Endspurt/Pressemitteilung zur Pressekonferenz am 2. November 2007
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Pressemitteilung
Pressemitteilung zur Pressekonferenz des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom X. November 07
Herausgeber: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
Einleitung & Anlass
Im Vorfeld bundesweiter Demonstrationen veranstaltete der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am X. November zusammen mit "Vertretern einzelner Berufsgruppen" eine Pressekonferenz. Anlass für die Demonstrationen ist die Abstimmung des Deutschen Bundestags am 9. November über den Gesetzesentwurf zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung. Das Gesetz soll ab 2008 für Sicherheitsbehörden rückblickend über 6 Monate nachvollziehbar machen, wer, wann und mit welchen Adressen das Internet genutzt hat und wer mit wem per Telefon oder E-Mail Kontakt hatte, bei Handy-Nutzung einschliesslich des Standorts. Diese Pläne der Regierungskoalition zur Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Beziehungen, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellen die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein furchtloses, selbstbestimmtes und privates Leben dar. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherungfordert daher die Abkehr von diesem verfassungswidrigen Generalangriff auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.
GÄSTE
Als geladene Gäste der Pressekonferenz waren anwesend:
* Dr. Christoph Fiedler, Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V. * Dr. Martin Grauduszus, Freie Ärzteschaft e.V. * Karl Lemmen / Dr. Luis Carlos Escobar Pinzón, Deutsche AIDS-Hilfe e.V. * Werner Lohl, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. * Ulrike Maercks-Franzen, Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di
Journalisten
Journalisten- und Medienvertreter verliehen wiederholt ihrer Sorge Nachdruck, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung den Informantenschutz in erheblicher Weise gefährdet. Wenn zukünftig wichtige Informationen über Mißstände per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, müssen Informanten damit rechnen, dass der Kontakt mithilfe von Verbindungsdaten aufgedeckt wird. Durch die Vorratsdatenspeicherung könnte die freie Presse, als ein wichtiges Element, der bundesrepublikanischen Demokratie beeinträchtigt werden.
- ZITATE
Ärzte
Zugleich äußerten die Vertreter der Ärzteschaft Bedenken das Beratungstätigkeiten künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zulassen könnten und im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patentienten drohen könnten.
Auch müsse man damit rechnen, daß für viele Menschen in seelischer Not der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme erhöhe. Dies beträfe beispielsweise Suizidgefährdete oder AIDS-Kranke, aber auch beispielsweise Alkoholiker.
- ZITATE
Wirtschaft
Wirtschaftlichen Interessen ........entgegensteht, da die Gefahr besteht das zum Beispiel Informationen über Großaufträge von Konkurrenten abgegriffen werden könnten.
- ZITATE
Die Gefahr den Gesetzentwurf durchzuwinken weite Teile der zwischenmenschlichen Kommunikation verloren gehen, und zwar spätestens, wenn der erste Missbrauchsfall an das Licht der Öffentlichkeit gelangt. Dass auch vorratsgespeicherte Kommunikationsdaten missbraucht wird, ist nur eine Frage der Zeit - und der Geldsumme, die z.B. einem Telekom-Mitarbeiter für eine Auskunft angeboten wird.
Über uns:
Der AK Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von über 50 Organisationen aus Politik, Arbeitnehmervertreter und Berufsverbänden. Er ist politisch unabhängig, überparteilich und setzt sich gerade mit seiner Heterogenität in besonderer Weise für eine freie und offene Gesellschaft ein.
Links:
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de
Die aktuelle Pressemitteilung:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/151/1/lang,de/
Pressekontakt:
Ricardo Cristof Remmert-Fontes
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
c/o Humanistische Union e.V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Strasse 4
D-10405 Berlin Fon: +49-30-94881297
Fax: +49-700-25808789
Mobile: +49-170-2487266
E-Mail: <enkode>rcrf@vorratsdatenspeicherung.de</enkode>
Version 2
Journalisten
Für den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung besteht die begründete Gefahr, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung den Informantenschutz in erheblicher Weise gefährden wird. Wenn zukünftig wichtige Informationen über Mißstände per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, müssen Informanten damit rechnen, dass der Kontakt mithilfe von Verbindungsdaten aufgedeckt wird. Durch die Vorratsdatenspeicherung könnte die freie Presse beeinträchtigt werden.
Ärzte, Beratungstellen
Zugleich bestehen Bedenken, daß Beratungstätigkeiten künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zulassen könnten und im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patentienten drohen könnten.
Auch müsse man damit rechnen, daß für viele Menschen in seelischer Not der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme erhöhe. Dies beträfe beispielsweise Suizidgefährdete oder AIDS-Kranke, aber auch beispielsweise Alkoholiker und Gewaltopfer. Die Speicherung der Kommunikationsumstände lassen künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zu und könnten im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patienten bedeuten.
Mißbrauch
Ein weiteres Problem ist der Mißbrauch: dass auch vorratsgespeicherte Kommunikationsdaten missbraucht werden, ist nur eine Frage der Zeit, wie spektakuläre Fälle beispielsweise aus Italien in jüngster Vergangenheit zeigten.
Schutz durch Richtervorbehalt
Der im Gesetzesentwurf geplante Richtervorbehalt jedenfalls stellt keine große Hürde dar, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts belegte. So waren laut der Studie in der Vergangenheit insgesamt ca. 70% der Fälle nicht korrekt durch die Richter geprüft worden.
Schutz durch Zeugnisverweigerungsrechte
Aber auch ein in den Gesetzestext geschriebenes Verwertungsverbot bei der Kommunikation von sog. Zeugnisverweigerungsberechtigten kann leicht umgangen werden, wie die Ermittlungen zur Cicero-Äffäre zeigte: im Zweifelsfall muss ein Staatsanwalt nur einen Verdacht gegen einen Mandatsträger, einen Journalisten oder einen Seelsorger aussprechen, um den Schutz auszuhebeln.
Überschießende Deliktskategorien
Das deutsche Umsetzungsgesetz sieht darüber hinaus eine Verwendung der Vorratsdaten (Verkehrsdaten), die laut Bundesverfassungsgericht unter den Schutz von Artikel 10 GG (Post- und Telekommunikationsgeheimnis) fallen, eben nicht nur bei schweren Straftaten vor, sondern bei "allen mittels Telekommunikation begangenen Straftaten", was auch banale Delikte, wie Beleidigungen oder das Herunterladen von einem Musikstück sein könnte. Grundrechtseingriffe, wie ein Eingriff in die durch Art. 10 GG geschützte Sphäre, müssen aber verhältnismäßig sein und dürfen nur in Ausnahmefällen angewendet werden. Im neuesten Entwurf ist sogar von einer Verwendung bei Ordnungswidrigkeiten die Rede.
Mit dieser fehlenden Begrenzung auf schwere Straftaten jedenfalls schießt die deutsche Umsetzung in einem sehr wesentlichen Punkt über die europäische Richtlinie hinaus. Die Begrenzung auf 6 Monate, die immer angeführt wird, ist daher nichts weiter, als ein Feigenblatt.
Schutzfunktion, Innere Sicherheit, Prävention
Da Vorratsdaten naturgemäß die Vergangenheit betreffen, relativiert sich auch die Aussage von Ministerin Zypries, daß damit ein Sicherheitsgewinn zu erwarten sei. Das wäre nur der Fall, wenn man ein vollständiges Echtzeit-Profiling der gesamten Bevölkerung durchführen würde, auf dessen Basis man Prognosen über zu erwartende Straftaten zu erstellen versuchen könnte.
Von einer Sicherheitpolitik mit Augenmaß kann hier keine Rede sein, denn diese sollte gezielt und intelligent bei konkretem Verdacht eingesetzt werden.