PE-Entwurf/intern:Bestandsdaten-2
Diese Pressemitteilung ist noch im Entwurfsstadium, also noch nicht zur Veröffentlichung bestimmt.
kein Hinweis zum Veröffentlichungstermin verfügbar (Hilfe zur Vorlage)
Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 20.3.2013:
Nach marginalen Änderungen: Gesetzentwurf zu Bestandsdatenabfrage weiter verfassungswidrig
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht die geplanten Änderungen und konkretisiert schwere Vorwürfe
Schon im November 2012 hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisch auf die geplante Änderung des Telekommunikationsgesetzes hingewiesen [1]. Weitere Kritik aus den Reihen von Rechtsexperten und Datenschützern folgte und der Bundestag hat nun daraufhin Änderungen vorgenommen, die jedoch nur marginaler Natur sind.
Die Verabschiedung der Gesetzesänderungen soll am morgigen Donnerstag erfolgen und würde einen drastischen Einschnitt in die wesentliche Persönlichkeitsrechte der Menschen bedeuten und das Brief- und Telekommunikationsgeheimnis erheblich schwächen.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht die von der SPD nun unterstützten Änderungsvorschläge [2] und belegt mit einer Auflistung von sechs konkreten Punkten [3], warum die geplanten Neuregelungen schlecht für eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft sind und die verfassungsmäßigen Grenzen des Zulässigen weit überschreiten:
1. Es fehlt bereits die verfassungsrechtlich gebotene abschließende Bestimmung, welche Vorschriften einen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen (einfachgesetzliches Zitiergebot).
2. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sollen Zugriffe auf Kommunikationsdaten durch Polizeibehörden nicht beschränkt werden auf Fälle konkreter Gefahr oder des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern selbst zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen werden.
3. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern durch Geheimdienste keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen.
4. Es ist unklar und nicht kontrollierbar, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugriffscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.
5. Der Bund will Anbietern verbieten, ihre Kunden von Datenabfragen zu benachrichtigen, selbst wo die Länder Stillschweigen nicht anordnen (z.B. bei Suizidgefahr oder Vermissten).
6. Den Datenzugriff durch eine elektronische Schnittstelle weiter zu erleichtern, ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig.
"Sicherheitsbehörden und Geheimdienste dürfen sich weiterhin an den umfangreichen Adress- und Kontoinformationen der Provider bedienen und die Zuordnung einer IP-Adresse mittels automatisierter Analyse der Verkehrsdaten verlangen," verlangt Heiko Stamer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Der Richtervorbehalt beim Zugriff auf Passwörter und Sicherheitscodes wird sich in der Praxis als genauso wirkungslos wie bei Hausdurchsuchungen erweisen. Und die marginalen Änderungen bei der Benachrichtigungspflicht sind insgesamt viel zu schwach und bleiben daher unwirksam: Die durchaus gebräuchlichen juristischen Floskeln haben sich bereits seit geraumer Zeit als untauglich erwiesen, wie beispielsweise die noch immer ausstehende Benachrichtigung von tausenden Betroffenen der weitreichenden Funkzellenabfragen in Sachsen und Berlin zeigt."
"Die mit dieser Gesetzesänderung verbundenen Einführung einer elektronischen Schnittstelle zur vereinfachten oder gar teil-automatisierten Abfrage von Kommunkikationsdaten der Menschen ist nicht dem vereinbar, was wir uns als freie Gesellschaft vorstellen oder wünschen," betont Michael Ebeling vom AK Vorrat. "Die damit installierte Überwachungs-Infrastruktur schafft gewaltige Risiken für Missbrauch und wird niemals effektiv kontrolliert werden können. Den Abgeordneten des Bundestags sollten das sachlich und in aller Ruhe erläutert werden, bevor sie morgen darüber abstimmen!"
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicheurung fordert die gewählten Vertreter der Bürger im Bundestag dazu auf, dieser Änderung des Telekommunikationsgesetzes ihre Stimme zu verweigern und grundlegende Gedanken über die Weiterentwicklung der Gesellschaft im informationstechnischen Zeitalter und über die Bedeutung der Anonymität für die Menschen anzustrengen, bevor derartig tiefe Beschneidungen des Brief- und Telekommunikationsfreiheit vorgenommen werden.
Weitere Informationen:
- Zusammenfassung der Kritik am aktuellen Gesetzentwurf
- Letzer Änderungsantrag zum Gesetzentwurf, gebilligt durch CDU/CSU, FDP und SPD
- Informationsseite zur Gesetzesänderung im Wiki des AK Vorrat
[1]
https://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=715&Itemid=55
und
https://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=714&Itemid=55
[2] http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Aenderungen-bestandsdatenabfragen.pdf