Endspurt/Pressemitteilung zur Pressekonferenz am 2. November 2007

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===Pressemitteilung===
===Pressemitteilung===
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'''Pressemitteilung zur Pressekonferenz des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom X.November 07'''
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Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zur Pressekonferenz am 2. November 07
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Herausgeber: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
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Herausgeber:
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- Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
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- Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
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- Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
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- Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di
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- Freie Ärzteschaft e.V.
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- Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V.
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Im Vorfeld bundesweiter Demonstrationen veranstaltete der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am XX.November. zusammen mit Vertretern einzelner Berufsgruppen eine Pressekonferenz.
 
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Anlass
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===Anlass===
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In Berlin fand heute eine Pressekonferenz von Gegnern der Vorratsdatenspeicherung statt, die an die Bundestagsabgeordneten von SPD und Union appellierten, die Zustimmung zum aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu verweigern. Dieser soll voraussichtlich am Freitag nächster Woche in den Bundestag eingebracht werden und sieht die verdachtsunabhängige, sechsmonatige Speicherung sämtlicher Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger in Deutschland vor.
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Die Pressekonferenz ist der Auftakt zu den flächendeckenden Demonstrationen am 6.November. Ziel ist es die Vollprotokolierung in letzter Minute zu stoppen. Vorraussichtlich am 8./9.11. vermuten wir wird die letzte Lesung im Bundestag zur zur Vorratsdatenspeicherung eingebracht. Danach könnten die Gesetzesverschärfungen zum Jahreswechsel 2008 in Kraft treten.
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''Anlass für die Demonstrationen ist die Abstimmung des Deutschen Bundestags am 9. November über den Gesetzesentwurf zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung. Das Gesetz soll ab 2008 für Sicherheitsbehörden rückblickend über 6 Monate nachvollziehbar machen, wer, wann und mit welchen Adressen das Internet genutzt hat und wer mit wem per Telefon oder E-Mail Kontakt hatte, bei Handy-Nutzung einschliesslich des Standorts. Diese Pläne der Regierungskoalition zur Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Beziehungen, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellen die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein furchtloses, selbstbestimmtes und privates Leben dar. Wir fordern die Abkehr von diesem verfassungswidrigen Generalangriff auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.''
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Die Pressekonferenz bildet zugleich den Auftakt zu dem, am 6.November stattfindenden, bundesweiten Aktionstag gegen die Vorratsdatenspeicherung. An diesem Tag werden in über 40 deutschen Städten Protestaktionen stattfinden, um die geplante Totalprotokollierung der Telekommunikation in letzter Minute zu stoppen.
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===GÄSTE===
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Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll ab 2008 für Sicherheitsbehörden rückblickend über 6 Monate nachvollziehbar machen, wer, wann und mit welchen Adressen das Internet genutzt hat und wer mit wem per Telefon oder E-Mail Kontakt hatte, bei Handy-Nutzung einschliesslich des Standorts. Diese Pläne der Regierungskoalition zur Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Beziehungen, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellen einige der bislang größten Gefahren für unser Recht auf ein furchtloses, selbstbestimmtes und privates Leben dar. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert daher eine Abkehr von diesem verfassungswidrigen Generalangriff auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.
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Als geladene Gäste der Pressekonferenz waren anwesend:
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* Dr. Christoph Fiedler, Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V.
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* Dr. Martin Grauduszus, Freie Ärzteschaft e.V.
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* Karl Lemmen / Dr. Luis Carlos Escobar Pinzón, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
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* Werner Lohl, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
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* Ulrike Maercks-Franzen, Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di
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===Journalisten===
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Gäste:
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Journalisten- und Medienvertreter verliehen wiederholt ihrer Sorge Nachdruck, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung den Informantenschutz in erheblicher Weise gefährdet. Wenn zukünftig wichtige Informationen über Mißstände per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, müssen Informanten damit rechnen, dass der Kontakt mithilfe von Verbindungsdaten aufgedeckt wird. Durch die Vorratsdatenspeicherung könnte die freie Presse, als ein wichtiges Element, der bundesrepublikanischen Demokratie beeinträchtigt werden.
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* ZITATE
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Als geladene Podiumsgäste der Pressekonferenz waren anwesend:
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===Ärzte===
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* Dr. Christoph Fiedler, Leiter Europa- und Medienpolitik, Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V.
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Zugleich äußerten die Vertreter der Ärzteschaft Bedenken das Beratungstätigkeiten künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zulassen könnten und im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patentienten drohen könnten.
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* Martin Grauduszus, Präsident, Freie Ärzteschaft e.V.
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* Karl Lemmen, Referent / Dr. Luis Carlos Escobar Pinzón, Bundesgeschäftsführer, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
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* Werner Lohl, Präsidiumsbeauftragter für Datenschutzfragen, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
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* Ulrike Maercks-Franzen, Geschäftsführerin, Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di
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''Auch müsse man damit rechnen, daß für viele Menschen in seelischer Not der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme erhöhe. Dies beträfe beispielsweise Suizidgefährdete oder AIDS-Kranke, aber auch beispielsweise Alkoholiker.''
 
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* ZITATE
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Die Teilnehmer appellierten unter anderem aus den folgenden Gründen an die Bundestagsabgeordneten von SPD und Union, der geplanten Vorratsdatenspeicherung ihre Zustimmung zu verweigern:
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===Wirtschaft===
 
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Wirtschaftlichen Interessen ........entgegensteht, da die Gefahr besteht das zum Beispiel Informationen über Großaufträge von Konkurrenten abgegriffen werden könnten.
 
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* ZITATE
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1. Quellenschutz im Journalismus
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Die Gefahr den Gesetzentwurf durchzuwinken weite Teile der zwischenmenschlichen Kommunikation verloren gehen, und zwar spätestens, wenn der erste Missbrauchsfall an das Licht der Öffentlichkeit gelangt. Dass auch vorratsgespeicherte Kommunikationsdaten missbraucht wird, ist nur eine Frage der Zeit - und der Geldsumme, die z.B. einem Telekom-Mitarbeiter für eine Auskunft angeboten wird.
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Wie Erfahrungen aus Belgien zeigen, wird die geplante Vorratsdatenspeicherung das Ende für viele Kontakte zwischen Informanten und Presse bedeuten. Wichtige Informationen über Missstände könnten nicht mehr per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, weil Informanten damit rechnen müssten, mithilfe von Verbindungsdaten als Quelle identifiziert zu werden.
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==='''Über uns:===
 
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Der AK Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von über 50 Organisationen aus Politik, Arbeitnehmervertreter und Berufsverbänden. Er ist politisch unabhängig, überparteilich und setzt sich gerade mit seiner Heterogenität in besonderer Weise für eine freie und offene Gesellschaft ein.
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2. Ärztliches Vertrauensverhältnis
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Das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und ihren Ärzten würde gestört,
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weil die Erfassung der Kontakte mit bestimmten Ärzten Rückschlüsse
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auf persönliche Problemlagen zulässt (z.B. Krankheiten, Ehekrisen,
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Suchtprobleme). Dies würde Patienten in bestimmten Situationen davon abschrecken, Ärzte anzurufen oder per Internet zu kontaktieren.
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'''Links:'''
 
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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: <br>
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3. Psycho-soziale Hilfe ist auf Vertraulichkeit angewiesen
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http://www.vorratsdatenspeicherung.de
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Die aktuelle Pressemitteilung: <br>
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Der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten würde die Hemmschwelle für viele Menschen in seelischer Not erhöhen, sich telefonisch oder per Internet beraten und helfen zu lassen. Dies könnte unter anderem Suizidgefährdete, AIDS-Kranke, Alkoholiker, Gewaltopfer oder Opfer sexuellen Mißbrauchs davon abhalten, im Internet Erfahrungen auszutauschen oder am Telefon anonym Rat zu suchen.
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http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/151/1/lang,de/
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'''Pressekontakt:'''
 
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Ricardo Cristof Remmert-Fontes <br>
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4. Datenmissbrauch
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Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung <br>
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c/o Humanistische Union e.V. <br>
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Haus der Demokratie und Menschenrechte <br>
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Greifswalder Strasse 4 <br>
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D-10405 Berlin Fon: +49-30-94881297 <br>
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Fax: +49-700-25808789 <br>
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Mobile: +49-170-2487266 <br>
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E-Mail: rcrf@vorratsdatenspeicherung.de <br>
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Bis die ersten vorratsgespeicherten Kommunikationsdaten missbräuchlich offengelegt werden, ist erfahrungsgemäß nur eine Frage der Zeit. Dies zeigten in jüngster Vergangenheit etwa spektakuläre Fälle in Italien, aber auch der Fall eines Bundesnachrichtendienstmitarbeiters aus Berlin. Das Bekanntwerden eines solchen Missbrauchs von Kommunikationsdaten wird Menschen weiter davon abschrecken, auch in schwierigen Situationen unbefangen miteinander zu kommunizieren.
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=Version 2=
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5. Schutz durch Richtervorbehalt?
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==Journalisten==
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Der im Gesetzesentwurf vorgesehene Richtervorbehalt deckt viele Fälle nicht ab. Wer Inhaber einer Rufnummer ist oder im Internet gesurft hat (Stammdaten), kann ohne richterliche Kontrolle abgefragt werden. Die Geheimdienste können Verbindungs- und Standortdaten ohne richterliche Genehmigung abfragen. Letztlich ändert ein Richtervorbehalt nichts daran, dass der Richter den Zugriff genehmigen muss, wenn die niedrigen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.
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Für den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung besteht die begründete Gefahr, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung den Informantenschutz in erheblicher Weise gefährden wird. Wenn zukünftig wichtige Informationen über Mißstände per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, müssen Informanten damit rechnen, dass der Kontakt mithilfe von Verbindungsdaten aufgedeckt wird. Durch die Vorratsdatenspeicherung könnte die freie Presse beeinträchtigt werden.
 
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==Ärzte, Beratungstellen==
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6. Grundrechtseingriff auch bei Bagetelldelikten
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Zugleich bestehen Bedenken, daß Beratungstätigkeiten künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zulassen könnten und im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patentienten drohen könnten.
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Im Gegensatz zur EU-Richtlinie erlaubt das deutsche Gesetz eine Verwendung der Vorratsdaten nicht nur zur Aufklärung schwerer Straftaten, sondern bei "allen mittels Telekommunikation begangenen Straftaten". Dies werden im Schwerpunkt leichte Vergehen wie Beleidigungen im Internet oder das Herunterladen von Klingeltönen und Musik sein. Mit dieser fehlenden Begrenzung auf schwere Straftaten schießt das deutsche Gesetz weit über die europäische Richtlinie hinaus. Die oft genannte Begrenzung der Speicherfrist auf 6 Monate ist daher nichts weiter als ein Feigenblatt.
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Auch müsse man damit rechnen, daß für viele Menschen in seelischer Not der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme erhöhe. Dies beträfe beispielsweise Suizidgefährdete oder AIDS-Kranke, aber auch beispielsweise Alkoholiker und Gewaltopfer. Die Speicherung der Kommunikationsumstände lassen künftig Rückschlüsse auf persönliche Problemelagen (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme) zu und könnten im Fall des Bekanntwerdens Nachteile für den Patienten bedeuten.
 
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7. Präventive Schutzfunktion?
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==Mißbrauch==
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Ausländische Staaten, die eine verdachtslose Speicherung von Kommunikationsdaten eingeführt haben, konnten ihre Kriminalitätsrate nicht reduzieren. Dies widerlegt die Behauptung von Justizministerin Brigitte Zypries, ein Sicherheitsgewinn sei zu erwarten. Kommunikationsdaten sind notwendig vergangenheitsbezogen und können allenfalls die Aufklärung bereits abgeschlossener Straftaten erleichtern. Aber auch hier ist es im Ausland nicht zu einer statistisch signifikanten Erhöhung der Aufklärungsquote gekommen.
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Ein weiteres Problem ist der Mißbrauch: dass auch vorratsgespeicherte Kommunikationsdaten missbraucht werden, ist nur eine Frage der Zeit, wie spektakuläre Fälle beispielsweise aus Italien in jüngster Vergangenheit zeigten.
 
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===Schutz durch Richtervorbehalt===
 
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Der im Gesetzesentwurf geplante Richtervorbehalt jedenfalls stellt keine große Hürde dar, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts belegte. So waren laut der Studie in der Vergangenheit insgesamt ca. 70% der Fälle nicht korrekt durch die Richter geprüft worden.
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Über uns:
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===Schutz durch Zeugnisverweigerungsrechte===
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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, der die Arbeit gegen die geplante Vollprotokollierung der Telekommunikation koordiniert.
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Er ist politisch unabhängig, überparteilich und setzt sich gerade mit
 +
seiner Heterogenität in besonderer Weise für eine freie und offene
 +
Gesellschaft ein.
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Aber auch ein in den Gesetzestext geschriebenes Verwertungsverbot bei der Kommunikation von sog. Zeugnisverweigerungsberechtigten kann leicht umgangen werden, wie die Ermittlungen zur Cicero-Äffäre zeigte: im Zweifelsfall muss ein Staatsanwalt nur einen Verdacht gegen einen Mandatsträger, einen Journalisten oder einen Seelsorger aussprechen, um den Schutz auszuhebeln.
 
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'''Links:'''
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===Überschießende Deliktskategorien===
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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: <br>
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http://www.vorratsdatenspeicherung.de
-
Das deutsche Umsetzungsgesetz sieht darüber hinaus eine Verwendung der Vorratsdaten (Verkehrsdaten), die laut Bundesverfassungsgericht unter den Schutz von Artikel 10 GG (Post- und Telekommunikationsgeheimnis) fallen, eben nicht nur bei schweren Straftaten vor, sondern bei "allen mittels Telekommunikation begangenen Straftaten", was auch banale Delikte, wie Beleidigungen oder das Herunterladen von einem Musikstück sein könnte.
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Die aktuelle Pressemitteilung: <br>
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Grundrechtseingriffe, wie ein Eingriff in die durch Art. 10 GG geschützte Sphäre, müssen aber verhältnismäßig sein und dürfen nur in Ausnahmefällen angewendet werden.
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...
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Im neuesten Entwurf ist sogar von einer Verwendung bei Ordnungswidrigkeiten die Rede.
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Mit dieser fehlenden Begrenzung auf schwere Straftaten jedenfalls schießt die deutsche Umsetzung in einem sehr wesentlichen Punkt über die europäische Richtlinie hinaus. Die Begrenzung auf 6 Monate, die immer angeführt wird, ist daher nichts weiter, als ein Feigenblatt.
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Hochauflösende Fotos der Pressekonferenz:<br>
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http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Aktuelle_Photos<br>
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(zur honorarfreien Verwendung freigegeben)
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==Schutzfunktion, Innere Sicherheit, Prävention==
 
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Da Vorratsdaten naturgemäß die Vergangenheit betreffen, relativiert sich auch die Aussage von Ministerin Zypries, daß damit ein Sicherheitsgewinn zu erwarten sei. Das wäre nur der Fall, wenn man ein vollständiges Echtzeit-Profiling der gesamten Bevölkerung durchführen würde, auf dessen Basis man Prognosen über zu erwartende Straftaten zu erstellen versuchen könnte.
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'''Pressekontakt:'''
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Von einer Sicherheitpolitik mit Augenmaß kann hier keine Rede sein, denn diese sollte gezielt und intelligent bei konkretem Verdacht eingesetzt werden.
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Ricardo Cristof Remmert-Fontes <br>
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Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung <br>
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c/o Humanistische Union e.V. <br>
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Haus der Demokratie und Menschenrechte <br>
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Greifswalder Strasse 4 <br>
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D-10405 Berlin Fon: +49-30-94881297 <br>
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Fax: +49-700-25808789 <br>
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Mobile: +49-170-2487266 <br>
 +
E-Mail: rcrf@vorratsdatenspeicherung.de <br>
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[[Kategorie:Endspurt/Presse]]
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[[Kategorie:Endspurt/Pressekonferenz am 2. November 2007]]

Aktuelle Version

Status

  1. Status: wird bearbeitet

Pressemitteilung

Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zur Pressekonferenz am 2. November 07

Herausgeber: - Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung - Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. - Deutsche AIDS-Hilfe e.V. - Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di - Freie Ärzteschaft e.V. - Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V.


Anlass

In Berlin fand heute eine Pressekonferenz von Gegnern der Vorratsdatenspeicherung statt, die an die Bundestagsabgeordneten von SPD und Union appellierten, die Zustimmung zum aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu verweigern. Dieser soll voraussichtlich am Freitag nächster Woche in den Bundestag eingebracht werden und sieht die verdachtsunabhängige, sechsmonatige Speicherung sämtlicher Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger in Deutschland vor.

Die Pressekonferenz bildet zugleich den Auftakt zu dem, am 6.November stattfindenden, bundesweiten Aktionstag gegen die Vorratsdatenspeicherung. An diesem Tag werden in über 40 deutschen Städten Protestaktionen stattfinden, um die geplante Totalprotokollierung der Telekommunikation in letzter Minute zu stoppen.

Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll ab 2008 für Sicherheitsbehörden rückblickend über 6 Monate nachvollziehbar machen, wer, wann und mit welchen Adressen das Internet genutzt hat und wer mit wem per Telefon oder E-Mail Kontakt hatte, bei Handy-Nutzung einschliesslich des Standorts. Diese Pläne der Regierungskoalition zur Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Beziehungen, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellen einige der bislang größten Gefahren für unser Recht auf ein furchtloses, selbstbestimmtes und privates Leben dar. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert daher eine Abkehr von diesem verfassungswidrigen Generalangriff auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.


Gäste:

Als geladene Podiumsgäste der Pressekonferenz waren anwesend:

  • Dr. Christoph Fiedler, Leiter Europa- und Medienpolitik, Verband deutscher Zeitschriftenverleger VDZ e.V.
  • Martin Grauduszus, Präsident, Freie Ärzteschaft e.V.
  • Karl Lemmen, Referent / Dr. Luis Carlos Escobar Pinzón, Bundesgeschäftsführer, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
  • Werner Lohl, Präsidiumsbeauftragter für Datenschutzfragen, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
  • Ulrike Maercks-Franzen, Geschäftsführerin, Deutsche Journalisten-Union dju in ver.di


Die Teilnehmer appellierten unter anderem aus den folgenden Gründen an die Bundestagsabgeordneten von SPD und Union, der geplanten Vorratsdatenspeicherung ihre Zustimmung zu verweigern:


1. Quellenschutz im Journalismus

Wie Erfahrungen aus Belgien zeigen, wird die geplante Vorratsdatenspeicherung das Ende für viele Kontakte zwischen Informanten und Presse bedeuten. Wichtige Informationen über Missstände könnten nicht mehr per Telefon, Fax oder Internet weitergegeben werden, weil Informanten damit rechnen müssten, mithilfe von Verbindungsdaten als Quelle identifiziert zu werden.


2. Ärztliches Vertrauensverhältnis

Das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und ihren Ärzten würde gestört, weil die Erfassung der Kontakte mit bestimmten Ärzten Rückschlüsse auf persönliche Problemlagen zulässt (z.B. Krankheiten, Ehekrisen, Suchtprobleme). Dies würde Patienten in bestimmten Situationen davon abschrecken, Ärzte anzurufen oder per Internet zu kontaktieren.


3. Psycho-soziale Hilfe ist auf Vertraulichkeit angewiesen

Der faktische Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten würde die Hemmschwelle für viele Menschen in seelischer Not erhöhen, sich telefonisch oder per Internet beraten und helfen zu lassen. Dies könnte unter anderem Suizidgefährdete, AIDS-Kranke, Alkoholiker, Gewaltopfer oder Opfer sexuellen Mißbrauchs davon abhalten, im Internet Erfahrungen auszutauschen oder am Telefon anonym Rat zu suchen.


4. Datenmissbrauch

Bis die ersten vorratsgespeicherten Kommunikationsdaten missbräuchlich offengelegt werden, ist erfahrungsgemäß nur eine Frage der Zeit. Dies zeigten in jüngster Vergangenheit etwa spektakuläre Fälle in Italien, aber auch der Fall eines Bundesnachrichtendienstmitarbeiters aus Berlin. Das Bekanntwerden eines solchen Missbrauchs von Kommunikationsdaten wird Menschen weiter davon abschrecken, auch in schwierigen Situationen unbefangen miteinander zu kommunizieren.


5. Schutz durch Richtervorbehalt?

Der im Gesetzesentwurf vorgesehene Richtervorbehalt deckt viele Fälle nicht ab. Wer Inhaber einer Rufnummer ist oder im Internet gesurft hat (Stammdaten), kann ohne richterliche Kontrolle abgefragt werden. Die Geheimdienste können Verbindungs- und Standortdaten ohne richterliche Genehmigung abfragen. Letztlich ändert ein Richtervorbehalt nichts daran, dass der Richter den Zugriff genehmigen muss, wenn die niedrigen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.


6. Grundrechtseingriff auch bei Bagetelldelikten

Im Gegensatz zur EU-Richtlinie erlaubt das deutsche Gesetz eine Verwendung der Vorratsdaten nicht nur zur Aufklärung schwerer Straftaten, sondern bei "allen mittels Telekommunikation begangenen Straftaten". Dies werden im Schwerpunkt leichte Vergehen wie Beleidigungen im Internet oder das Herunterladen von Klingeltönen und Musik sein. Mit dieser fehlenden Begrenzung auf schwere Straftaten schießt das deutsche Gesetz weit über die europäische Richtlinie hinaus. Die oft genannte Begrenzung der Speicherfrist auf 6 Monate ist daher nichts weiter als ein Feigenblatt.


7. Präventive Schutzfunktion?

Ausländische Staaten, die eine verdachtslose Speicherung von Kommunikationsdaten eingeführt haben, konnten ihre Kriminalitätsrate nicht reduzieren. Dies widerlegt die Behauptung von Justizministerin Brigitte Zypries, ein Sicherheitsgewinn sei zu erwarten. Kommunikationsdaten sind notwendig vergangenheitsbezogen und können allenfalls die Aufklärung bereits abgeschlossener Straftaten erleichtern. Aber auch hier ist es im Ausland nicht zu einer statistisch signifikanten Erhöhung der Aufklärungsquote gekommen.


Über uns:

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, der die Arbeit gegen die geplante Vollprotokollierung der Telekommunikation koordiniert. Er ist politisch unabhängig, überparteilich und setzt sich gerade mit seiner Heterogenität in besonderer Weise für eine freie und offene Gesellschaft ein.


Links:

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de

Die aktuelle Pressemitteilung:
...

Hochauflösende Fotos der Pressekonferenz:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Aktuelle_Photos
(zur honorarfreien Verwendung freigegeben)


Pressekontakt:

Ricardo Cristof Remmert-Fontes
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
c/o Humanistische Union e.V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Strasse 4
D-10405 Berlin Fon: +49-30-94881297
Fax: +49-700-25808789
Mobile: +49-170-2487266
E-Mail:

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