer Zugangssperrung halte ich grundsätzlich für den falschen Weg. Das Web ist schon seit Jahren kein rechtsfreier Raum mehr, sondern ist bereits jetzt oft stärker reguliert als die "reale Welt". Wenn eine Rechtsverletzung stattfindet, soll dieser - wie im realen Leben - auf rechtsstaatlich einwandfreiem Weg abgeholfen werden. Es ist deshalb grundsätzlich beim Verursacher (oder mittelbar beim Hosting-Provider) anzusetzen, nicht beim Zugangs-Provider. Im Web ist die konkrete Gefahr für den Benutzer vergleichsweise gering (z.B. sind schwere Straftaten mit unmittelbarer Wirkung wie Mord garnicht möglich), so dass die Notwendigkeit einer Zugangssperrung z.B. wegen Gefahr im Verzug quasi nicht besteht.

4. Die Initiative der EU-Innenminister zur Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank zu Netzkriminalität

Leider sind nicht genug Informationen zu der konkreten Planung der Ausgestaltung der Datenbank an die Öffentlichkeit gelangt. Wichtig ist mir bei solchen Datenbanken, dass die Einträge selbstverständlich auf rechtsstaatlichem Wege erfolgen müssen, also nach einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein Gericht. Datenbanken mit Vermutungen und Verdachtsmomenten stehe ich grundsätzlich sehr kritisch gegenüber, insbesondere in der schnellebigen Welt des Internets. Falls eine Datenbank im Einzelfall erforderlich, geeignet, und angemessen ist, dann muss garantiert werden, dass die Einträge von einer unabhängigen Stelle regelmässig überprüft werden. Nach Ende des Verdachts muss der Betroffene informiert und der Eintrag gelöscht werden.

5. Die Verhandlungen der EU mit den USA über ein allgemeines Abkommen zur Übermittlung persönlicher Informationen von Europäern an US-amerikanische Sicherheitsbehörden.

Ein solches Abkommen müsste so ausgestaltet werden, dass jede Anfrage von der zuständigen Stelle durch einen Menschen auf Vereinbarkeit mit nationalem Recht geprüft wird. Eine unkontrollierte (und unkontrollierbare) elektronische Schnittstelle lehne ich strikt ab. Weiter müsste ein Schutzniveau in den USA vertraglich abgesichert werden, das mindestens dem des lieferenden Staates entspricht. Wirksame Sanktionsmöglichkeiten müssen verbindlich vereinbart werden.

6. Die EU-Antiterrorliste

Die terror watch list in den USA hat gezeigt, dass sie nicht funktioniert. Es wird geschätzt, dass sich 2008 über eine Million Einträge in der Liste befanden. Damit führt sich die Liste ad absurdum. Wenn eine solche Liste tatsächlich erforderlich sein sollte, müsste sie jedenfalls ganz anders ausgestaltet werden. Es müsste ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren für Eintrag und Austrag existieren. Geheime Listen lehne ich ab.

7. Die Sicherung der Außengrenzen der EU durch die Frontex

Hierzu habe ich mir noch keine abschliessende Meinung gebildet. Es ist klar, dass das Abkommen von Schengen für die Aussengrenzen eine besondere Verantwortung impliziert. Andererseits sollte die EU nicht die nationalen Einwanderungsgesetze aushebeln. Hier ist eine vorsichtige Abwägung der Interessen notwendig. Langfristig scheint es mir sinnvoller, die Lebensbedingungen in den Auswandererländern zu verbessern, statt Mauern zu bauen.

8. Das so genannte Telekom-Paket der EU

Das Telekom-Paket der EU befindet sich im ständigen Wandel. Ich halte nichts davon, in das Telekom-Paket Dinge hereinzunehmen, die da nicht hereingehören. Zugangsverhinderungen durch demokratisch nicht legitimierte Organisationen der Privatwirtschaft (z.B. "three-strikes-out"-Regel) lehne ich strikt ab.

X. Zusätzliche Anmerkungen

Wichtig ist mir bei der Neugestaltung der Politik in der EU, die Transparenz in den Vordergrund zu stellen. Geheime Abkommen, Absprachen, oder Listen darf es nicht geben.

Für die Neugestaltung der Politik für die Informationsgesellschaft muss der Begriff des "geistigen Eigentums" sehr kritisch hinterfragt werden. Es ist ein Ausgleich herzustellen zwischen den legitimen Rechten der Urheber, Erfinder, Patentinhaber usw. und den legitimen Ansprüchen der Gesellschaft an den freien Zugang zum Wissen der Menschheit.

Das Urheberrecht ist nicht uneingeschränkt, beispielsweise muss das Recht auf Privatkopie EU-weit geschützt werden. Regional beschränkte Verwertungsrechte widersprechen dem Prinzip der freien Marktwirtschaft und dürfen in der EU keinen Bestand haben. Mit öffentlichen Geldern finanzierte Forschung und sonstige Ergebnisse der öffentlichen Verwaltungen sollen den Bürgern frei zugänglich sein.

Konkret fordere ich - da EU-Organe involviert sind - eine vollständige Öffnung der Verhandlungen zum ACTA-Abkommen, sowie eine Offenlegung sämtlicher bisherigen Dokumente dazu, damit eine ergebnisoffene Diskussion stattfinden kann.


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