Position von Dr. Bijan Djir-Sarai

Aus Freiheit statt Angst!
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20.03.2010

Anschreiben

Sehr geehrter Herr Dr. Djir-Sarai,

nachdem das BvG das derzeitige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben hat, häufen sich die Stimmen, die für die Verabschiedung eines überarbeiteten Gesetzes zur Umsetzung der umstrittenen EU-Richtlinie sprechen. Gerne wird dabei argumentiert, dass die Daten zum Schutz der Bürger vor schweren Verbrechen verwendet werden. Schützen kann man aber nur durch die Verhinderung von Straftaten. Prävention ist also der einzig sinnvolle Schutz vor Verbrechen. Wenn es darum geht, ob ein neues Gesetz zur Vorratsdatensopeicherung eingeführt werden soll, stellen Sie sich zwei Fragen: 1) Wie viele schwere Straftaten wurden bisher durch die Vorratsdatenspeicherung verhindert? 2) Ist das Ergebnis einen schweren Eingriff in die Grundrechte der Deutschen wert?

Sollten Sie 2) mit ja beantworten, so lassen Sie mich doch bitte Ihre Gründe dafür wissen. Ansonsten stimmen Sie bitte gegen ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und setzen sich für die Abschaffung der EU-Richtlinie ein!

Ceterum censeo Elenam esse delendam.

Mit freundlichen Grüßen,

Antwort

Sehr geehrter Herr [...],

vielen Dank für Ihr Schreiben zur Vorratsdatenspeicherung.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat die Vorratsdatenspeicherung stets abgelehnt. Sie hat daher im Bundestag gegen das von der schwarz-roten Regierungskoalition in der vergangenen Legislaturperiode beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Ebenso hat sich die FDP schon frühzeitig dafür stark gemacht, dass die Bundesregierung in Brüssel eine entsprechenden Richtlinie ablehnt. Dennoch hat die damalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) der Richtlinie im Rat zugestimmt.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits deutlich erklärt, dass es nun keinen Automatismus für eine schnellstmögliche Umsetzung des geltenden EU-Rechts bis an die vom Bundesverfassungsgericht gezogenen äußersten Grenzen des Grundgesetzes gibt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die rote Linie aufgezeigt. Diese letzte Grenze darf aber nicht die Richtschnur für die Gesetzgebung sein, sondern Richtschnur muss die Achtung der Grundrechte in größtmöglichem Maße sein. Die FDP-Bundestagsfraktion wird nur eine Politik mittragen, die sich daran orientiert, Gesetze möglichst grundrechtsfreundlich zu gestalten. Einer Politik, die sich daran orientiert, bis zur gerade eben noch möglichen verfassungsrechtlichen Grenze -- und oft genug darüber hinaus -- zu gehen, findet hingegen nicht unsere Zustimmung.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung, das auch die Klägerinnen und Kläger aus den Reihen der FDP-Bundestagsfraktion wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms oder Johannes Vogel, erstritten haben, gibt Anlass, nun erst recht die Forderung der FDP aus dem Bundestagswahlprogramm umzusetzen, und auf europäischer Ebene eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen. Die Grundrechte, die in Europa mit dem Vertrag von Lissabon gestärkt wurden, können auch auf EU-Ebene nicht unberücksichtigt bleiben. Vielmehr muss die Vorratsdaten-Richtlinie jetzt umgehend auf den Prüfstand, zumal acht Mitgliedsstaaten diese ohnehin noch nicht umgesetzt haben. Wir begrüßen daher die Ankündigung der EU-Kommissarin Cecilia Malmström, dass die Kommission diese Prüfung umgehen angehen werde.

Darüber hinaus muss auf nationaler Ebene auch bei einer Umsetzung zwingenden europäischen Rechts genau geprüft werden, in welchem Rahmen eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt noch möglich sein kann, ohne das Grundgesetz zu verletzen. Hier muss über die Erhebung und Speicherung ebenso wie über die Frage der Nutzung wofür und durch wen genau beraten werden. Auch muss die Sicherheit von Daten, sofern diese überhaupt erhoben werden, gewährleistet sein; dies hat das Bundesverfassungsgericht deutlich klargestellt.

Das Urteil gibt zudem Anlass, auch andere Datenspeicherungen auf den Prüfstand zu stellen. Zudem muss gerade der Aspekt der Datensicherheit bei jeglichen Datensammlungen, insbesondere bei solchen, die staatlich veranlasst oder durchgeführt werden, beachtet werden. Dies bedeutet, dass unter beiden Gesichtspunkten beispielsweise der Elektronische Entgeltnachweise (ELENA) oder die Fluggastdatenübermittlung einer neuerlichen Prüfung bedürfen. Die von der FDP-Bundestagsfraktion in diesem Zusammenhang schon in der Vergangenheit geäußerten Bedenken sind durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gestärkt worden.

Sie können daher gewiss sein, dass die FDP-Bundestagsfraktion -- wie schon mehrfach öffentlich deutlich gemacht -- Ihr Anliegen, den Datenschutz in Deutschland zu stärken und eine grundrechtsfreundliche Politik umzusetzen, teilt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bijan Djir-Sarai MdB i.A.

Platz der Republik 1 11011 Berlin

Tel: 030 -- 227 726 26 fax: 030 -- 227 769 26 <enkode>bijan.djir-sarai@bundestag.de</enkode>