Anonymes Bezahlen/Briefkampagne

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Kampagene zur Bewahrung anonymer Zahlung im Internet

Inhaltsverzeichnis

Pressemitteilung

Briefkampagne

In drei Wellen haben wir per Briefpost das nachfolgende Schreiben an Bundestagsausschüsse verschickt.

Adressaten

  • Wirtschaftsausschuss (37 Mitglieder, Versand am 9.9.2011)
  • Innenausschuss (37 Mitglieder, Versand am 9.9.2011)
  • Staatssekretär Finanzausschuss Jörg Asmussen (Versand am 9.9.2011)
  • Finanzausschuss (37 Mitglieder, Versand am 5.10.2011)

Anschreiben

Vorratsspeicherung von Zahlungsdaten im Gesetzentwurf zur „Optimierung der Geldwäscheprävention“ (BT-Drs. 17/6804)


Sehr geehrte(r) Herr/Frau xxx,


mit großem Erstaunen und einigem Entsetzen haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung den anonymen Zahlungsverkehr im Internet verbieten will, indem ohne jeden Anlass für die gesamte Bevölkerung auf Vorrat gespeichert werden soll, wer welche Guthabenkarte erworben hat („Gesetzentwurf zur Optimierung der Geldwäscheprävention“). Selbst E-Geld-Kleinbeträge bis 150 Euro sollen Unternehmen wie Paysafecard oder Ukash künftig nicht mehr ohne Identifizierung anbieten dürfen. Demgegenüber sollen anonyme Bankeinzahlungen bis 1.000 Euro und anonyme Bargeldtransaktionen unbegrenzt möglich bleiben. Das Vorhaben wird mit dem Argument begründet, durch Einsatz mehrerer Zahlkarten könnten „große Beträge von erheblicher geldwäscherechtlicher Relevanz bei der Ausgabe und dem Rücktausch von E-Geld anonym bewegt werden“.
Das Argument der Geldwäsche rechtfertigt aus unserer Sicht kein Totalverbot des anonymen Bezahlens im Internet. 2010 wurden in Deutschland 6.764 Fälle von Geldwäsche registriert, was 0,1% der registrierten Gesamtkriminalität entspricht. Auch ohne Identifizierungspflicht wurden 92,2% der Verdachtsfälle erfolgreich aufgeklärt. Es fehlt jeder Nachweis, dass E-Geld-Kleinbeträge in nennenswertem Umfang zur Geldwäsche oder gar Terrorismusfinanzierung eingesetzt werden und dass ein auf Deutschland beschränkter Identifizierungszwang nicht ohne weiteres umgangen werden könnte. E-Geld könnte im Ausland weiterhin anonym gekauft werden, und auch in Deutschland gekauftes E-Geld könnte nach der erstmaligen Identifizierung unkontrolliert weitergegeben werden. Der praktisch zu erwartende Nutzen einer Identifizierungspflicht zur Verfolgung von Geldwäsche wäre gering bis nicht gegeben.
Demgegenüber wären die Folgen eines Totalverbots des anonymen Bezahlens im Internet unzumutbar. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung steht in klarem Widerspruch zu § 13 Absatz 6 des Telemediengesetzes, der aus guten Gründen Diensteanbieter im Internet zur Akzeptanz anonymer Zahlungsmittel verpflichtet. Dass im Internet noch verbreitet mit Kreditkarte, durch Angabe einer Bankverbindung oder gar Angabe einer Online-Banking-PIN („Sofortüberweisung“) bezahlt wird, ist eine ständige Ursache für Datenklau, Identitätsdiebstahl (z.B. „Phishing“) und Betrug. Datenskandale wie der Handel mit Millionen von Bankverbindungen auf CDs haben in den letzten Jahren immer häufiger in Erinnerung gerufen, dass nur nicht angegebene Kreditkarten- und Kontodaten sichere Daten sind. Jeder vierte deutsche Internetnutzer hat einer BITKOM-Umfrage bereits finanziellen Schaden im Internet erlitten. Anonyme Zahlungskarten sind das beste Mittel zum Selbstschutz vor Online-Kriminalität. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung würde den 50 Mio. Internetnutzern in Deutschland dieses Mittel zur Kriminalprävention aus der Hand schlagen.
Eine Zwangsregistrierung aller E-Geld-Nutzer würde es außerdem ermöglichen, das alltägliche Zahlungsverhalten unbescholtener Menschen minutiös nachzuvollziehen, obwohl diese zu nahezu 100% keinerlei Anlass zu einer Protokollierung ihres Zahlungsverhaltens gegeben haben. Vergleichbares ist außerhalb des Internet, wo Barzahlung die Regel ist, undenkbar. Anonymes E-Geld als das „Bargeld des Internets“ zu verbieten, würde dem berechtigten Bedürfnis vieler Menschen nach Vertraulichkeit und Anonymität nicht gerecht: Wer beispielsweise einer gemeinnützigen Organisation Geld spenden möchte, kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass aus der Spende keine Rückschlüsse auf seine sexuelle Orientierung, seinen Glauben, seine religiösen oder politischen Anschauungen gezogen werden können. Auch wer beispielsweise Erotikinhalte konsumiert, hat ein berechtigtes Interesse daran, anonym zu bleiben. Zur Inanspruchnahme strafrechtlicher, psychologischer oder medizinischer Beratung über das Internet sind Menschen ebenfalls vielfach nur im Schutz der Anonymität bereit.
Neben den gesellschaftlichen sind auch die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Verbots anonymer Zahlungen im Internet unabsehbar. E-Geld kommt unter anderem in der Unterhaltungs- und Telekommunikationsbranche verbreitet zum Einsatz. Wegen des Aufwands einer Identifizierung beim Erwerb von Kleinbeträgen würden ganze Vertriebskanäle für solche E-Geldkarten wegfallen. Studien zufolge verzichten viele Verbraucher auf Dienstleistungen im Internet, die eine Angabe persönlicher Daten wie Kredit- oder Kontodaten erfordern, insgesamt. Ein Identifizierungszwang droht dadurch die wirtschaftliche Existenz und die Arbeitsplätze von Dienstanbietern in einer Zukunftsbranche Deutschlands zu gefährden, die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle zu behindern und das wirtschaftliche Wachstum im Bereich der Informationstechnologie auszubremsen.
Insgesamt steht der erhoffte Nutzen eines unterschiedlosen Identifizierungszwangs für E-Geld-Nutzer in keinem Verhältnis zu den damit verbundenen Nachteilen. Einer zu erwartenden Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts würde ein unterschiedsloser Identifizierungszwang für Kleinbeträge nicht stand halten.
Wir appellieren deshalb an Sie, jeder verdachtsunabhängigen Erfassung der Nutzer von E-Geld entschieden entgegen zu treten. Dienstleistungen im Internet müssen ebenso anonym und geschützt bezahlt werden können wie vergleichbare Leistungen außerhalb des Internets. Bitte setzen Sie sich für eine Änderung des „Gesetzentwurfs zur Optimierung der Geldwäscheprävention“ ein, um den von der EU eingeräumten Spielraum für anonymen Zahlungsverkehr im Internet zu nutzen.
Mit freundlichen Grüßen,


xxx für den
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung

Rückmeldungen

Hier die Auflistung der Rückmeldungen, die uns auf diese Kampagne erreichten (z.T. um formelle Anreden und inhaltsfreie Formalien gekürzt).

Hermann Otto Solms, FDP (8.9.2011)

Ich habe Ihre Ausführungen zum Thema "Vorratsdatenspeicherung von Zahlungsdaten im Gesetzesentwurf zur "Optimierung der Geldwäscheprävention" mit großen Interesse gelesen und Ihre Kritik zur Kenntnis genommen. Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Anregungen in meine künftigen Überlegungen mit einfließen werden.

Josef Winkler, Bündnis90/Grüne (26.9.2011)

Ich möchte Ihnen ausdrücklich zustimmen: Die Pläne der Bundesregierung zielen unserer Meinung nach auf eine völlig un Verhältnis mäßige Überwachung der gesamten Interne (Wirtschaft. Zudem gefährden sie den Wachstums markt entsprechender anonymer Zahlungsmodelle nachhaltig. Für die tatsächliche Verfolgung von Geldwäschern bringe das Vorhaben hingegen nichts. Stattdessen überzieht es selbst Kleinhändler mit bürokratischen Vorgaben. Darüber hinaus würden sich die Risiken des Datenmissbrauches für Nutzerinnen und Nutzer vervielfältigen. Wir werden uns für die Beibehaltung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen einsetzen.

Wolfgang Wieland, Bündnis90/Grüne (26.9.2011)

Wir haben Ihr Schreiben an das für dieser Gesetzentwurf federführende Büro des Abgeordneten Gerhard Schick sowie das mit dem Thema Datenschutz befasste Büro des Abgeordneten Konstantin von Netz weitergeleitet. Von diesem Büro gibt es bereits eine Stellungnahme zum Thema E-Geld. die Sie im Anhang finden. Ihre Argumente werden bei den weiteren Beratungen der Facharbeitskreise zur Kenntnis genommen.

Verweis auf die Pressemitteilung vom 16.9.2011

Klaus Brandner, SPD (23.9.2011)

Sie haben sich an meinen Kollegen Manfred Nink (MdB) mil einem Schreiben zum Gesetzentwurf zur "Optimierung der Geldwäschepravention" gewandt. Dieser Entwurf ist durch die Bundesregierung noch nicht in die Beratungen des Parlaments eingebracht worden. Eine Abstimmung der zuständigen Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion hat daher noch nicht stattfinden können. Ihre kritischen Anmerkungen habe ich weitergeleitet und bin sicher, dass diese, wie auch andere, in die Beratungen einfließen werden.

Christian Lindner, FDP (26.9.2011)

(...) bitte entschuldigen Sie unsere späte Rückmeldung auf Ihre Zuschrift. Ihre Bedenken haben wir an den finanzpolitischen Sprecher und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dr. Volker Wissing weitergereicht - er ist in der Sache zuständig und kann Ihnen deshalb besser als Christian Lindner Auskunft zu den einzelnen geplanten Maßnahmen geben.

Für eventuelle Rückfragen erreichen Sie sein Büro im Deutschen Bundestag unter der Rufnummer 030 - xxx.

Volker Wissing, FDP (18.10.2011)

Vielen Dank für Ihr an den Generalsekretär der FDP gerichtetes Schreibem vom 8. September 2011. Herr Lindner hat mich als finanzpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion gebeten, Ihnen zu antworten.

Der Regieningsentwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention ist derzeit in der parlamentarischen Beratung. Das von Ihnen aufgeworfene Problem der Beschränkung zur identifizioriuiyslrüiun Nutzung von Prepaid-Karten wird dabei intensiv geprüft werden. In der am 19. Oktober 201 1 geplanten Anhörung des Finanzausschusses wird die Branche dazu befragt werden.

Das Erfordernis der Identifikation besteht bei den meisten E-Geld-Produkten schon heute. Da persönliche Kontakte wie im Bargeldverkehr und Handel nicht bestehen, bedarf es hier besonderer Anforderungen, um eine effektive Kontrolle zu ermöglichen. Schon jetzt wird allerdings deutlich, dass anonymes Einkaufen im Internet weiterhin möglich sein wird. Es rauss gegenüber dem Händler oder sonstigen Anbietern keine Offonlegung der persönlichen Daten bei der Nutzung der Karle im Internet erfolgen. Offen ist allein die Frage, ob eine Identifikation beim Erwerb der Karten erforderlich ist und mit welchen Kosten hierbei zu rechnen ist. Die FDP wird möglichst unbürokratische Lösungen unterstützen, z.B. in dem die Freischaltung der Karten zentral erfolgen kann.

Ich würde mich freuen, wenn diese Informationen hilfreich für Sie wären.

Stephan Mayer, CSU (28.10.2011)

vorab möchte ich mich sehr herzlich für Ihr Schreiben vom 11. September 2011 bedanken, in dem Sie Bezug auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Optimierung der Geidwäscheprävention vom l7, August 2011 nehmen. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Der federführende Finanzausschuss hat am 19. Oktober 2011 bereits eine umfangreiche Anhörung durchgeführt, die Sie bei Interesse auch in der Mediathek auf den Webseiten des Deutschen Bundestages noch einmal nachverfolgen können.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt sich aus mehreren Teilbereichen der Geidwäscheprävention zusammen. Neben der Umsetzung von zwingenden europarechtlichen Vorgaben und Vorgaben der inter-gouvemeinentalen Financial Action Task Force (FATF), in der Deutschland Mitglied ist. sind in dem Gesetzentwurf auch einige Regelungen zum Bereich des sog. E-Geld enthalten.

Hinzu kommt, dass das Volumen des E-Geld-Bereichs zusammen mit der Bedeutung des Internets auch in den nächsten Jahren noch weiter rapide zunehmen wird. Es ist davon auszugehen, dass die bisher in Deutschland bewegten Volumina spätestens in vier Jahren die derzeitigen Volumina von Kreditkarten überholt haben werden. Aus meiner Sicht ist es daher nur konsequent, dass auch der Bereich des E-Geldes in das aktuelle Gesetzgebungsverfahren mit einbezogen wird und Regeln aufgestellt werden, die einen zukünftigen Missbrauch in erheblicher Weise erschweren. Wie diese Regelungen im Einzelnen aussehen werden, wird Gegenstand der bevorstehenden parlamentarischen Verhandlungen sein. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich diesen nicht vorgreifen kann.

Britta Haßelmann, Bündnis90/Grüne (31.10.2011)

(...) vielen Dank für Ihren Hinweis auf die geplanten Änderungen der Geldwäschebestimmungen. Auch wir sehen die Novelle im Hinblick auf die allgemeine Identifizierungspflicht bis hin zu Geldkartenerwerbern bei Kleinstbeträgen kritisch. Wir haben uns dementsprechend öffentlich kritisch positioniert. Die jüngst im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages durchgeführte Anhörung zum vorgelegten Gesetzentwurf erbrachte hinsichtlich der verfassungsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bedenken ebenfalls überwiegend kritische Stellungnahmen.

Gleichzeitig nehmen wir mit Besorgnis die von unterschiedlichen Stellen beschriebenen, wachsenden Möglichkeiten der Geldwäsche zur Kenntnis. Geldwäsche muss effektiv bekämpft werden, weil sie zum Beispiel Waffenexporte und Menschenhandel ermöglicht.

Da Internet-Nutzern jedoch ihre Bürgerrechte, ihre Freiheit und Privatsphäre belassen werden müssen, bleibt es beim grünen Grundsatz, wonach strikte Verhältnismäßigkeit die Zulässigkeit gesetzlicher Beschränkungen von Grundrechten beschränkt. In der nächsten Sitzungswoche, ab dem 7.11.2011, wird das Thema voraussichtlich am Donnerstagabend im Plenum diskutiert.

Andreas Lämmel, CDU (30.11.2011)

(...)

Deutschland ist als Mitglied der „Financial Action Task Force on Money Laundering" verpflichtet, bestimmte Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche einzuführen. Weiterhin ist auch die Dritte EG-Geldwäscherichtlinie noch nicht in vollständig in nationales Recht überführt. Die Bundesregierung hat daher zur Umsetzung der genannten Vorgaben einen Gesetzentwurf vorgelegt.

In den parlamentarischen Beratungen haben die Koalitionsfraktionen verschiedene Änderungsanträge in den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages eingebracht. Ein Änderungsantrag sieht vor, beim Vertrieb von elektronischem Geld (z. B. Prepaid-Karten) durch selbständige Dritte wie etwa Kioske, Tankstellen oder Supermärkte, eine Bagatellgrenze einzuziehen. Bei Beträgen von 100 € oder weniger sollen E-Geld-Agenten von der Erfüllung der Identifizierungspflicht für die E-Geld-Produkte absehen können. Nach bisher geltender Rechtslage ist eine Registrierung unabhängig vom E-Geldbetrag zwingend.

Die Beratungen im Parlament zielen auf einen Kompromiss, einerseits die strengen europäischen und internationalen Vorgaben zur Bekämpfung der Geldwäsche umzusetzen und andererseits aber den Aufwand für die Branchen, die ein geringeres Geldwäscherisiko aufweisen, in erträglichen Grenzen zu halten sowie den Anliegen des Datenschutzes gerecht zu werden. Gerade die Bagatellgrenze von 100 € bei elektronischen Geldbeträgen verdeutlicht dies.

Für einen weiteren Austausch stehe ich gern zur Verfügung,

(...)

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