Endspurt/München/Reden

Aus Freiheit statt Angst!
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Reden, die bei der Demonstration "Freiheit Statt Angst - für Grundrechte, gegen Überwachungsstaat" am 06.11.2007 in München gehalten wurden.

ValiDOM

Freiheit Statt Angst!

Liebe Freunde und Freundinnen, interessierte Gäste, liebe Polizisten und Staatsdiener mit Mikrofon und Kamera,

zuerst einmal möchte ich Euch allen Danken, dass Ihr gekommen seid! Zusammen mit 40 anderen Städten stehen wir hier um unsere Bürgerrechte zu verteidigen!

Viele neue Befugnisse für die Sicherheitskräfte plant unser Innenminister Schäuble. Neben Themen wie der Onlinedurchsuchung und Mautdatenverwendung, ist das aktuelle Thema die Vorratsdatenspeicherung.

Der Bundestag will am Freitag über ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. abstimmen. Erst morgen wird es noch mal im Innenausschuss beraten, und soll dann ganz schnell durchgeboxt werden.

Um zu Zeigen, dass wir damit nicht einverstanden sind haben wir uns hier versammelt.

Vorratsdatenspeicherung – nun, darunter versteht man die gesetzliche Verpflichtung für alle Telefon-, Internet- und E-Mail-Anbieter, grundsätzlich alle Verbindungsdaten für sechs Monate zu speichern. Bisher war das explizit verboten, solange die Daten nicht für die Abrechnung benötigt wurden. Nun wird eine Kehrtwende vollzogen und diese Daten müssen gespeichert und den Behörden zugänglich gemacht werden.

Was heisst das denn im Klartext? In Zukunft soll gespeichert und den Behörden zur Verfügung gestellt werden:

  • Wann hat wer, mit wem, wie lange telefoniert?
  • Wenn Ihr mit dem Handy telefoniert soll auch gepspeichert werden, wann Ihr mit wem wie lange VON WO aus telefoniert.

Weiter soll gespeichert werden

  • Wer hat wem wann eine SMS geschickt?
  • Wann hat sich wer mit welcher Internet-Addresse von wo wie lange ins Internet eingewählt?
  • Wer hat wann, wem, welche E-Mail geschickt?

Das macht es einfach, von Euch, von jedem hier, Personenprofile anzulegen. Auf Vorrat, ohne Verdacht auf kriminelles Verhalten, jeden Bürger, 83 Millionen, einfach so.

Nun, was hat das für Auswirkungen? Wenn ihr nächstes Jahr, ab dann soll dieses Gesetz gelten, einen Rechtsanwalt, Euren Arzt, Psychologen, von mir aus Pfarrer, Drogenberater, oder einen Journalisten kontaktiert - dann wird das gespeichert.

Man darf nicht vergessen: das alles sind Vertrauensberufe. Die unterliegen der Schweigepflicht oder denen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht in Gerichtsprozessen zu. NOCH ist das so. Denn im Gesetzesvorhaben ist keine Rede von richtigen Ausnahmen für diese Berufe!

Obwohl unser Innenminister Schäuble das eventuell etwas anders sieht, gilt in Deutschland, dass man unschuldig ist bis das Gegenteil bewiesen wurde.

Aber genau diese Unschuldsvermutung wird mit einer solchen Verpflichtung für die Telekommunikationsanbieter umgedreht.

Ihr alle werdet dann zu einem potenziellem Terrorist ! Bis die Daten das Gegenteil beweisen. Denn genau so wird das Gesetz begründet: Terrorabwehr. Es sollen also 83 Millionen Menschen auf ihre Privatsphäre und in manchen Fällen sogar auf ihre Schweigepflicht verzichten, um den Terror in Deutschland zu bekämpfen? Wenn ich die Frage mal laut stellen darf: Welcher Terror denn, hier in Deutschland?

Wenn man diese Frage unseren Politikern stellt, wird irgendwer auch antworten, dass diese Demo, Ihr, die Bürger, Friedensaktivisten, Humanisten, ja Demokratie- und Grundrechtsfreunde allesamt Terroristen seid oder diesen, direkt oder indirekt, unterstützen würdet.

Die Frage, was hier in Deutchland Terror ist lässt sich beantworten: 'Angst ist der Terror, der von der Regierung geschürt wird. Ich sage dazu: NEIN, FREIHEIT STATT ANGST!

Benjamin Franklin hat einmal gesagt, wer Freiheiten aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit. Lasst uns das den Politikern ins Gedächtnis rufen!

Bald sollen Verbindungsdaten von Handy, Telefon und Internet sechs Monate auf Vorrat von jedem gespeichert werden. Schon jetzt kann man vorhersehen, dass diese Daten dann nicht nur für die sogenannte Terrorismusbekämpfung verwendet werden

Es wurde schon erweitert auf alle möglichen Straftaten die „mittels Telekommunikation“ begangen wurden - oder begangen worden sein könnten. Kurz gesagt: eigentlich alle Straftaten...

Wenn ein Bürger um seine Grundrechte weis, dann kann er sie auch in Anspruch nehmen. Weiß jemand aber, dass Ihm persönlich dadurch Nachteile entstehen werden, wird dieser Bürger mit Sicherheit dieses Recht nicht mehr nutzen. Dabei sind diese so Grundlegend : Recht auf freie Meinungsäußerung, Recht auf Bewegungsfreiheit und Freiheit der persönlichen Entfaltung, bis hin zur Pressefreiheit und informationellen Selbstbestimmung.

Wird also jeder Bürger pauschal auf Vorrat überwacht, werden viele zum Beispiel Ihr Recht auf freie Meinungsäußerung noch weniger in Anspruch nehmen als sie es heute tun.

Was dadurch entsteht ist eine Gesellschaft des Schweigens, des stillen Hinnehmens allem was da kommen mag.

So eine Gesellschaft hatten wir in unserer Geschichte schon zwei mal. Eine davon haben wir vor 17 Jahren abgeschafft. Und es tut mir leid sagen zu müssen, dass ich die Stasi wiederkommen sehe - Stais 2.0, reloaded - sozusagen.

Ich für mich persönlich sage: das will ich nicht! Ich will FREI sein, ich will hier stehen können, OHNE befürchten zu müssen dass ich ab sofort überwacht werde. Ich will kommunizieren können mit Euch, mit meinen Freunden und Verwandten - ohne das Gefühl, jemand wird das speichern.

Wenn mich jemand fragt, was mir lieber ist: absolute Sicherheit oder Freiheit – dann sage ich wie Adenauer: „Wir wählen die Freiheit!“

Ich bin in keinem politischen Verein. In keiner Partei. Und trotzdem stehe ich wie ihr hier und demonstriere für die Erhaltung unserer Grundrechte! Tausende stehen jetzt in über 40 Städten auf einmal auf der Straße und tuen das gleiche wie wir hier! Wir zeigen den Politikern wer ihre Arbeitgeber sind! WIR! Und wir sagen: FREIHEIT STATT ANGST!

Der Staat muss vor seinen Bürgern gläsern werden, nicht die Bürger vor Ihrem Staate! Frau Merkel, machen Sie Ihrem Satz „Lasst uns mehr Freiheit wagen“ wahr!

Vielen Dank.

EnIemA

Nun müssen wir aber zusehen, wie diese Rechte Stück für Stück aufgehoben werden. Ein Beispiel dafür ist die Vorratsdatenspeicherung. Mit der Vorratsdatenspeicherung wird von jedem Bürger in der Bundesrepublik Deutschland Daten über das Telekommunikationsverhaltens gespeichert. Das bedeutet, jeder Anruf, egal ob Telefon oder Handy, wird notiert und für sechs Monate gespeichert. Damit greift der Staat ohne einen Verdachtsmoment in das Privatleben der Bürger ein. Die berufliche Aktivität wird eingeschränkt, der Terrorismus bzw. Kriminelle Fälle werden nicht bekämpft, Wirtschaft und Verbraucher werden mit zusätzlichen Kosten belastet. Das Telefon wird gegenüber der Post diskriminiert oder kommt vielleicht demnächst ein Gesetz der regelt, wer wem einen Brief sendet? (Eine Rhetorische Frage^^)

Das recht auf Privatsphäre wird verletzt und ist daher verfassungswidrig. In GG der BRD ist in Artikel 10 geregelt: „Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich“. Sehr geehrte Damen und Herren, der Staat stellt sich über das Grundgesetz. Es ist gut, dass wir heute da sind. Wir können stolz sein, das wir uns rausstellen und zeigen „WIR WOLLEN DAS NICHT“. Dieses Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung muss weg!

Judith Greif

FREIHEIT STATT ANGST! Terroristische Anschläge sind eine schlimme und gefährliche Sache. Aber ist es weniger schlimm, ist es weniger gefährlich, mit der Angst der Bürgerinnen und Bürger zu spielen und sie auszunutzen?

Der 11. September 2001 war ein gefundenes Fressen für drei Brüder im Geiste: Schily, Schäuble und Beckstein! Endlich war eine Gefahr gefunden, mit der sich alles begründen lässt, was drei Brüder im Geiste von langer Hand geplant hatten: der internationale Terrorismus! Wir sind heute hier, um dem Sicherheitswahn Einhalt zu gebieten, der von Schily begonnen wurde, vom paranoiden Bundesinnenminister Schäuble und vom neuen bayerischen Ministerpräsidenten Beckstein munter fortgesetzt wird.

Zahlreiche Maßnahmen haben die drei Brüder bereits auf den Weg gebracht, zum Teil still und heimlich, um den Weg frei zu machen für die gläserne Bürgerin, den gläsernen Bürger: Fluggastdaten mit den USA werden ausgetauscht, der biometrische Pass ist beschlossene Sache, die Online-Durchsuchung ist in Planung (Stichwort „Bundestrojaner“), ständig neue Videokameras im öffentlichen Raum, Einsatz der Bundewehr im Inneren! Der neueste Plan: Still und heimlich sollte das Gesetz verabschiedet werden zur totalen Protokollierung der Telekommunikation! Noch 3 Tage bis zur Abstimmung im Deutschen Bundestag, noch 56 Tage, bis das Gesetz in Kraft treten soll! Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung von Telefon, Handykommunikation und E-Mails stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht: Die Unschuldsvermutung der deutschen Rechtsprechung wird ausgehöhlt, das Grundrecht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung wird ad absurdum geführt.

Und das Absurdeste daran: Die Telefondienstleister sollen verpflichtet werden, die Speicherung der Unmengen an Daten selbst zu garantieren. Das macht schließlich nicht das Bundesinnenministerium oder die bayerische Staatsregierung - und bestimmt wird auch nicht die Telekom oder Vodafone auf den Kosten sitzen bleiben: Die Bürgerinnen und Bürger haben am Ende den doppelten Schaden - überwacht von vorne bis hinten, und dann auch noch in Rechnung gestellt von ihren Telefonanbietern!

Dabei haben die drei Brüder im Geiste (Schily, Schäuble, Beckstein) noch nicht einmal eine Ahnung von der Materie: Wie soll es möglich sein, den E-Mailverkehr zu protokollieren ohne die Gefahr des Missbrauchs? Wie soll es möglich sein, SMS zu speichern, ohne dabei den Inhalt zu übertragen? Wie soll es möglich sein, die Daten vor Missbrauch zu schützen, wenn die drei Brüder im Geiste keine Ahnung davon haben, wie die Speicherung eigentlich funktioniert und dass sie quasi zum Missbrauch einlädt? Wie soll es möglich sein, Missbrauch durch die Anbieter selbst zu verhindern? Wie soll es möglich sein, diese Unmengen an Daten überhaupt sinnvoll auszuwerten? Aber der Bundesinnenminister oder der bayerische Ministerpräsident sind ja auch keine Informatiker...

Außerdem versucht man, uns für dumm zu verkaufen: Die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich ein Terroranschlag verhindert werden kann, ist winzig! Da sollten wir lieber erst einmal unsere Atomkraftwerke still legen. Die Vorratsdatenspeicherung dient nicht unserer Sicherheit, sie dient unserer Überwachung!

Dieses Mal machen wir nicht mit, dieses Mal lassen wir uns nicht instrumentalisieren! Die Grüne Jugend München steht auf, zusammen mit den Gegnerinnen und Gegnern der Vorratsdatenspeicherung: FREIHEIT STATT ANGST!

(Judith Greif, Grüne Jugend München)

Jimmy Schulz

(Jimmy Schulz. FDP)