Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Arbeitskreis erwartet schrittweisen Kollaps der verfassungswidrigen Vorratsdatenspeicherung

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(veröffentlich am 06.11.2008)

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den staatlichen Zugriff auf gespeicherte Telekommunikationsdaten weiter einzuschränken. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom März und Oktober dieses Jahres sind wir zuversichtlich, dass die exzessive Totalspeicherung unserer Verbindungs-, Standort- und Internetdaten auch weiterhin schrittweise in sich zusammen fallen wird.

2009 erwarten wir die Nichtigerklärung der mit Zustimmung von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) beschlossenen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof. Falls nicht schon die auf formelle Gründe gestützte irische Klage Erfolg hat, wird eine weitere Vorlage durch ein Gericht die Unvereinbarkeit der anlasslosen Totaldatenspeicherung mit den Grundrechten erweisen. Die Nichtigerklärung der EG-Richtlinie wird sodann den Weg frei machen für die Aufhebung des verfassungswidrigen deutschen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht.

Nach dem heute veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts[1] wird unsere Nutzung von Telefon und Handy, ab 2009 auch von E-Mail, Anonymisierungsdiensten und Internet bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin ohne Anlass protokolliert. Jedoch ist die Herausgabe der anlasslos gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten einstweilen nur unter engeren Voraussetzungen zulässig als von Bundestag und den Landtagen in Bayern und Thüringen gewollt.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat am 23.10.2008 alle Anbieter von Telefon-, Handy-, Internet-, E-Mail- und Anonymisierungsdiensten aufgerufen, dem Beispiel der British Telecom zu folgen, die Vorratsdatenspeicherung zu boykottieren und erforderlichenfalls gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen.[2] Dieser Weg steht weiterhin offen. Zur Abwendung einer Klagewelle vor dem Verwaltungsgericht Berlin fordern wir die Bundesnetzagentur auf, sich freiwillig zu verpflichten, keine Maßnahmen bei Nichtumsetzung der Vorratdatenspeicherung einzuleiten. Von Union und SPD fordern wir, die völlig unverhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung nun endlich per Gesetz aufzuheben.

Hintergrund:

Einem im November 2007 von SPD, CDU und CSU beschlossenen Gesetz zufolge müssen seit 2008 verdachtslos Daten über die Telekommunikation der gesamten Bevölkerung protokolliert werden. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das trotz massiver Proteste beschlossene Gesetz initiiert. Mit über 34.000 Bürgerinnen und Bürgern als Beschwerdeführer ist es die größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik.

Fußnoten:

1. http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20081028_1bvr025608.html 2. http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/270/55/

Der heute veröffentlichte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20081028_1bvr025608.html

Der Antrag, dem teilweise stattgegeben wurde: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/schriftsatz_2008-08-13.pdf