Ortsgruppen/Hannover/Wendland2010
Diese Seite befasst sich mit der Begleitung der Castor-Proteste im November 2010.
Um was geht es?
Anfang November 2010 soll ein aus 11 Castoren bestehender Transport von hochradioaktivem Atommüll von Frankreich (La Hague) nach Gorleben im Wendland transportiert werden.
Wie bekannt und verstärkt durch die aktuelle Atompolitik wird mit umfangreichen Protesten gerechnet. Bis zu 16.500 Polizisten werden für die Begleitung des Transports auf den letzten Kilometern von Lüneburg über Dannenberg bis nach Gorleben eingesetzt.
Bereits im Vorfeld wurden friedliche Demonstranten vorverurteilt und mit Repressionsmaßnahmen belegt.
Die Bundeswehr wird im Rahmen der Amtshilfe im Hintergrund zum Einsatz kommen.
Im Auflagenbescheid der Versammlungsbehörde wurden zahlreiche Demonstrationsverbote (auch Verbote von Spontanversammlungen) ausgesprochen.
Demo-Beobachtung
Aufgerüttelt durch die Zeitungsmeldung über die umfängliche Erfassung biometrischer Merkmale friedlich demonstrierender Menschen entstand die Idee, die Proteste als neutrale Beobachter zu begleiten.
Ein entsprechender Antrag auf der ML-Haupt-Mailingliste ergab keinen Konsens, weswegen dieser Gedanke nun im Rahmen einer Ortsgruppen-Aktion ausgeführt wird.
Ob und wie sehr wir mit unseren guten Absichten tatsächlich helfen und unterstützen können, wird sich zeigen. Auf jeden Fall aber sind wir im Wendland herzlich willkommen und durften uns in der zum Castor-Transport erscheinenden "Gorleben-Rundschau" (Seite 8 unten) präsentieren.
Einzelne Mitglieder verschiedener Ortsgruppen wollen sich zusammentun und so gut wie möglich einer friedlichen und gewaltfreien Protestbewegung behilflich sein.
Infostand zur Auftaktkundgebung
Wir wollen zur Auftakt-Demo am Samstag, 6.11.2010, 13 Uhr in Dannenberg einen AK-Vorrat-Infostand machen.
Es gibt keine Zusage über einen Stand, wenn wir aber rechtzeitig kommen, sollte das kein Problem sein. In einer Ausnahmeregelung wurden uns sogar die Standgebühren erlassen!
Organisatorisches
Anreise zu den Standplätzen ist nur zwischen 8 und 10 Uhr möglich. Danach gibt's kein Rauf und kein Runter mehr (für Materialanlieferungen) bis zum Ende der Veranstaltung. Also alle mit Material bitte rechtzeitig anreisen!
Das Vorprogramm beginnt um 12 Uhr, Anreise ist aufgrund der polizeilichen Sperrungen nur über die K256 durch Nebenstedt möglich. Es wird mit ca. 40.000-50.000 Leuten gerechnet.
Wer bringt was mit?
- Pavillon + Tapeziertisch (eisturm)
- Flagge mit Holzmasten + Abspannung (michael)
- Infomaterial: 2 doppelwandige Plakate auf Pappe (A2), Flyer, Tischdecke (michael)
- Flyer Videoüberwachung (pab)
- ...
Wer ist dabei?
- eisturm
- michael
- armin
- pab
Kontakt
Wir freuen uns über jeden, der mitmachen möchte! Das ist auch kurzfristig kein Problem.
Während der Castor-Tage erreicht ihr uns unter der Aktions-Handy-Nummer 0176 / 96 81 35 37
Ablauf/Programm
Freitag, 5.11.2010
Anreise der ersten Leute im Camp Splietau, direkt neben dem Samstags-Demo-Gelände. Noch gutes Wetter, heißt trocken und mild (soll morgen ganz anders werden...). Erkundung der Umgebung, Vorbeifahren an der Verladerampe noch möglich, die LKW's stehen bereit, Einleben im Camp, und im Dunkeln noch eine Radtour zum Zwischenlager: Auf der etwa 16 bis 18 km langen Strecke alle 50 bis 250 m je ein Polizeibulli mit 4-6 Polizisten. Freundliche Stimmung. Gefühl wie "Schafe blicken auf", als Radfahrer mit Packtasche und Rucksack im Dunkeln durch den Wald in die Scheinwerfer der verwunderten Polizisten gerät. Trotzdem erstaunlicherweise keine Personenkontrolle auf dem gesamten Weg. Vor dem Zwischenlager entspannte Stimmung. 200 m davor steht ein Polizeitransporter mit ausgefahrener Anlage auf dem Dach. Sieht nicht undbedingt so wie ein typischer Kamerawagen aus. Polizisten angesprochen: "Ist das ein Kamerawagen?" Polizist auf dem Beifahrersitz (überrascht, dass ihn jemand an die Scheibe geklopft hat): "Ja, auch." Weiter gefragt: "Auch? Was denn noch?" Polizist: "Nein." Nochmal nachgefragt: "Wie bitte?" Polizist: "Das ist ein Kamerawagen." Verabschiedet und weitergeradelt. Ein Teil der Gullideckel ist versiegelt. Irgendwann fahren zwei Polizeibullis etwa einen Kilometer lang in meinem Tempo mit mir mit. Aber keine sichtbare Aktion.
Samstag, 6.11.2010
Der AKV-"Stützpunkt" ist der Infostand auf der zentralen Demo. Und zwar genau hier. Um ca. 9 Uhr hatten wir zu zweit den Stand recht günstig direkt am Zuweg zur Demo aufgebaut und so gut es geht wetterfest gemacht. Zum Glück war es in dem Moment trocken.
Fazit: Der Infostand war eine gute Sache. Danke an eisturm für die viele Technik, die er dafür bereitgestellt hat und ohne die es nicht gegangen wäre...
Sonntag, 7.11.2010
Unser eigentliches Ansinnen, die Proteste als Gruppe der OG Hannover zu begleiten, haben wir am Sonntag morgen aufgegeben - Fazit dazu als Mail auf den Mailinglisten!
Montag, 8.11.2010
Dienstag, 9.11.2010
Nachbereitung
Polizeigewalt
Hintergrund: http://bit.ly/bLXlKg http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-anti-akw/artikel/1/illegaler-einsatz-im-wendland/ http://www.youtube.com/watch?v=Bt7XSk2hLgM&feature=related
Vieles deaktiviert,siehe history
Überwachungsmaßnahmen während des Protests
Ein Tornado, der am Montag die Sitzblockade vor dem Zwischenlager überflog soll angeblich in keinem Zusammenhang mit den Protesten stehen.
Am 16.11.2010 wurde bekannt, dass die Polizei erstmalig in Niedersachsen ihren 47.000 Euro teuren Quadrokopter eingesetzt hat.
Dazu das Landesdatenschutzamt des Landes Niedersachsen am 17.11.2010:
"(...) die Mini-Drohne ist auch für den Echtbetrieb bestimmt. Bis zum diesjährigen Castor-Transport wurden aber nur Testflüge durchgeführt.
Nach hiesigen Unterlagen darf der Einsatz u. a. nur unter folgenden Voraussetzungen stattfinden:
- direkter Sichtkontakt des Luftfahrzeugführers zur Drohne
- maximale Flughöhe von 100 m
- grundsätzlicher Einsatz nur über dünn besiedelten Gebiet
- kein Überfliegen von Personen oder Menschenmengen (Ausnahme § 30 LuftVG)
Ab einer Flughöhe von 7 m sollen keine personenbezogenen oder -beziehbare Daten mehr erhoben werden können. Also kann es nach polizeilicher Darstellung nur Übersichtsaufnahmen geben. Die bisher bekannten Presseartikel erwecken allerdings einen anderen Eindruck.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Dokumente "Vorabkontrolle" und "Verfahrensbeschreibung" wurden nach unserer Intervention im April 2010 erstellt. Die o. a. Angaben sind diesen Dokumenten entnommen. (...)"
Und wo führt das alles hin?
Vielleicht ist dazu der Telepolis-Beitrag von Matthias Monroy vom 12.11.2011 lesenswert.
Textauszug:
GODIAC [der Name eines neuen EU-Projekts] adressiert Bewegungen, die angesichts fortschreitender Globalisierung auch ihren Protest zunehmend grenzüberschreitend organisieren. In der Projektbeschreibung werden die Gipfel von 2009 aufgeführt, darunter der NATO-Gipfel in Strasbourg und Baden-Baden, der G20-Gipfel in London und der G8-Gipfel im italienischen Erdbebengebiet in L'Aquila.
Als "Problem" wird umrissen, dass die Gipfel jeweils "Tausende internationaler Demonstranten und Aktivisten" mobilisieren, die Gipfel andererseits immer wieder auch zu lokalen Protesten führen würden. Diese "Internationalisierung" würde zudem mit einer Entwicklung neuer Taktiken einhergehen, die eine "große Herausforderung für Polizeibehörden in ganz Europa" darstellten. GODIAC will fortan polizeiliches Wissen über "Demonstranten und Aktivisten, ihre Ideologie, Mobilität und Strategien gegenüber der Polizei" ebenfalls internationalisieren.
(...) Deutsche Projektpartner sind die Polizei Niedersachsen und die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster. (...)
Die erste Feldstudie führte GODIAC beim letzten Castor-Transport im Wendland durch, als Tausende Aktivisten von "Castor? Schottern!" durch den Einsatz von über 2.000 Reizgaskartuschen am erfolgreichen Widerstand gehindert wurden. Bis heute ist zudem nicht aufgeklärt, ob für anwesende ausländische Polizisten die hierfür nötigen Amtshilfeersuchen bzw. deren Genehmigungen ergangen waren (Ausleihe prügelnder Polizisten bald "gängige Praxis"?). In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage erklärt der niedersächsische Innenminister Schünemann, dass "insgesamt acht Angehörige der Polizeien Schwedens, der Niederlande, Portugals, Österreichs und Englands sowie ein ungarischer Wissenschaftler" für GODIAC die Castor-Proteste beobachteten. Die ausländischen Polizisten waren hierfür vom Sozialwissenschaftlichen Dienst der Zentralen Polizeidirektion unterstützt worden und führten "Interviews mit Polizeibeamten sowie Demonstrationsteilnehmern" durch.