Ortsgruppen/Braunschweig/Vordemo in Braunschweig 2008-09-27/Presse-Mitteilung

Aus Freiheit statt Angst!
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Die Mitteilung ist noch nicht zur Veröffentlichung geeignet. Sie wird spätestens am 25.08.08 fertiggestellt und versendet.


Pressemitteilung des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Ortsgruppe Braunschweig

Braunschweiger Datenschützer rund um den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung rufen zur Teilnahme an einer Demonstration gegen ausufernde Überwachung und Datenmissbrauch durch Wirtschaft und Staat auf. Am 27.09. gehen in Braunschweig erneut Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ auf die Straße. Treffpunkt für den friedlichen Protest ist vor den Schlossarkaden um 15.00 Uhr. Dort soll auch für die Teilnahme an der bundesweiten Großdemonstration am 11. Oktober in Berlin geworben werden.

Aus Sicht der Bürgerrechtler hat sich erst kürzlich gezeigt, wie wichtig Datenschutz im Digitalen Zeitalter ist. Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen gelang es, in einem Testkauf für nur 850 Euro 6 Millionen Kundendaten mit insgesamt 4 Millionen Kontodaten zu erwerben.

“Dass viele dieser Daten aus den Beständen der staatlichen Lotterien NKL und SKL stammen, stimmt mich besonders nachdenklich.”, so Fabio Reinhardt, Datenschutzreferent des AStA der TU Braunschweig und Mitorganisator der Demonstration. “Hier, wie auch im Fall der öffentlich zugänglichen Meldedaten vor wenigen Monaten, zeigt sich, dass auch staatliche Stellen nicht für einen angemessenen Schutz der Daten sorgen können. Der einzig sichere Schutz vor Datenklau und Missbrauch bleibt, diese gar nicht erst zu speichern.”

Angesichts immer stärker wachsenden Datenberge in der Wirtschaft, aber auch beim Staat, sei dringend ein Umdenken erforderlich. Die Zeiten der Karteikärtchen und Papierakten seien vorbei. Mit der zunehmenden Vernetzung der vorhandenen Datenbestände ergäben sich schon heute detaillierte Einzelprofile – Der normale Bürger könne schon längst nicht mehr überblicken, wer was über ihn gespeichert hat. Das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung sei zu einer Farce verkommen. Fabio Reinhardt kritisiert: “Es mangelt mittlerweile einfach an einem Grundrechtsbewusstsein in weiten Teilen von Politik und Wirtschaft. Aktuell übertrumpfen sich die Regierungsparteien mit Vorschlägen, wie der Datenmissbrauch in der Privatwirtschaft eingedämmt werden kann. Staatliche Datensammlungen hingegen seien absolut sicher.”

Die Bürgerinitiative verweist auf Großbritannien, das weltweit als Vorreiter in Sachen Überwachung und Datenspeicherung gilt. Die häufigen Datenpannen zeigten, dass mit zunehmender Datenspeicherung auch die Gefahr von Missbrauch und Datenverlusten steige. Beispielsweise gingen erst vor Kurzem versehentlich die Daten von 25 Millionen Briten aus 7,5 Millionen Haushalte mit Kindergeldbezügen verloren. Die deutschen Innenpolitiker seien scheinbar nicht bereit, aus diesen massiven Fehlern zu lernen und ließen sich auch durch die jüngsten Skandale in Deutschland nicht entmutigen, staatliche Datensammlungs- und Überwachungsprojekte voranzutreiben, so Reinhardt. Dabei hätten Studien gezeigt, dass es in Großbritannien trotz stärkerer Überwachung nicht sicherer sei als in Deutschland.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält besonders die Vorratsdatenspeicherung für fragwürdig. Die darin vorgesehene sechsmonatige Vorhaltung des gesamten Telekommunikationsverhaltens stelle alle Bürger unter Generalverdacht. Weiterhin kritisiert er die Ausweitung der Kompetenzen des Bundeskriminalamtes (BKA), das geplante zentrale Melderegister und die einheitliche SteuerID.

“Gerade die neue SteuerID führt zu einer ernsthaften Gefährdung unserer Grundrechte. Sie wird derzeit an alle Bürgerinnen und Bürger verteilt.” Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die SteuerID mit anderen gespeicherten Daten vernetzt werde und so ein genaues Profil eines jeden Bürgers möglich würde. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits 1969 geurteilt, dass die zwangsweise Erfassung und Katalogisierung eines Menschen nicht verfassungsgemäß ist. Wer einem Menschen eine Nummer zuweise, degradiere ihn zu einem bloßen Objekt im Staat, so das Bundesverfassungsgericht.

Gegen diese und weitere Vorhaben regt sich immer größerer Protest. Björn Willenberg vom AK Vorrat Braunschweig: "Unsere letzte Demonstration im Mai hat schon sehr viele Bürgerinnen und Bürger erreicht. Die Gefährdung von Datenschutz und Grundrechten rücken mit den jüngsten Datenskandalen immer mehr in die Öffentlichkeit. Wir rechnen daher auf der Demonstration mit etwa 700 Teilnehmern, eventuell ist aber auch noch mehr drin!"


Kurzinfo: Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung wurde am November 2007 auf der Grundlage einer EU-Richtline beschlossen. Seit Anfang 2008 ist nachvollziehbar, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS wird auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten. Gegen die Vorratsdatenspeicherung wurden mehrere Verfassungsbeschwerden eingelegt, unter anderem eine Sammelklage des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung mit über 34.000 Klägern. Im März beschränkte das Bundesverfassungsgericht in einer Eilentscheidung den Zugriff auf die Daten, dieser ist seitdem nur bei einem Verdacht auf schwere Straftaten möglich.

Kurzinfo: SteuerID

Die neue Steuer-Identifikationsnummer wurde zum 1. Juli 2007 eingeführt. Sie gilt für jeden Bundesbürger ab der Geburt. Zu der Identifikationsnummer werden Name, Anschrift, Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt gespeichert. Die SteuerID soll mit dem geplanten Bundesmelderegister verknüpft werden. Bürgerrechtler kritisieren, dass es sich um eine sogenannte Personenkennziffer handele und damit verfassungswidrig sei. Die Humanistische Union strengt derzeit eine Musterklage an.

Kurzinfo: BKA-Gesetz

Das neue BKA-Gesetz soll es dem Bundeskriminalamt erlauben, präventive Ermittlungen ohne konkreten Tatverdacht durchzuführen. Weiterhin sollen Rasterfahndung, der Einsatz von verdeckten Ermittlern, Videoüberwachung des Wohnraums sowie der große Lauschangriff ermöglicht werden. Auch Unbeteiligte dürften abgehört werden, wenn sich Verdächtige oder “Gefährder” dort aufhalten. Abhörmaßnahmen wären auch gegen Berufsgeheimnisträger wie Journalisten, Strafverteidiger oder Geistliche erlaubt.

Kurzinfo: Internationale Proteste gegen Überwachung und Abbau von Freiheitsrechten am 11. Oktober

Am Samstag, den 11. Oktober 2008 werden in Berlin und über 20 weiteren Städten in Europa und der Welt unter dem Motto "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" auf die Straße gehen. Treffpunkt in Berlin ist der Alexanderplatz um 14.00 Uhr. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Von Braunschweig und über hundert weiteren Städten aus werden Demonstrationsbusse nach Berlin fahren. Sie sind unter www.demo-bus.de buchbar. Der vollständige Aufruf zur findet sich auf der Aktionsseite www.freiheitstattangst.de


 Bei Fragen oder für mehr Informationen kontaktieren Sie bitte:
 Fabio Reinhardt
 Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Ortsgruppe Braunschweig
 +49 176 23187001
 <enkode>F.Reinhardt@tu-bs.de</enkode>