Arbeitnehmerdatenschutz

Aus Freiheit statt Angst!
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Historie

  • 1984
Schon Norbert Blüm hatte als Bundesarbeitsminister einen, wie er sagte, fertigen Entwurf "fast 16 Jahre in der Schublade liegen", konnte ihn aber gegenüber den Interessen der Wirtschaft nicht durchsetzen.
  • In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung von 1998 steht
"Effektiver Datenschutz im öffentlichen und privaten Bereich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokratische und verantwortbare Informationsgesellschaft". Die Koalitionsparteien sind sich einig innerhalb der Legislaturperiode ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auf den Weg zu bringen.
  • Beschluss des DGB-Bundesvorstandes vom 7.9.99
Der DGB-Bundesvorstand beschließt die Eckpunkte des DGB zum Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
  • In einem am 17. Februar 2005 getroffenen Beschluss
bedauerte der Deutsche Bundestag, dass "eine gesetzliche Regelung des Arbeitnehmerdatenschutzes trotz mehrfacher Aufforderungen und entsprechender Zusagen der Bundesregierung noch immer nicht erfolgt ist." Der Bundestag hält ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz insbesondere im Hinblick auf die elektronische Kommunikation (Internet, E-Mail) und die damit einhergehenden Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers für erforderlich.
  • Nach einer langen Reihe von Skandalen in 2008 und 2009
lädt Bundesinnenminister Schäuble im Februar 2009 zu einem Arbeitstreffen ein. Ergebnis: Zwar soll es ein Gesetz zum Datenschutz von Arbeitnehmern geben, aber erst nach der Bundestagswahl.
  • Eine Erweiterung des Bundesdatenschutzgesetzes am 3.7.2009
reformiert unter anderem auch den § 32 BDSG, der den Beschäftigtendatenschutz verbessern soll. Die Regelung bleibt jedoch knapp und geht nicht detailiert auf die verschiedensten Rechtssprechungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein.
  • Am 27.11.2009 (zwei Monate nach der Bundestagswahl) legt die SPD einen Gesetzetwurf vor...
... natürlich in dem Wissen, dass dieser keine Chance hat, von der frisch gewählten CDU-FDP-Regierung angenommen zu werden.
  • Am 28.5.2010 legt der Bundesinnenminister Thomas de Maizière einen Referententwurf vor,
der den Paragraphen 32 des BDSG wesentlich erweitern soll. Die Veröffentlichung erfolgt erst nach tagelanger vorheriger Diskussion und Mutmaßungen über die Details des Entwurfs. Der Text erfährt reichhaltige Kritik; so zeigt die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) in einem Positionspapier mehrfach die Verfassungswidrigkeit des Entwurfes auf.
  • In der Folge
legen auch DGB und die Grünen jeweils eigene Entwürfe für ein eigenes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz vor.
  • Recht überraschend am 23.8.2010
verkündet die CDU-FDP-Regierungskoalition eine Einigung zum Gesetzentwurf der Erweiterung des BDSG. Nachdem der Entwurf zunächst nur großen Tageszeitungen sowie Radio- und Fernsehsendern vorliegt wurde er mit der Verabschiedung im Bundeskabinett am 25.8.2010 veröffentlicht.

Was geht das den AK Vorrat an? (Stand 2009)

Ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz soll in Ergänzung zum (verbesserungswürdigen) BDSG den Datenschutz im Betrieb stärken (Inhalte s.u.). Auf dem letzten Treffen des DGB zu diesem Thema am 13.11.08 hat sich gezeigt, dass die Akteure in wichtigen Schnittmengen unsere Partner sind:

  • Lothar Schröder, AN-Aufsichtsrat bei Telekom, hat bitter über die Vorratsdatenspeicherung geklagt. Die Klage von ver.di gegen die VDS ist zu großen Teilen auf das Vorgehen der Telekom gegen ihn u.a. zurückzuführen.
  • Peter Wedde, der Datenschutzpapst in der BRD neben Spiros Simitis, hat den Datenmissbrauch in der Privatwirtschaft auch damit begründet, dass der Staat dies vormacht. Er hat VDS, Online-Durchsuchung und BKA Gesetz eindeutig als verfassungswidrige Maßnahmen bezeichnet.
  • Peter Schaar, Bundes-DSB, hat gesagt, dass die Überwachung in der Arbeitswelt an Sklaverei erinnert und nicht mehr mit der Menschenwürde vereinbar sei.
  • Ingrid Sehrbrock, DGB-Vize und CDU Mitglied, hat die Datensammlungen durch ELENA und die elektronische Gesundheitskarte verurteilt. Sie sieht jetzt nach den T- und Lidl-Skandalen ein (kleines) Zeitfenster für parlamentarische Initiativen zu einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.
  • Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) und Forum InformatIkerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) fordern schon seit geraumer Zeit ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz

Möglicher Inhalt eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes (Ideensammlung Stand 2009)

  • Daten über einen Arbeitsplatzbewerber dürfen nur bei dem Betroffenen oder nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung bei Dritten erhoben werden
  • die Genomanalyse, die Daten über zukünftige Erbkrankheiten und Anfälligkeiten liefern könnte, darf bei Einstellungsuntersuchungen nicht verwendet werden
  • Daten von Arbeitsplatzbewerbern sind umgehend zu löschen, sobald es nicht zur Einstellung kommt
  • Daten aus graphologischen Untersuchungen dürfen nicht verwendet werden
  • ehrverletzende und grob unsachliche Werturteile über ArbeitnehmerInnen dürfen nicht erhoben, verarbeitet und genutzt werden
  • Daten von Beschäftigten, die zugleich Kundendaten sind, werden strikt getrennt und es findet keine Vermengung der Daten statt,
  • Auswertungen sind unzulässig , die darauf zielen, ein Gesamtbild einer Persönlichkeit zu erstellen,
  • aus Gründen der Transparenz sind Arbeitnehmer umfassend darüber zu informieren, welche Daten zu welcher Zeit, auf welche Weise und zu welchem Zweck über sie erhoben sowie in welcher Art und Weise ausgewertet werden. Dies muss umfassende Auskunfts- und Einsichtsrechte des Arbeitnehmers einschließen.
  • dass, die Gestaltung und Auswahl technischer Einrichtungen sich an dem Ziel orientiert, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verwenden,
  • dass, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Personaldaten dem Prinzip der strengen Erforderlichkeit folgt und Sinn- und Zweckveränderungen verboten sind,
  • Nutzung von (privater) E-Mail und Internetdiensten am Arbeitsplatz,
  • unüberwachte elektronische Kommunikation des Arbeitnehmers mit dem Betriebs- und Personalrat
  • Klagen nicht nur durch Einzelne wie im BDSG möglich sind (da diese um Arbeitsplatz fürchten)
  • Verfahren für wirkliche freiwillige Einwilligung (BDSG §4a) definieren,
  • zu regeln und zu beschränken sind der Einsatz bekannter und neuer Überwachungstechniken wie Video, RFID, biometrischer Daten, und GPS-Lokalisierungsanwendungen
  • zu regeln und zu beschränken ist auch die Zulässigkeit der Weitergabe von Mitarbeiterdaten im Unternehmensverbund,
  • die Arbeitnehmerdatenverarbeitung wird den Prinzipien der verschuldensunabhängigen Haftung entsprechend § 7 BDSG unterworfen,
  • die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten werden über BDSG auch mit Hinblick auf den Arbeitnehmerdatenschutz wahrgenommen und Beanstandungen des Datenschutzbeauftragten führen zur Abänderung,

Links

Allgemein

Materialien

Informationen der Arbeitnehmerorganisationen

Siehe auch

  • Informationen zum elektronischen Entgeltnachweis ELENA

Einzelne Vorfälle

Rechtssprechung

  • Videoüberwachung im Betrieb: Die mit der elektronischen Datenverarbeitung grundsätzlich verbundenen technischen Möglichkeiten, Einzelangaben über eine Person unbegrenzt zu speichern sowie jederzeit abzurufen, sind geeignet, bei den betroffenen Personen einen psychischen Anpassungsdruck zu erzeugen, durch den sie in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt werden. - Bundesarbeitsgerichts-Beschluss 1 ABR 16/ 07 vom 26.8.2008
  • GPS-Überwachung am Arbeitsplatz: LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2002, 5 Sa 59/00