Lesen gegen Überwachung \\ Unser Beitrag zum Safer Internet Day

Aus Freiheit statt Angst!

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* Hashtag: #LesenGegenUeberwachung
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* Pressearbeit: digitalcourage
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= Planungsprotokolle =
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= Teilnehmende Städte =
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* Leipzig (Bündnis Privatsphäre Leipzig)
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* Berlin
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** (#wastun/AKV Berlin) -> Detailplanung: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung
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** (Piratenpartei Reinickendorf)
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** (Slow Tech)
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* Bielefeld (Digitalcourage)
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* Braunschweig (Piraten)
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* Düsseldorf (Piraten)
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* Kassel (Piraten)
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* Koblenz (Eichendorff-Gymnasium Koblenz, nicht öffentlich)
* Köln (#SWU)
* Köln (#SWU)
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* Leipzig (Bündnis Privatsphäre Leipzig)-> Detailsplanung https://privatsphaere-leipzig.org/wiki/activities:clicksafe2015:start
* Lübeck (#SWU)
* Lübeck (#SWU)
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* Berlin (#wastun/AKV Berlin) -> Detailplanung: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung
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* Neumarkt (Piraten)
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* Reutlingen (Beate K.)
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* Saarbrücken (Piraten)
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* Stuttgart (No-Spy.org)
= Texte =
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== Non-Fiction ==
== Non-Fiction ==
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* AKV Münster: Ich habe doch nichts zu verbergen (2010, don't panic Reader) http://www.astafh.de/wp-content/uploads/2010/02/datenschutzreader-1125-klein.pdf
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* Bundeszentrale für politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte - Überwachen (64. Jahrgang, 18-19/2014) http://criminologia.de/2014/04/publikation-apuz-18-192014-ueberwachen/
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* Bundesverfassungsgericht: Volkszählungsurteil (1983) (Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung)
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''„Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlungsurteil
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https://web.archive.org/web/20101116085553/http://zensus2011.de/fileadmin/material/pdf/gesetze/volkszaehlungsurteil_1983.pdf
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* Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (suhrkamp, 2013) [Liquid Surveillance: A Conversation]
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''Das Thema Überwachung ist allgegenwärtig: Wir werden in der U-Bahn gefilmt, machen Privates auf Facebook öffentlich, Minidrohnen werden bald so billig sein, dass Neugierige ihre Nachbarn ausspionieren können. All das ist nicht nur für die Politik eine Herausforderung, sondern auch für die Soziologie. In dem in diesem Band dokumentierten Gespräch unternehmen Zygmunt Bauman und David Lyon, der Begründer der “Surveillance Studies“, den Versuch, Foucaults Idee des Panopticons und Deleuze‘ Überlegungen zur Kontrollgesellschaft auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.''
* Beckedahl, Markus und Meister, Andre (Hg.): [https://netzpolitik.org/ueberwachtes-netz/ Überwachtes Netz - Edward Snowden und der größte Überwachungsskandal der Geschichte] (2013) (mit Copyright, Freigabe von M. Beckedahl)
* Beckedahl, Markus und Meister, Andre (Hg.): [https://netzpolitik.org/ueberwachtes-netz/ Überwachtes Netz - Edward Snowden und der größte Überwachungsskandal der Geschichte] (2013) (mit Copyright, Freigabe von M. Beckedahl)
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''Mit unserem Sammelband zum NSA-Überwachungsskandal wollen wir die Debatte weiterführen, die Entwicklungen und Leaks aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln national und international reflektieren, was da genau passiert und vor allem: Was daraus zu lernen ist und wie wir unser Netz und unsere Privatsphäre von den Geheimdiensten und der allumfassenden Überwachung unserer digitalen Kommunikation zurückerobern können. Mit Beiträgen von Erik Albers, Markus Beckedahl, Yochai Benkler, Benjamin Bergemann, Kai Biermann, Caspar Bowden, Ian Brown, Andreas Busch, Johannes Caspar, Gabriella Coleman, Kirsten Fiedler, Georg C. F. Greve, Richard Gutjahr, Dirk Heckmann, Arne Hintz, Christian Humborg, Rikke Frank Jørgenson, Jan-Peter Kleinhans, Torsten Kleinz, Constanze Kurz, Daniel Leisegang, Lorenz Matzat, Andre Meister, Erich Moechel, Glyn Moody, Annette Mühlberg, Pranesh Prakash, Frank Rieger, Katitza Rodriguez, Anne Roth, Alexander Sander, Peter Schaar, Bruce Schneier, Edward Snowden, Thomas Stadler, Felix Stalder, Richard Stallman, Moritz Tremmel, Ot van Daalen, Thilo Weichert, Rüdiger Weis, Krystian Woznicki, Jillian C. York und Jérémie Zimmermann.''
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* Colin Crouch: Postdemokratie (2005) [Post-democracy]
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''»Postdemokratie«: Dieser Begriff des Politikwissenschaftlers Colin Crouch wurde nach dem Erscheinen der Originalausgabe seines Buches zum Kristallisationspunkt der Debatte um Politikverdrossenheit, Sozialabbau und Privatisierung. Crouch hat dabei ein politisches System im Auge, dessen demokratische Institutionen zwar weiterhin formal existieren, das von Bürgern und Politikern aber nicht länger mit Leben gefüllt wird. Der polemische Essay, der in Italien und Großbritannien bereits als Klassiker der Gegenwartsdiagnose gilt, liegt nun endlich auch in deutscher Übersetzung vor.''
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* Edition Le Monde diplomatique: Die Überwacher - Prism, Google, Whistleblower (No 16, 2015)
* Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung - Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen (2014) [No Place to Hide: Edward Snowden, the NSA, and the U.S. Surveillance State]
* Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung - Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen (2014) [No Place to Hide: Edward Snowden, the NSA, and the U.S. Surveillance State]
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* Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (suhrkamp, 2013) [Liquid Surveillance: A Conversation]
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''Im Juni 2013 veröffentlichte Glenn Greenwald die ersten NSA-Dokumente aus dem Archiv des Whistleblowers Edward Snowden. Seitdem werden immer bedrohlichere Details des globalen Spionagesystems der amerikanischen Geheimdienste aufgedeckt. Nun bringt Greenwald anhand einer Fülle von exklusiven, nie zuvor publizierten Geheimdokumenten das ganze Ausmaß der Massenüberwachung ans Licht. Alles und jeder wird ausgespäht, die Bevölkerung steht unter Kollektivverdacht. Meinungsfreiheit wird im Namen der Sicherheit unterdrückt, und es gibt keine Privatsphäre mehr – nirgends.''
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* Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (1976) [Computer Power and Human Reason: From Judgment To Calculation]
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* Han, Pyong-ch‘ol: Transparenzgesellschaft (2012)
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''Kaum ein anderes Schlagwort beherrscht heute den öffentlichen Diskurs so sehr wie die Transparenz. Sie wird vor allem im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit emphatisch beschworen. Wer aber die Transparenz allein auf moralischer Ebene thematisiert und sie etwa auf Fragen der Korruption reduziert, verkennt ihre Tragweite. Die Transparenz ist ein systemischer Zwang, der die gesamten gesellschaftlichen Prozesse erfasst und sie einer gravierenden Veränderung unterwirft. Das gesellschaftliche System setzt heute all seine Prozesse einem Transparenzzwang aus, um sie zu operationalisieren und zu beschleunigen. Der Imperativ der Transparenz macht uns außerdem zu Sklaven der Sichtbarkeit. Die Transparenzgesellschaft ist eine pornografische, ausgestellte Gesellschaft. Sie manifestiert sich gleichzeitig als eine Kontrollgesellschaft. Das Internet als Raum der Freiheit erweist sich als ein digitales Panoptikum. Hans neuer Essay geht den Illusionen und Gefahren nach, die mit dem Paradigma der Transparenz verbunden sind.''
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* Kurz, Constanze u.a.: Die Datenfresser - Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen (2011)
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''Die Experten für Informationssicherheit, Constanze Kurz und Frank Rieger, weisen uns den Weg zu einer neuen digitalen Mündigkeit. Sachkundig und verständlich erklären sie, was sich hinter den Benutzeroberflächen tatsächlich verbirgt. Aus dem Strom scheinbar harmloser Daten, die wir tagtäglich im Netz hinterlassen, werden geldwerte Informationen geschöpft, deren Ausmaß und Gehalt wir uns gar nicht vorstellen können. Ob der Staat oder Google, alle bedienen sich am Datensatz Mensch. Es ist an der Zeit, das eigene digitale Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen.''
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* Kurz, Constanze: Der maschinenlesbare Mensch (2010)
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''Ein Aufriss über die technischen Überwachungsmöglichkeiten aus 2010. Intelligente vernetzte Videoüberwachung mit dauerhafter Speicherung, akustische Überwachung mit automatischer Transkription und Emotionsauswertung, ebenfalls dauerhaft archiviert. Der Aufriss führt zu der Warnung: Die Frage ist nicht, ob jemand etwas zu verbergen hat, sondern ob er in den Fokus der Aufmerksamkeit gerät. "Dann hängt es nur noch von der Gnade oder den Absichten der Auswerter ab, welche Folgen es für den Einzelnen hat, dass seine individuelle Existenz lückenlos transparent gemacht wird." z.B. um "politisch unliebsame Bestrebungen zu unterdrücken".'' http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/08/13/a0039.text.name,ask4NNpbB.n,0
* Leipziger Kamera (Hg): Kontrollverluste - Interventionen gegen Überwachung (2009)
* Leipziger Kamera (Hg): Kontrollverluste - Interventionen gegen Überwachung (2009)
** Ulf Treger: "Das Monster beschwören. Die Problemstellen derzeitiger Überwachungskritik", S. 101-106
** Ulf Treger: "Das Monster beschwören. Die Problemstellen derzeitiger Überwachungskritik", S. 101-106
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''Das Buch versammelt Beiträge zu Fragen einer emanzipatorischen und praktischen Kritik an der aktuellen Überwachungsgesellschaft. Es führt sehr unterschiedliche Strategien und Perspektiven der linken Überwachungskritik zusammen. Kritische WissenschaftlerInnen, AktivistInnen und Initiativen stellen theoretische, aber vor allem strategische und aktionsorientierte Überlegungen an, reflektieren ihre Handlungserfahrungen und beleuchten Probleme und Potenziale von Bewegung(en) gegen immer mehr Überwachung und Kontrolle.''
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* Rieger, Frank: Von Daten und Macht - Essay (bpb APuZ 15-16/2013)
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http://www.bpb.de/apuz/157538/von-daten-und-macht-essay?p=all
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* Spitz, Malte: Was macht ihr mit meinen Daten? (2014)
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''Malte Spitz ist Spitzenpolitiker der Grünen und Digital Native. Während alle nur theoretisch über Datenschutz diskutieren, will er es genau wissen. Wer hat welche Information über mich gespeichert, wer verarbeitet welche Angaben über mein Leben? Er wagt eine Expedition zu den Orten, an denen sonst keiner hartnäckig nachfragt: Behörden, Mobilfunkanbieter, Krankenkassen, Datenbanken und Rechenzentren. Denn wer auch immer unsere Daten sammelt, gewinnt Macht über uns. Der Datenschutz ist deshalb die zentrale Machtfrage des 21. Jahrhunderts. Malte Spitz liefert die längst überfälligen Grundlagen für eine Diskussion, die gerade erst an ihrem Anfang steht.''
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* Schaar, Peter: Überwachung total - Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen (2014)
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* Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (1976) [Computer Power and Human Reason: From Judgment To Calculation]
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''„In diesem Buch geht es nur vordergründig um Computer“ – das ist der erste Satz eines Werks, dessen Titel das Gegenteil suggeriert. In der Tat hat Joseph Weizenbaum Grundsätzliches im Visier: die Autonomie des Menschen gegenüber der Technik, den gesunden Menschenverstand und nicht zuletzt den politischen Willen, den es braucht, um die Sachzwänge und Verselbstständigungstendenzen der Rechenmaschinen im Zaum zu halten. „Ich bin kein Computerkritiker“, entgegnete Weizenbaum stets, wenn er als solcher tituliert wurde, „Computer kann man nicht kritisieren. Ich bin Gesellschaftskritiker.“ Weizenbaum, der seine Autorität und sein Wissen aus der Tatsache zog, dass er als Computerexperte zu den Pionieren der Branche gehörte, stellt die Arbeitsweise des Rechners der menschlichen Vernunft gegenüber und skizziert die Entwicklung von „judgement“ zu „calculation“, also von einem komplexen, intuitiven Urteilen zum reinen Berechnen. Was auf dem Weg von der analogen zur digitalen Wahrnehmung an Wahrheit verloren geht, versucht dieses Buch festzuhalten. Eine eindringliche Warnung an die Adresse einer technokratischen Gesellschaft.''
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* [http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-09/edward-snowden-whistleblower-preis-rede/seite-2 Snowdens Dankesrede zur Verleihung des Whistleblower-Preises]
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* [http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-09/edward-snowden-whistleblower-preis-rede/seite-2 Snowdens Dankesrede zur Verleihung des Whistleblower-Preises] ([http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-09/edward-snowden-whistleblower-preis-rede deutsche Übersetzung])
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* [http://cologne.stopwatchingus.info/94-wir-werden.html "Wir werden ständig Überwacht"], Gedicht von Daria für #SWU Köln ([https://www.youtube.com/watch?v=FnzJke1BI3I Videoaufzeichnung auf YouTube]). Erlaubnis zur Nutzung wurde uns erteilt.
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* [http://cologne.stopwatchingus.info/94-wir-werden.html "Wir werden ständig Überwacht"], Gedicht von Daria für #SWU Köln ([https://www.youtube.com/watch?v=FnzJke1BI3I Videoaufzeichnung auf YouTube]). Erlaubnis zur Nutzung im Rahmen der Lesung wurde erteilt.
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=== Vorschläge für eine Lesung, die einen größeren Zusammenhang aufzeigt ===
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== Fiction ==
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** Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung
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*** [[Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung, Textausschnitte aus Kapitel 4 - "Die Gefahren der Massenüberwachung" Textausschnitte aus Kapitel 4 - "Die Gefahren der Massenüberwachung]] (siehe [https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/GG2014.pdf Details])
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** Joseph Weizenbaum: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (suhrkamp, 1978)
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* Asimov, Isaac: Das Chronoskop (1956) [The dead past]
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*** Technologiekritik an der "Computerrevolution"
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'' Seit vielen Jahren schon hält die Regierung eine revolutionäre Erfindung unter Verschluß. Das Chronoskop! Eine Zeitmaschine, mit der man indirekte Zeitreisen unternehmen kann. Das Chronoskop ermöglicht Rückblicke in die Vergangenheit, läßt vergangene Geschichte in Bild und Ton vorbeiziehen. Der Traum eines jeden Historikers scheint in Erfüllung zu gehen. Da die Regierung dem Historiker Potterley jedoch den Zugang zum Chronoskop verweigert, schließt dieser mit einem jungen und neugierigen Wissenschaftler eine Allianz, um selbst ein Chronoskop zu entwickeln. Das hat fatale Folgen.''
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**** S. 54-55: ''”Ja, der Computer kam gerade noch rechtzeitig. Aber rechtzeitig wofür? Er kam gerade noch rechtzeitig, um gesellschaftliche und politische Strukturen intakt zu erhalten – sie sogar noch abzuschotten und zu stabilisieren -, die andernfalls entweder radikal erneuert worden oder unter den Forderungen ins Wanken geraten wären, die man unweigerlich an sie gestellt hätte. Der Computer wurde also eingesetzt,um die gesellschaftlichen und politischen Institutionen Amerikas zu konservieren. Ich habe zumindest zeitweise mit dazu beigetragen, sie gegenüber einem gewaltigen Druck in Richtung auf einen Wandel zu stützen und zu immunisieren. Auch in anderen Gesellschaften, die dem Computer erlaubt haben, ernsthaft in ihre Institutionen einzugreifen, ist sein Einfluß im wesentlichen derselbe gewesen; in erster Linien sind hier Japan und Westdeutschland zu nennen. Die Erfindung des Computers stellte eine Teil einer scheinbar stabilen Welt infrage, was bei fast jeder schöpferischen Handlung des Menschen der Fall ist. Und nach dem Ausspruch von Dewey hätte niemand vorhersagen können, was an dessen Stelle treten würde. Aber von den vielen Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Innovation, die er dem Menschen eröffnete, war die verhängnisvollste die, ihm alle Überlegungen in Richtung auf eine wesentliche Veränderung aus dem Kopf zu schlagen. Und für genau diese Möglichkeit hatte der Mensch sich entschieden. Der Eintritt der Computerrevolution und die Begründung des Computerzeitalters sind oft verkündet worden. Aber wenn der Triumph einer Revolution an der Tiefe der gesellschaftlichen Veränderungen gemessen werden soll, die sie mit sich gebracht hat, dann hat es keine Computerrevolution gegeben. Und wie man auch immer das gegenwärtige Zeitalter charakterisieren will, der Computer ist nicht dessen Urheber. Wenn wir lediglich sagen würden, der Computer sei ursprünglich hauptsächlich deshalb eingesetzt worden, um bestimmte Arbeiten auf mehr oder weniger dieselbe Weise wie früher zu erledigen, nur schneller oder aufgrund bestimmter Kriterien effizienter, so hätten wir ihn damit noch nicht von anderen Werkzeugen unterschieden. Nur selten, wenn überhaupt jemals, ist ein Werkzeug gleichzeitig mit einer gänzlich neuartigen Tätigkeit zusammen erfunden worden, die es verrichten soll. Als Symbole fordern uns Werkzeuge jedoch dazu heraus, sie in der Phantasie in andere als ihre ursprünglichen Zusammenhänge einzusetzen. In ihrem neuen Bezugssystem, d.h. als neue Symbole in einer bereits in der Vorstellung fest verankerten Struktur können sie selbst umgestaltet werden und möglicherweise auch die zunächst langfristig erstarrte Struktur umgestalten.'' (danach Bsp.: Transformation stationärer Dampfmaschinen in Lokomotive, US-Volkszählung 1951: Transformation von IBM-Lochkarten-Maschinen zunächst in spezielle und später in universelle elektronische Computer wie UNIVAC I; damit Etablierung von Computern, beschäftigt sich dann mit der Schwierigkeit der Erfindung 'neuer Werkzeuge', um dann den Computer einzuordnen und dessen Ambivalenz zu zeigen)
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* Atwood, Margaret: Der Report der Magd (1985) [The Handmaid's Tale]
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**** S. 63: ''“In gewissem Sinn ist der Computer ein Werkzeug derselben Art. Er hat dazu beigetragen, die Tür zu neuen Räumen aufzustoßen, und er hat bestimmte gesellschaftliche Institutionen gerettet, die unter dem Andrang einer ständig wachsenden Bevölkerung zu kollabieren drohten. Aber unter seinem Einfluß haben sich auch bestimmte Türen geschlossen, die einmal offenstanden ... ob unwiderruflich oder nicht, das läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Es gibt einen Mythos,wonach heutzutage Computer die wichtigsten Entscheidungen treffen, die früher von Menschen getroffen wurden. Vielleicht gibt es hier und da in unserer Gesellschaft einzelne Fälle dieser Art. Aber die weitverbreitete Vorstellung von Managern, die ihren Computer Fragen von der Form eingeben: 'Was sollen wir jetzt tun?' und dann auf die 'Entscheidung' des Computers warten, ist weitgehend falsch. In Wirklichkeit sieht es so aus, daß die Menschen die Verarbeitung von Informationen, auf denen Entscheidungen gegründet sein müssen, enorm komplexen Computersystemen überlassen haben. Mit wenigen Ausnahmen haben sie sich das Recht vorbehalten, Entscheidungen zu treffen, die auf dem Ergebnis dieser Rechenprozesse beruhen. Damit können Menschen die Illusion aufrecht erhalten, und mehr ist es oft nicht, daß im Grunde sie es sind, die entscheiden. Aber, und das ist meine These, ein Computersystem, das nur bestimmte Arten von 'Daten' zuläßt und das nicht einmal im Prinzip von denen verstanden werden kann, die sich darauf verlassen, ein derartiges System hat viele Türen ein für allemal zugeschlagen, die vor seiner Installation offenstanden.''
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''Die Vereinigten Staaten von Amerika in naher Zukunft: Nukleare Katastrophen haben bei vielen Menschen zu einer Sterilität geführt. Es kommt zu einem Staatsstreich durch die Söhne Jakobs, eine christlich-fundamentalistische Gruppierung. Der Präsident und alle Mitglieder des Kongresses werden ermordet und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Die Armee erklärt den Notstand, Zeitungen werden zensiert und Straßensperren eingerichtet. Es kommt zur Gründung der Republik Gilead. Dabei wird insbesondere die Stellung der Frau neu definiert: Frauen dürfen kein Eigentum besitzen und haben sich dem Mann vollständig unterzuordnen. Ihr Eigentum fällt an den nächsten männlichen Verwandten. Die einzige Aufgabe und Pflicht der Frau ist das Gebären von Kindern.''
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* Bradbury, Ray: Fahrenheit 451 (1953)
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''„Fahrenheit 451“ ist die Temperatur, bei der „Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt“. In Ray Bradburys Zukunftsvision ist die Feuerwehr nicht mehr mit Wasserspritzen ausgerüstet, sondern mit Flammenwerfern, die genau diesen Hitzegrad erzeugen, um die letzten Zeugnisse individualistischen Denkens – die Bücher – zu vernichten. Da beginnt der Feuerwehrmann Guy Montag, sich Fragen zu stellen.''
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* Brunner, John: Der Schockwellenreiter (1975) [The shockwave rider]
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* Brunner, John: Morgenwelt (1968) [Stand on Zanzibar]
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* D'Argyre, Gilles: Die Herrschaft des Zufalls (1968) [Le Sceptre du hasard]
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''Die Methoden der Meinungsforschung sind sehr subtil geworden, Abstimmungen werden überflüssig. Der Computer sucht die Personen aus, die im Charakterbild dem Wählerwillen am nächsten kommen. Im Losverfahren wird dann der "Herrscher" ermittelt.''
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* Dick, Philipp K.: Bladerunner (1968) [Do Androids Dream of Electric Sheep?]
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* Dick, Philipp K.: Eine andere Welt (1974) [Flow my tears the policeman said]
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* Doctorow, Cory: [http://craphound.com/littlebrother/download/ Little Brother] (2007) (Creative Commons); Deutsche Übersetzung: https://archive.org/details/LittleBrotherByDoctorowdeutsch
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''Marcus Yallow ist zwar noch jung, aber er ist bereits ein Held. Ein Hacker und Untergrundheld, um genau zu sein. Denn Marcus hat zusammen mit anderen Jugendlichen beschlossen, den Kampf gegen einen scheinbar allmächtigen Überwachungsstaat aufzunehmen. Als Marcus eines Tages einen USB-Stick voll streng geheimer Regierungsdaten zugespielt bekommt, steht er vor der Entscheidung seines Lebens – denn wenn er diese Daten veröffentlicht, bricht die Hölle los.''
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* Doctorow, Cory: [http://craphound.com/homeland/download/ Homeland] (2013) (Creative Commons)
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* Eggers, Dave: Der Circle (2014) [The Circle]
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* Hillenbrand, Tom: Drohnenland (2014)
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* Huxley, Aldous: Schöne Neue Welt (1932) [Brave New World]
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* Kafka, Franz: [http://de.wikisource.org/wiki/Der_Bau_(Kafka) Der Bau] (1931) (Gemeinfrei)
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* Kafka, Franz: [http://de.wikisource.org/wiki/In_der_Strafkolonie In der Strafkolonie] (1919) (Gemeinfrei) (Anmerkung: Interpretation wie bei Kafka üblich schwierig. Nach weltlicher Lesart erscheint die Erzählung als Gleichnis einer fanatischen Ideologie und eines diktatorischen Machtapparates, die den Menschen zum Maschinenfutter degradieren. In einem solchen totalitären System sind Legislative, Exekutive und Judikative offenbar identisch und finden sich in der Person des Offiziers der Strafkolonie vereint. Es gibt keine ernst zu nehmende Verteidigung, und das Merkmal der Unrechtsprechung ist die Willkür.)
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''Einem Forschungsreisenden wird das Rechtssystem einer Strafkolonie vorgeführt. Es besteht darin, dass jeder Angeklagte unabhängig von seiner Schuld oder Unschuld von einem Apparat in minutiösem Ablauf stundenlang gefoltert und dann getötet wird.''
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* Kafka, Franz: [https://de.wikisource.org/wiki/Der_Process Der Process] (1925) (Gemeinfrei) (Anmerkung: Die Interpretation des Romans ist schwierig. Nur eine der möglichen deutet auf Kritik an einer verselbstständigten und unmenschlichen Bürokratie und das Fehlen bürgerlicher Freiheitsrechte.)
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''Franz Kafkas Roman "Der Prozess" wurde 1925 posthum veröffentlicht. Entstanden sind die Romanfragmente zwischen 1914 und 1915. Im Mittelpunkt steht der Bankangestellte Josef K., gegen den ein Prozess anhängig ist. Das Gericht agiert im Geheimen, und bis zu seiner Hinrichtung erfährt K. nicht einmal den Grund der Anklage. Ort der Handlung ist eine fiktive deutsche Großstadt. Die Zeit der Handlung stimmt mit ihrer Entstehungszeit überein.''
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* Lem, Stanislaw: Memoiren, gefunden in der Badewanne (1961) [Pamietnik znaleziony w wannie]
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''"Memoiren, gefunden in der Badewanne" ist eine satirische Farce, eine surrealistische Anti-Utopie und eine Schmähschrift auf die absolute Bürokratie und den totalen Polizeistaat, in dem alles und jeder gelenkt, einem geheimen Zweck untergeordnet und von Spitzeln überwacht wird. Das »Gebäude«, eine Spionagezentrale, ist »unbesiegbar«; im Verlauf seiner Entwicklung ständig gewachsen, steht es im unaufhörlichen Kampf mit einem Antigebäude, einer gegnerischen Spionagezentrale, die es durchdrungen hat und von der es ebenso durchdrungen worden ist. Ob es die beiden »Gebäude« wirklich gibt oder ob der Widerstreit bloß eine gedankliche Konstruktion ist, das weiß kein Mensch mehr so genau. Auf jeden Fall sind Chaos und Ordnung, Zufall und Notwendigkeit, Sinn und Unsinn nicht zu unterscheiden.''
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* Orwell, George: 1984 (1949) [Nineteen Eighty-Four]
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''Ein dystopischer Roman, in dem ein totalitärer Präventions- und Überwachungsstaat im Jahre 1984 dargestellt wird. Protagonist der Handlung ist Winston Smith, ein einfaches Mitglied der diktatorisch herrschenden sozialistischen Staatspartei, der sich der allgegenwärtigen Überwachung zum Trotz seine Privatsphäre sichern will und dadurch in Konflikt mit dem System gerät, das ihn einer Gehirnwäsche unterzieht.''
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* Samjatin, Jewgenij: [http://nemesis.marxists.org/samjatin-wir1.htm Wir] (1920) [Мы] (Gemeinfrei) Andere Versionen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wir_%28Roman%29#Weblinks
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''Wir spielt im „Vereinigten Staat“, einem Gebilde, das nach einem 200-jährigen Krieg und der „allerletzten Revolution“ entstand. Dieser Staat besteht aus einer von einer Mauer geschützten Stadt, die Häuser dieser Stadt besitzen Wände aus Glas. Heerscharen von „Beschützern“ wachen über das „Wohl“ der Einwohner, deren Leben bis zum kleinsten Handgriff reglementiert ist, über allen steht ein übermächtiger „Wohltäter“. „Nummern“ – gemeint sind Menschen –, die sich gegen diese „Fürsorge“ wehren, werden öffentlich hingerichtet. Der Einzelne zählt nicht, was zählt, ist das Kollektiv. Im Laufe des Buches wird unter anderem eine Gehirnoperation entdeckt, die das Fantasiezentrum im Menschen entfernt und somit Gedanken des Widerstands unmöglich macht. - Der Roman schildert die Ereignisse in Form eines Tagebuchs von D-503. D-503 ist Konstrukteur der Rakete Integral, eines Raumschiffes, das den Weltraum erobern und die Errungenschaften der „letzten Revolution“ exportieren soll. D-503 verherrlicht seinen Staat – so lange, bis er die Staatsfeindin I-330 und andere Rebellen kennenlernt. Immer wieder taucht im Roman der Name Taylor auf, der für seine „Wissenschaftliche Betriebsführung“ vom Regime verehrt wird.''
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* Zeh, Juli: Corpus Delicti - Ein Prozess (2009)
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''Jung, attraktiv, begabt und unabhängig: Das ist Mia Holl, eine Frau von dreißig Jahren, die sich vor einem Schwurgericht verantworten muss. Zur Last gelegt wird ihr ein Zuviel an Liebe (zu ihrem Bruder), ein Zuviel an Verstand (sie denkt naturwissenschaftlich) und ein Übermaß an geistiger Unabhängigkeit. In einer Gesellschaft, in der die Sorge um den Körper alle geistigen Werte verdrängt hat, reicht diese Innenausstattung aus, um als gefährliches Subjekt eingestuft zu werden. Mia Holl will beweisen, dass ihr Bruder, verurteilt wegen einer angeblichen Vergewaltigung, unschuldig ist. Sie gerät also in Stellung gegen das System, hier »Methode« genannt, auch aus Liebe zu ihrem Bruder, der sich das Leben nahm. - Juli Zeh entwirft in "Corpus Delicti" das spannende Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur irgendwann im 21. Jahrhundert. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Gesundheit ist zur höchsten Bürgerpflicht geworden. Die »Methode« verlangt ein festes Sportpensum ebenso wie die Abgabe von Schlaf- und Ernährungsberichten. Buchstäblich über jeden Schritt seiner Bürger ist dieser Staat informiert. "Corpus Delicti" handelt von höchst aktuellen Fragen: Wie weit kann und wird der Staat individuelle Rechte einschränken? Gibt es ein Recht des Einzelnen auf Widerstand?''
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** Zygmunt Bauman, David Lyon: Daten, Drohnen, Disziplin
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== Weitere ==
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*** Diskurs zum "Ende der Anonymität", (Un)sicherheit, Macht und Disziplinierung
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**** S. 22-25: Theorie der Verflüchtigung und die Rolle der Überwachung/Transparenz - DL: ''“Und was ist mit der Kontrollgesellschaft und dem Orwellschen 'Big Brother'? Wenn man die Ausbreitung von Überwachungssystemen nicht allein mit den neuen Technologien erklären kann, muß es dann nicht auch um Macht und Machtverteilung gehen? Zumindest in der westlichen Welt is der 'Große Bruder' aus George Orwells Roman 1984 zweifellos die bekannteste Allegorie einer umfassenden, systematischen Überwachung. Alle Macht des Staates liegt hier in den Händen eines Menschen bzw. einer Partei, die den administrativen Apparat samt der in ihm niedergelegten Informationen und Daten als Mittel totaler Kontrolle benutzt. In Orwells 'als Warnung vor den totalitären Potentialen westlicher Demokratien nach dem Zweiten Weltkrieg intendiertem' Roman, schrieb ich anderswo, 'ist der Staat krankhaft machtbesessen und überwacht genaustens noch die alltäglichsten Aktivitäten seiner Bürger'. Orwells Schilderung ist zwar (ebenso wie sein Bekenntnis zu einer heilsamen 'Bescheidenheit') überzeugend, aber sie ist nicht die einzige. Kafkas dunkle Mächte, die einen über alles im unklaren lassen – Wer weiß was über dich? Woher weiß er das? Welche Folgen wird dieses Wissen für dich haben? -, sind wohl die bessere Entsprechung der von Datenbanken dominierten Überwachung der Gegenwart (wie Daniel Solove und andere meinen), aber auch sie verweisen wie der Orwellsche Bruder immer noch auf den Staat als Bösewicht. Noch älter ist die Idee des englischen Utilitaristen und Strafvollzugsreformers Jeremy Bentham, der einen Ort erfand, an dem man sich der Beobachtung nicht entziehen kann, und ihm den aus dem Griechischen abgeleiteten Namen 'Panoptikum' gab. Sein Panoptikum war aber kein fiktionaler, sondern ein architektonischer Entwurf. Und noch mehr als das: Es sollte ein 'moralisches Gebäude' sein und eine Blaupause für die Neugestaltung der Welt. Vor allem das Benthamsche Panoptikum begegnet uns in der wissenschaftlichen Debatte als Inbegriff von Überwachung, nicht zuletzt auch, weil Michel Foucault es gegen Ende des 20. Jahrhunderts als Herzstück dessen begriff, was Baumann dann als 'solide Moderne' bezeichnete. Foucault ging es um die vom Panoptikum bewirkte Disziplinierung der Körper und Seelen, die willige Arbeiter hervorbrachte. Baumann zufolge ist das Panoptikum bei Foucault die 'Schlüsselmetapher moderner Macht'. Für die Insassen des Panoptikums war 'Bewegung [...] unmöglich durch die Überwachung. Sie mußten auf Dauer an ihrem vorgeschriebenen Ort bleiben, weil sie weder wußten noch wissen konnten, wo sich ihre Bewacher – die sich frei bewegen konnten – im Moment aufhielten'. Heute jedoch habe sich diese rigide Fesselung aufgelöst, so daß der gegenwärtige Entwicklungsstand der Moderne (ob sie nun 'flüchtig' ist oder nicht) 'in erster Linie und vor allen Dingen post-panoptisch' sei. Habe man damals unterstellen müssen, daß sich die Bewacher irgendwo innerhalb des Panoptikums aufhielten, so könnten die, die unter den heutigen Verhältnissen an den Hebeln der Macht sitzen, sich jederzeit 'in die absolute Unzugänglichkeit zurückziehen'. Wie Baumann glaube auch ich (wenn auch nicht unbedingt aus denselben Gründen), daß vieles vom Panoptikum abhängt, und ein Aspekt unseres hier vorgelegten Projektes ist es, die bedrängenden praktischen Folgen einer Entwicklung aufzuzeigen,die manchem als abstrakter Gegenstand akademischer Debatten erscheinen mag. Ebenso wie die Kritiker staatlichen Machtüberflusses nach wie vor die Allegorie des 'Großen Bruders' verwenden, taugt das Panoptikum auch heute noch als Bild für viele Überwachungsphänomene im 21. Jahrhundert. Wenn Baumann recht hat, dann ist für die Ära gegenseitiger Verpflichtungen, in der Verwalter und Verwaltete in einer wechselseitigen Beziehung miteinander standen, der Vorhang gefallen, und es hat ein kaum mehr faßbares Drama begonnen, in dem sich die Macht 'mit der Geschwindigkeit elektronischer Signale' bewegt. Das stellt uns vor gewaltige Herausforderungen. Die neuen Formen der Überwachung, die auf Datenverarbeitung beruhen und den Rahmen der von Foucault beschriebenen Disziplinierungsdiskurse längst verlassen haben, bewirken, kurz gesagt, eine neue Transparenz, durch die nicht nur der Staatsbürger als solcher, sondern jeder Mensch in allen Bereichen des Alltagslebens pausenlos überprüft, beobachtet, getestet, bewertet, beurteilt und in Kategorien eingeordnet werden kann. Und zwar völlig einseitig. Während unser Alltag für die uns beobachtenden Organisationen in allen Details transparenter wird, entziehen sich deren Aktivitäten zunehmend unserer Einsichtsmöglichkeiten. Weil die Macht in der flüchtigen Moderne mit der Geschwindigkeit elektronischer Signale strömt, erhöht sich die Transparenz auf der einen Seite, während sie auf der anderen schwindet.“''
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**** S. 25-26: (Fortsetzung) Soziale Klassifizierungen - DL: ''“Dahinter muß nicht unbedingt Absicht oder gar eine Verschwörung stecken. Zumindest wird als Grund für die Undurchsichtigkeit der neuen Überwachungsverfahren immer wieder darauf verwiesen, daß sie auf Hochtechnologie und hochkomplexen Datentransfers innerhalb der und zwischen den sie betreibenden Organisationen beruhen. Ebenfalls angeführt wird die Notwendigkeit der Geheimhaltung aus Gründen der 'nationalen Sicherheit' oder zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen. Zudem werden in der postpanoptischen Welt der flüchtigen Moderne viele personenbezogene Informationen, die Unternehmen dann so eifersüchtig hüten, tatsächlich von den Betroffenen selbst zugänglich gemacht, indem sie ihr Mobiltelefon einschalten, Einkaufszentren besuchen, Urlaubsreisen buchen und antreten, Entertainmentangebote nutzen oder im Internet surfen. Routinemäßig, achtlos und freiwillig schieben wir unsere Karten ein, geben unsere Postanschrift heraus und zeigen unsere Ausweise vor. Und reiten uns damit natürlich immer tiefer hinein. Denn genau wie das Panoptikum in der soliden Moderne profunde gesellschaftliche und politische Konsequenzen hatte, haben auch die weitgehend postpanoptischen Überwachungssysteme in der flüchtigen Moderne Konsequenzen. Zwar mögen hierbei viele in erster Linie an den Verlust der Privatsphäre denken, doch es gibt weit bedenklichere Folgen. Gewiß darf man den Verlust von Anonymität und Vertraulichkeit nicht kleinreden, doch stellen sich eben auch dringende Fragen der Gerechtigkeit und der Fairneß, der bürgerlichen Freiheiten und der Menschenrechte. Denn heutige Überwachungssysteme bewirken, wie wir noch sehen werden, in allererster Linie soziale Klassifizierungen.“''
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**** S. 33-34: zukünftige Generationen von Drohnen, Kriegsführung und Daten-Tsunami - ZB: ''„Die Drohnen der nächsten Generation werden unsichtbar sein, während sie alles um sich herum der Beobachtung zugänglich machen; sie selbst werden unantastbar sein, während sie alles in ihrer Umgebung verwundbar machen. Peter Baker, Professor für Ethik an der United States Naval Academy, meint, daß mit ihren das 'postheroische Zeitalter' der Kriegsführung anbrechen wird; sie werden aber zugleich, wenn man anderen 'Militärethikern' glaubt, die bereits jetzt erhebliche 'Entfernung zwischen der amerikanischen Öffentlichkeit und dem Krieg' vergrößern; es handelt sich also um einen weiteren (den nach der Ersetzung von Wehrpflichtigen durch Berufssoldaten zweiten) Schritt in dem Bestreben, den Krieg so zu führen, daß er für die Nation, in deren Namen er geführt wird, möglichst unsichtbar bleibt (da keiner ihrer Bürger mehr sein Leben riskieren muß) – und sie machen damit das Kriegführen selbst aufgrund des nahezu vollständigen Ausbleibens von Kollateralschäden und politischen Kosten um so einfacher und natürlich auch verlockender. Die Drohnen der nächsten Generation werden alles sehen, während sie selbst verlockend unsichtbar bleiben, und zwar im wörtlichen wie im metaphorischen Sinne. Niemand wird sich vor dem Beobachtetwerden schützen können – nirgendwo. Auch die Techniker, die die Drohnen in Marsch setzen, werden dann keine Kontrolle mehr über ihre Bewegungen haben und nicht mehr in der Lage sein, irgendwelche potentiellen Beobachtungsobjekte von der Überwachung auszunehmen, so heftig man sie in bestimmten Fällen auch bedrängen mag, genau das zu tun: Die 'neuen verbesserten' Drohnen werden darauf programmiert sein, selbststeuernd umherzufliegen und auf selbstfestgelegten Routen selbstgewählte Ziele anzusteuern. Sobald sie erst einmal in der vorgesehenen Anzahl in Gang gesetzt worden sind, begrenzt allein der Himmel die Menge der Informationen, die sie liefern werden.„''
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**** S. 35-36: Ende der Anonymität, Soziale Medien, Post-Privacy - ZB: ''“Was das im Internet sich abzeichnende 'Ende der Anonymität' angeht, liegt die Sache ein wenig anders: Wir verzichten auf unser Recht auf Privatsphäre und lassen uns freiwillig zur Schlachtbank führen. Möglicherweise stimmen wir dem Verlust der Privatsphäre aber auch zu, weil er ein akzeptabler Preis für das tolle Zeug ist, das wir im Tausch dafür erhalten. Oder aber der Druck, unsere persönliche Autonomie dem Schlachthaus zu überantworten,ist, wie bei einer Herde Schafe, derart übermächtig, daß nur außergewöhnlich rebellische, stolze, kämpferische und willensstarke Menschen in der Lage sind, eine ernsthaften Versuch des Widerstandes zu unternehmen. Ob nun so oder so, jedenfalls werden wir – zumindest nominell – vor eine Wahl gestellt, und man offeriert uns wenigstens den Anschein eines Vertrages auf Gegenseitigkeit und ein immerhin formales Recht, gegen mögliche Vertragsbrüche zu protestieren und Klage zu führen: etwas, das einem auf die Drohnen bezogen niemand gewähren kann. Wie dem auch sei, sobald wir einmal 'drin' sind, sind wir unserem Schicksal ausgeliefert. Brian Stelter, der Autor des zweiten Artikels, meint, daß 'die kollektive Intelligenz von zwei Milliarden Internetnutzern zusammen mit den digitalen Fingerabdrücken,die viele von ihnen auf Webseiten hinterlassen, demnächst dazu führen wird, daß praktisch jedes peinliche Video, jedes private Foto und jede taktlose E-Mail seiner bzw. ihrer Quelle zugeordnet werden kann, ob diese Quelle das nun will oder nicht'. Als der Pressefotograf Rich Lam im Sommer 2011 während der auf ein Eishockeyspiel folgenden Straßenunruhen in Vancouver Fotos schoß, brauchte er lediglich einen Tag, um das Paar aufzuspüren und zu identifizieren, das sich (von ihm zunächst unbemerkt) im Vordergrund eines seiner Bilder am Boden liegend leidenschaftlich küßt. Alles Private spielt sich heute potentiell in der Öffentlichkeit ab – und ist damit potentiell für den Konsum durch diese verfügbar; und bleibt auch weiterhin verfügbar, bis zum Ende der Zeit, da das Internet bekanntlich nichts vergißt, das einmal auf einem seiner zahllosen Server gelandet ist. 'Diese Auflösung der Anonymität haben wir den alles durchdringenden Sozialen Medien zu verdanken, billigen Mobiltelefonen mit eingebauter Kamera, kostenlosen Hosting-Seiten für Fotos und Videos, und vielleicht vor allem einem Meinungswandel vieler Leute hinsichtlich der Frage, was öffentlich sein und was privat bleiben sollte.' All jene Technik-Gadgets sind, so erklärt man uns, 'nutzerfreundlich' – obgleich diese Lieblingsvokabel der Werbetexter bei genauerem Hinsehen lediglich besagt, daß da jeweilige Produkt – ähnlich wie ein IKEA-Regal – ohne die tätige Mitarbeit des Nutzers gar keines wäre. Und ohne, so möchte ich hinzufügen, seinen Enthusiasmus und seine Hingabe und seine Jubelrufe. Ein Étienne de La Boétie wäre heute womöglich versucht zu sagen, es handle sich nicht nur um freiwillige Knechtschaft, sondern um eine regelrechte Do-it-yourself-Sklaverei ...“''
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**** S. 36-38: Angst vor Ausgeschlossenheit - ZB: ''“Welche Folgerung läßt sich aus diesen Parallelen zwischen Drohnenpersonal und Facebook-Usern ziehen, zwischen zwei Arten von Anwendern also, die anscheinend aus unterschiedlichen Gründen agieren und angeblich von konträren Motiven getrieben werden, aber dennoch eng miteinander kooperieren und ebenso bereitwillig wie hocheffektiv jene Praxis voranbringen, festigen und ausweiten, die Sie, David, so treffend als 'soziale Klassifizierung' bezeichnet haben? Die meines Erachtens bemerkenswerteste Eigenschaft der neuen Formen von Überwachung ist, daß es ihnen mit gutem Zureden oder Zwang irgendwie gelungen ist, gegensätzliche Dinge dazu zu bringen, in Einklang miteinander im Dienste derselben Realität zu arbeiten. Einerseits nähert sich die alte panoptische Strategie ('Nie sollst du wissen, wann wir dich beobachten, damit du dich nie unbeobachtet fühlen kannst') langsam, aber offenbar unaufhaltsam ihrer nahezu universellen Anwendung. Da aber der Alptraum des Panoptikums – du bist nie allein – heute als hoffnungsvolle Botschaft wiederkehrt - 'Du mußt nie wieder allen (verlassen, übersehen, vernachlässigt, überstimmt und ausgeschlossen) sein' -, wird andererseits die alte Angst vor Entdeckung von der Freude darüber abgelöst, daß immer jemand da ist, der einen wahrnimmt. Daß diese Entwicklungen, und vor allem ihr harmonisches Zusammenwirken zur Beförderung desselben Zwecks, möglich wurden, liegt offensichtlich daran, daß heute nicht mehr Inhaftierung und Arrest, sondern Ausgrenzung als schlimmste Bedrohung der existentiellen Sicherheit gilt und als Hauptquelle von Ängsten fungiert. Das Beobachtet- und Gesehenwerden hat sich dadurch aus einer Bedrohung in eine Verheißung verwandelt. Das Versprechen erhöhter Sichtbarkeit, die Aussicht, 'ins Freie zu gelangen', wo einen jeder sehen und bemerken kann, kommt dem ersehnten Beweis gesellschaftlicher Anerkennung nahe, also einer wertvollen - 'sinnvollen' - Existenz. Sein ganzes Leben samt allen Fehlern und Mißgriffen in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen verschlagwortet zu haben, erscheint als das bestmögliche prophylaktische Antidot gegen das Gift des Ausgeschlossenwerdens – und zugleich als potenter Weg, die Gefahr einer Zwangsausweisung abzuwehren; tatsächlich ist es eine Versuchung, der zu widerstehen sich wohl nur wenige Praktiker von zugegebenermaßen prekärer sozialer Existenz stark genug fühlen werden. Mir scheint, daß der phänomenale Erfolg der 'sozialen Netzwerke' in jüngster Zeit ein gutes Beispiel für diesen Trend ist.“''
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**** S. 174-178 sowie S. 181-185: Was können wir tun, worauf hoffen? - D.L.: ''„Nachdem ich unsere Diskussion bis hierhin noch einmal durchgelesen habe, fände ich es sinnvoll, wenn wir uns noch einmal mit einigen Fragen befassen würden, die wir hier und da gestreift, aber nicht ausführlich besprochen haben – und zwar unter dem Aspekt, was wir selber tun können und worauf sich eine Hoffnung auf Besserung gründen läßt. Die erste dieser Fragen berührt einen wichtigen Bereich der Überwachungstheorie, und sie bezieht sich auf eine Bemerkung, die Sie im Gespräch mit Peter Beilharz äußerten, wonach Sie aus der Lektüre Gramscis gelernt haben, daß die Menschen durchaus sehr genau wissen und verstehen, wie die Gesellschaft funktioniert, weshalb wir sie nie einfach als Opfer sozialer Strukturen betrachten sollten, so mächtig diese auch sein mögen. Manche Studien zur Überwachung deuten hingegen eher darauf hin, daß sich die Menschen heute der Bürokratie, den Kameraobjektiven sowie der Verfolgung und Lokalisierung durch das eigene Mobiltelefon einfach nicht mehr zu entziehen vermögen. Was also könnten wir tun, um dies zu ändern? Die zweite Frage hängt mit der ersten zusammen, insbesondere insofern Sie in Ihren Arbeiten, auch hier in der Nachfolge Gramscis, immer wieder darauf verweisen, daß die Dinge nicht so sein müssen, wie sie sind. Menschen können etwas ändern und tun das auch, sie können ihre Denkmuster hinter sich lassen und zuweilen gar den Lauf der Geschichte hin zu mehr Gerechtigkeit und Solidarität beeinflussen. Sosehr man auch beklagen mag, daß sich die Mächtigen zunehmend in den 'space of flows' verflüchtigen, daß unter dem Deckmantel des 'Heimatschutzes' eine zutiefst rassistische Politik praktiziert und derart weit gespannte 'Rasternetze' ausgeworfen werden, daß jeder von uns in eine 'Verdächtigenkategorie' fallen kann, und daß die Gleichgültigkeit gegenüber dem generellen Verlust der Kontrolle über unsere Daten stetig zunimmt, glaube ich doch nicht, daß alles verloren ist. Inwiefern gibt es Anlaß zur Hoffnung? Wie sehr wird sie untergraben durch Unsicherheit, Ambivalenz oder gar Argwohn? Und welche Rolle spielt die Hoffnung für die von Ihnen beschriebene grundsätzliche Entscheidung zwischen Menschlichkeit und Inhumanität in unserem Leben?“'' Z.B.: ''"Wir haben nur dann eine Chance, wenn (wenn!) wir glauben, daß es so ist (vor beinahe hundert Jahren fand W.I. Thomas das heraus und verallgemeinerte: 'Wenn Menschen etwas für wahr halten, führt das oft dazu, daß es aufgrund ihres Handelns auch wahr wird'). Doch selbst dann wäre nicht alles verloren – die innere Auflehnung gegen die Aussichtslosigkeit, würde sie auch selbst in die tiefsten Unterhölzer des Unterbewußten abgedrängt, gräbt sich Breschen, schlägt Schneisen in die vermeintliche Gewißheit und bahnt damit Wundern den Weg, die tatsächlich immer wieder geschehen ... Vermutlich ist es dem Menschen von seinem Wesen her unmöglich, in dem Bewußtsein, daß alles aus und verloren sei, zu leben; und vermutlich liegt das daran, daß es sich bei uns um eine notorisch zur Grenüberschreitung neigende Spezies handelt, die mit einer Sprache beschenkt und geschlagen ist, zu der auch das Wort 'Nein' gehört (das sie befähigt, das, was ist, abzulehnen) und die in der Lage ist, so etwas wie Zukunftsvisionen zu entwickeln (die sie befähigen, sich von der Vorstellung einer Welt, die 'noch' nicht existiert, aber 'bald' existieren könnte, mit derselben Kraft antreiben zu lassen, wie sich andere Tiere allein durch ihnen sinnlich unmittelbare zugängliche Realitäten antreiben lassen). Für ein freies, transzendierendes und grenzüberschreitendes Tier wie den Homo sapiens ist kein Zustand denkbar, in dem tatsächlich und endgültig alles 'aus' wäre. Was allerdings auch nicht heißt, daß sich die Zukunftsvisionen einfach so verwirklichen ließen, ohne das Risiko des Scheiterns, oder daß ein narrensicheres (und vor allem unumstrittenes) Rezept für die Lösung aller Probleme irgendwo herumläge und nur darauf wartete, gefunden zu werden, oder daß, sobald es einmal gefunden wäre, es allgemein auf Zustimmung träge und unter allgemeinem Beifall ausgeführt würde. Dazu verweise ich auf das, was wir im Zusammenhang mit den Äußerungen Houllebecqs in jenem Interview gesagt haben ..."''
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**** S. 176ff. ''„Ein anderer Punkt: Der Nationalstaat ist nicht die einzige Institution, die sich heute in einer tiefgreifenden Existenzkrise befindet. Auch das Individuum durchlebt eine solche, da es sich (wie Ulrich Beck wiederholt gezeigt hat) der Aufforderung und Erwartung ausgesetzt sieht, 'individuelle Lösungen für gesellschaftlich verursachte Probleme' zu finden. Unser aller 'Individualität' beruht heute auf diesem – ungeschriebenen, aber tief in alle oder beinahe alle sozialen Praktiken eingesenkten – Dekret. Wir sind zwar 'Individuen de jure', doch vom faktischen Status eines Individuums sind die meisten von uns bei vielen Gelegenheiten sehr weit entfernt (weil es ihnen an Kenntnissen, Fähigkeiten und/oder Ressourcen mangelt, oder einfach, weil sich die 'Probleme', vor denen wir stehen, nur kollektiv, nicht im Alleingang 'lösen' ließen, also nur durch gemeinsames koordiniertes Handeln von vielen). Doch der Verweis auf die Kluft zwischen den (von uns auch verinnerlichten) gesellschaftlichen Erwartungen und unseren tatsächlichen Fähigkeiten wird kaum als Rechtfertigung anerkannt werden – weder von der sogenannten 'öffentlichen Meinung' noch vor unserem eigenen (wenn auch gesellschaftlich zugerichteten) gewissen. Ich vermute, daß das zutiefst demütigende, einen jeder Würde und Hoffnung beraubende Gefühl, zu einem Leben in unentrinnbarer und nicht zu behebender Unterqualifiziertheit verdammt zu sein, der mächtigste Stimulus für die Einwilligung in die aktuelle Form der 'freiwilligen Knechtschaft' (z.B. durch die Mitwirkung an unserer elektronischen Überwachung) ist, die letztlich nur einen verzweifelten Versuch darstellt, der Ausgrenzung und der Einsamkeit zu entgehen, die absolute Ohnmacht bedeuten. Vielleicht können wir uns alldem 'nicht mehr entziehen' – aber wir melden uns auch selber an, 'klicken uns rein' und tauchen aus freien Stücken ein, um uns ein letztes bißchen Hoffnung zu bewahren.“'' D.L. ''„Wenn das so ist, dann wird uns auch die letzte Hoffnung bald verlassen! Es kann gar nicht anders sein! Denn wie soll sich, in Zeiten der Verflüssigung und Verflüchtigung, überhaupt noch etwas 'bewahren' lassen? Ich bin Ihrer Meinung, daß die Moderne aufgrund ständiger tektonischer Verschiebungen weit weniger solide ist, als sie einst zu sein schien – obgleich Marx und andere ja schon damals davor warnten, daß diese Epoche alles Feste 'verdampft' -, da wir in unseren 'Risikogesellschaften' einerseits von Ambivalenzen und andererseits von lediglich 'hergestellten' (also nicht fraglos vorhandenen) Sicherheiten umgeben sind, die unablässig neue 'Sicherheitslücken' hervorbringen. Kein Wunder, daß die Hoffnung den Kopf hängen läßt und selbst ihr schwachbrüstiges Double, der Optimismus, hinter den Kulissen zitternd auf ein noch so bescheidenes Stichwort wartet, das ihm zu einem Auftritt auf der rauhen Bühne unserer Gegenwart verhelfen würde. Die digitalen Informations- und Bilderströme, mit denen wir es im Bereich der Überwachung zu tun haben, verstärken allerorts den 'Verdampfungsprozeß', durch den auch, wie manche meinen, unser 'kulturelles Gedächtnis' gleichsam ausgekühlt wird. Die 'warmen', lebendigen Erinnerungen, die der Entwicklung einer Kultur ethische und moralische Schranken setzen könnten, werden von der Coolness verdrängt, mit der man eine eingehende E-Mail, ein Status-Update bei Facebook oder eine revidierte Umsatzprognose registriert, während sie einem durchs Bewußtsein huschen. Auch im Bereich der Überwachung sind die Dinge – wie Ihre Metapher des 'Eintauchens' nahelegt – unablässig im Fluß. Auch hier ändert sich der Status eines Konsumenten mit jedem neuen Bit in Transaktionen generierter Informationen, und die Wahrscheinlichkeit, daß man an einem Flughafen zur weiteren Befragung festgehalten wird, hängt vom Verkehrsaufkommen und den jeweils aktuellsten Spuren ab, die man in seinem Kielwasser hinter sich herzieht.“''
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**** S. 181-185 - Z.B.: ''„Gérard Berry, einer der führenden französischen Experten für die gesellschaftlichen Auswirkungen der Informationstechnik, berichtet im Interview mit Rogers-Pol Droit von einer Begegnung mit tunesischen Teenagern unmittelbar nach der Revolution. Er erzählte ihnen, wie mühsam es in ihrem Alter für ihn war, auch nur kleine Versammlungen einzuberufen, was seine Gesprächspartner erstaunte und belustigte. Sie hatten sich eine solche Welt und die Umstände in ihr noch niemals vorzustellen versucht. Dann war wiederum Berry erstaunt und belustigt, als er auf die Frage, wie sie 'darauf gekommen' seien, elektronische Mittel für die Verabredung ihrer Zusammenkünfte zu benutzen, nur ratloses Schulterzucken erntete. Er begriff, daß die Frage falsch gestellt war. Diese jungen Leuten hatten nie in einer Welt ohne Facebook und Twitter gelebt – und deshalb mußten sie gar nicht erst 'darauf kommen', diese zur Konstruktion und Dekonstruktion ihrer sozialen Welt zu nutzen. Die einzige soziale Welt, die sie kannten und in der sie sich heimisch fühlten, war eine digital betriebene. Für sie sei das Internet etwas ähnlich Natürliches wie ein Berg oder das Meer, so Berry, und ihnen fiel nichts ein, womit sie es hätten in Relation setzen können, um seine Vorzüge und Nachteile zu eruieren. Von Droit aufgefordert, vorherzusagen, wohin uns das führen wird, fühlte sich Berry offensichtlich unbehaglich. Wenn mein Handy, so sagt er, 'via GPS ständig meine Koordinaten übermittelt und mein Computer jeden meiner Klicks meldet, wird man kollektive und individuelle Verhaltensweisen in allen Einzelheiten messen können, wodurch eine gewaltige Menge an Informationen entsteht, die sehr gefährlich für die Demokratie werden kann. Wenn man das den Leuten nicht jetzt bewußt macht, werden diese gefährlichen Praktiken installiert sein, bevor man die richtigen Fragen stellen kann. Eine ordentliche demokratische Debatte wird dann nicht mehr stattfinden, es wird zu spät für sie sein.' Sollen wir also zumindest vorläufig (bis wir wissen, was die Menschen daraus machen, und dadurch belastbarere, weniger ambivalente Belege besitzen) sagen, daß die digitale Überwachung ein scharfes Schwert ist, für das wir bislang noch keine Scheide gefunden haben – und zudem ein weischneidiges Schwert, in dessen Handhabung wir fürs erste weder allzu geübt noch allzu sicher sind? Was Ihre Hoffnung betrifft, David: Daß er hofft, ist ein Wesenszug des Menschen, den wir niemals verlieren können, ohne damit auch unsere Menschlichkeit zu verlieren. Genauso sicher ist jedoch, daß wir noch lange nach einem sicheren Hafen suchen müssen, in dem diese Menschlichkeit vor Anker gehen kann. Wir alle kennen die Legende von dem Knaben, der alle paar Tage ins Dorf gerannt kam und ausrief: 'Die Wölfe kommen!', und wir wissen, was aus ihm wurde, als die Wölfe einmal wirklich kamen … Was wir meist weniger gut wissen und schneller vergessen, ist, daß all jenen ein ähnliches Schicksal blüht, die vom Krähennest am Hauptmast aus immer wieder verkünden, daß das Gelobte Land in Sicht sei ..."'' D.L. ''„Wie schon in unseren vorhergegangenen Gesprächen wird wohl auch diesmal das Ende angemessen offenbleiben. Aber Ihre Bemerkungen provozieren mich dazu, ein letztes Mal genauer nachzufragen. Ja, Hoffen und Menschsein sind untrennbar miteinander verbunden, und ja, es kann noch (und in einer flüchtigen Moderne, könnte man sagen, um so länger) dauern, bis wir einen sicheren Ankerplatz finden. Zwar warnte der Knabe aus der Legende vor einer nicht existenten Gefahr, aber was tun die, die ständig das Herannahen des 'Gelobten Lands' verkündigen? Die Geschichte vom Wolf macht deutlich, daß man immer die Wahrheit sagen sollte, wenn man seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren will. Wir haben einige Gegenbeispiele erwähnt, die törichte futuristische Versprechungen bezüglich der verwandelnden Macht von (zum Beispiel) Technologien betreffen. Und wir können uns sofort darauf einigen, daß ein solcher grundloser Optimismus im gleichen Maße eine Lüge ist wie die Warnung vor dem schrecklichen Tier in der alten Legende. Können wir aber nicht doch mehr tun? Darf ich hier von einer Überzeugung erzählen, die mir in meiner Beschäftigung mit dem Thema Überwachung den richtigen, notwendig auf Hoffnung beruhenden Weg gewiesen hat? Sich zu persönlichen Überzeugungen zu bekennen, mag unter Soziologen und Historikern unüblich sein, aber natürlich spielen diese doch immer eine Rolle, zumindest eine hintergründige. Sie lassen sich nicht beweisen (was immer das heißt), sind aber stets Voraussetzungen unserer Arbeit. Wir alle stützen uns, ob wir wollen oder nicht, auf solche vortheoretische Annahmen. Als ich mich mit den Folgen der Ereignisse des 11. Septembers 2001 befaßte, versuchte ich die überall wie Pilze aus dem boden schießenden verbalen Ausgrenzungen im Namen einer sicherheitsmotivierten Überwachung zu verstehen. Ein neues, eindeutiges Vokabular bildete sich in Medien und Politik heraus, das Begriffe wie 'Muslim', 'arabisch', 'Naher' und 'Mittlerer Osten' zu einer neuen Kategorie zusammenfaßte. Bourdieu hat auf die schlichte Tatsache hingewiesen, daß das Schicksal menschlicher Gruppen mit den Begriffen verbunden ist, mit denen sie bezeichnet werden, und inzwischen wissen wir, wie folgenreich es für die so Bezeichneten ist, wenn sie mit dem Begriff 'Terrorist' in Verbindung gebracht werden. Das ist machtgestützte Ausgrenzung, die Betroffenen werden aus dem Bereich des normalen (und in diesem Fall legalen) Lebens gedrängt. Der Theologe Miroslav Volf meint, daß das Spektrum der Ausgrenzung von der 'Eliminierung' (etwa in Bosnien oder Ruanda) bis zur 'Assimilation' reicht ('du kannst bei uns überleben, [...] wenn du deine Identität aufgibst' – in dieser Woche hat die kanadische Regierung verfügt, daß Frauen unverschleiert zu ihrer Einbürgerungsfeier erscheinen müssen). Und natürlich gehören auch die Ausschlußverfahren dazu, die wir im Zusammenhang mit 'schadhaften' und unerwünschten Konsumenten diskutiert haben. Wir wissen längst, wie sich Ausgrenzung auch durch automatisierte Abwendung herstellen läßt.“''
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=== Weitere ===
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* https://en.wikipedia.org/wiki/Mass_surveillance_in_popular_culture
* https://en.wikipedia.org/wiki/Mass_surveillance_in_popular_culture
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== Fiction ==
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== Ungeeignet? ==
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* Assimov, Isaac: Das Chronoskop
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* Dick, Philipp K.: Der dunkle Schirm (1977) [A scanner darkly] (Anmerkung: Es geht hier vorrangig um Drogenkonsum und dessen Folgen sowie Verschwörungstheorien, am Rand um Infiltration.)
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* Atwood, Margaret: [https://en.wikipedia.org/wiki/The_Handmaid%27s_Tale The Handmaid's Tale]
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''Substanz T oder ›langsamer Tod‹ heißt eine neue Droge, die ins Orange County eingeschleust wird. Bob Arctor – alias Fred – ist Junkie und Geheimagent der Drogenfahndung, und damit er nicht auffliegt, beginnt er, auch mit Substanz T zu experimentieren, bis er merkt, dass seine beiden Identitäten gegeneinander agieren.''
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* Bradbury, Ray: Fahrenheit 451. Englische Erstveröffentlichung: 1953 bei Ballentine Books.
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* Brunner, John: Der Schockwellenreiter. München, 1985. Zuerst erschienen als: The shockwave rider, 1975.
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= Gliederungsvorschläge =
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* Brunner, John: Morgenwelt. München, 1980. Zuerst erschienen als: Stand on Zanzibar, 1968.
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* D'Argyre, Gilles: Die Herrschaft des Zufalls. München, 1978. Französisches Original von 1974.
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== Größeren Zusammenhang aufzeigen ==
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* Dick, Philipp K.: Der dunkle Schirm. 2003, München. Englisches Original: A scanner darkly, 1977.
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* Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung (2014) - [[Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung, Textausschnitte|Textausschnitte]] (siehe auch [https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/GG2014.pdf Details])
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* Dick, Philipp K.: Do Androids Dream of Electric Sheep? 1968 Erscheint in Deutschland unter dem Titel "Bladerunner", Vorlage zum gleichnamigen Kinofilm.
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* Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (1978) - [[Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft|Textausschnitte]]
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* Dick, Philipp K.: Eine andere Welt. 2004, München. Englisches Original: Flow my tears the policeman said, 1974.
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* Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (2013) - [[Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung|Textausschnitte]]
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* Doctorow, Cory: [http://craphound.com/littlebrother/download/ Little Brother] (Creative Commons)
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* Doctorow, Cory: [http://craphound.com/homeland/download/ Homeland] (Creative Commons)
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== Gesamteindruck zu Massenüberwachung geben ==
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* Eggers, Dave: The Circle. 2014
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* Hillenbrand, Tom: Drohnenland. Kriminalroman. 2014
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* Einleitung/Überblick zu Massenüberwachung
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* Huxley, Aldous: Brave New World. 1932 (Deutsch: Schöne Neue Welt)
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* Die Überwacher - Wer sammelt was?
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* Kafka, Franz: [http://de.wikisource.org/wiki/Der_Bau_(Kafka) Der Bau] (Creative Commons)
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* Zweck und Risiken der Massenüberwachung
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* Kafka, Franz: [http://de.wikisource.org/wiki/In_der_Strafkolonie In der Strafkolonie] (Creative Commons)
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* Aussicht und Gegenmaßnahmen
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* Kafka, Franz: Der Prozess. Berlin, 1925. Unzählige Ausgaben. (Creative Commons)
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* Lem, Stanislaw: Memoiren, gefunden in der Badewanne. Frankfurt, 1979. Polnisches Original von 1961.
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* Orwell, George: [https://en.wikipedia.org/wiki/Nineteen_Eighty-Four Nineteen Eighty-Four]. London, 1949. (Deutsch: 1984)
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* Samjatin, Jewgenij: [https://de.wikipedia.org/wiki/Wir_%28Roman%29 Wir]. 1920. Mittlerweile: unzählige Auflagen.
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* Zeh, Juli: Corpus Delicti. Ein Prozess. Frankfurt am Main 2009. Schöffling und Co.
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= Materialien =
= Materialien =
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* Musteranschreiben:
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* How-To: https://lesen-gegen-ueberwachung.de/mitmachen/
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* How-To:
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* Plakate: https://lesen-gegen-ueberwachung.de/plakate/
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* Flyer: https://lesen-gegen-ueberwachung.de/plakate/ (kleine Plakate)
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* Flyer:
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* Leseempfehlungen: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung-empfehlungen (Werke inklusive kurzer Inhaltsangabe)
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* Feedbackbogen fürs Publikum:
* Feedbackbogen fürs Publikum:
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== Anschreiben zur Einladung anderer Gruppen ==
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Am 10. Februar ist "Safer Internet Day". Seit Sommer 2013 wissen wir dank Edward Snowden, in welchem Ausmaß unsere Kommunikation und unser Handeln im Netz gespeichert und analysiert werden. Trotz der kontinuierlichen Berichterstattung in den Medien und den Protesten verschiedener Bürgerrechtsorganisationen werden die Systeme zur vollumfänglichen Überwachung und Kontrolle weiter ausgebaut. Es liegt in unserer Verantwortung als mündige Gesellschaft, eine Debatte darüber zu führen, wie wir diesem Angriff der Exekutive auf ihre BürgerInnen begegnen wollen.
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Ein bundesweiter Zusammenschluss diverser Gruppen aus den verschiedensten zivilgesellschaftlichen Bereichen, die sich seit dem letzten Jahr gemeinsam gegen die anlasslose Massenüberwachung stellen, veranstaltet am 10. Februar unter dem Titel "Lesen gegen Überwachung - Unser Beitrag zum Safer Internet Day" bundesweit Lesungen. Wir möchten Texte lesen, die die Hintergründe des Themas beleuchten, geben anschließend Raum für Fragen sowie Diskussion und zeigen Handlungsoptionen auf.
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Wir möchten euch herzlich dazu einladen, euch in diese Veranstaltungsreihe einzureihen.
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Wie das geht? Nichts leichter als das:
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* Ihr besorgt einen Raum für eure Lesung: Eine Kneipe, der örtliche Lesezirkel, die Bücherei oder eure Fußgängerzone, die nächstgelegene Bushaltestelle oder Euer Wohnzimmer. Auch kleinste Aktionen zählen.
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* Ihr besorgt einen oder mehrere VorleserInnen. Das könnt natürlich ihr selbst sein, oder jemand, den ihr für geeigneter haltet.
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* Ihr meldet euch bei uns (mail@lesen-gegen-ueberwachung.de), damit wir eure Veranstaltung zusammen mit den anderen Veranstaltungen auf einem gemeinsamen Plakat sowie der Webseite http://lesen-gegen-ueberwachung.de für euch veröffentlichen sowie bei unserer Pressearbeit bewerben können.
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* Ihr meldet eure Veranstaltung auf der offiziellen Webseite des Safer Internet Day an, um auch dort VeranstalterInnen und TeilnehmerInnen dafür zu sensibilisieren, dass es ein sicheres Internet ohne Ächtung von Massenüberwachung und Wiederherstellung unserer Grundrechte in der digitalen Welt nicht mehr geben kann.
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* Ihr meldet eure Veranstaltung auf der offiziellen Webseite des „Safer Internet Day" (https://www.klicksafe.de/nc/ueber-klicksafe/safer-internet-day/sid-2015/anmeldeformular-sid-2015) an.
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* Eine in unseren Augen geeignete Textauswahl findet Ihr hier (https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Lesen_gegen_%C3%9Cberwachung_%5C%5C_Unser_Beitrag_zum_Safer_Internet_Day#Texte). Aber das sind nur Vorschläge: Ihr sollt natürlich lesen, was ihr für thematisch geeignet haltet.
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* Ihr druckt Flyer und Plakate (https://lesen-gegen-ueberwachung.de/plakate/) aus und bewerbt eure Veranstaltung.
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* Der Hashtag für die Veranstaltung lautet #LesenGegenUeberwachung.
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* Ihr lest am 10.02. und sensibilisiert damit eure Mitmenschen für die Gefährdung unserer freiheitlichen Gesellschaft durch die allgegenwärtige Massenüberwachung.
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* Ihr macht idealerweise ein Foto eurer Veranstaltung und schickt es uns, damit wir es auf der Webseite veröffentlichen können.
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Wir möchten mit der Veranstaltungsreihe das Thema Massenüberwachung weiter im Bewusstsein der Bevölkerung halten: Es kann nicht angehen, dass wir den von Snowden offengelegten GAU für unsere freiheitliche Gesellschaft achselzuckend hinnehmen, weil wir glauben, gegen die Tendenzen einer sich immer weiter automatisiert selbst überwachenden Gesellschaft nichts tun zu können. Anderthalb Jahre nach Snowden sind wir noch immer der Ansicht, die Sicherheit im Internet durch längere Passwörter wiederherstellen zu können. Das Internet ist genauso kaputt wie das Verhältnis zwischen unseren von der Überwachungslobby bestimmten Sicherheitsorganen und unserer zivilen, freiheitlichen Gesellschaft. Wir müssen denen, die den gegenwärtigen Zustand für richtig oder zumindest notwendig halten, konsequent und nachhaltig die Stirn bieten.
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Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr Euch trotz der Kürze der Zeit dazu entschließen könntet, den Wirkungsradius dieser Aktion durch eure Teilnahme zu vergrößern. Meldet euch doch einfach bei uns unter mail@lesen-gegen-ueberwachung.de.
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== Leseempfehlungen ==
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* zum Verteilen/Auslegen bei der Lesung
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* https://pad.okfn.org/p/sid-lesung-leseliste
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=== Non-Fiction ===
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* Bundesverfassungsgericht: Volkszählungsurteil (1983)
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** https://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlungsurteil#Kernaussage
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* Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (2013) [Liquid Surveillance: A Conversation]
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* Beckedahl, Markus und Meister, Andre (Hg.): Überwachtes Netz - Edward Snowden und der größte Überwachungsskandal der Geschichte (2013)
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* Crouch, Colin: Postdemokratie (2005) [Post-democracy]
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** https://de.wikipedia.org/wiki/Postdemokratie
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* Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung - Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen (2014) [No Place to Hide: Edward Snowden, the NSA, and the U.S. Surveillance State]
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* Han, Pyong-ch‘ol: Transparenzgesellschaft (2012)
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* Kurz, Constanze u.a.: Die Datenfresser - Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen (2011)
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* Kurz, Constanze: Der maschinenlesbare Mensch (2010)
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** http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/08/13/a0039.text.name,ask4NNpbB.n,0
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* Leipziger Kamera (Hg): Kontrollverluste - Interventionen gegen Überwachung (2009)
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* Rieger, Frank: Von Daten und Macht - Essay (bpb APuZ 15-16/2013)
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** http://www.bpb.de/apuz/157538/von-daten-und-macht-essay?p=all
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* Spitz, Malte: Was macht ihr mit meinen Daten? (2014)
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* Schaar, Peter: Überwachung total - Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen (2014)
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* Snowdens Dankesrede zur Verleihung des Whistleblower-Preises
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** http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-09/edward-snowden-whistleblower-preis-rede/seite-2
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** Deutsche Übersetzung: http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-09/edward-snowden-whistleblower-preis-rede
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=== Fiction ===
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* Asimov, Isaac: Das Chronoskop (1956) [The dead past]
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* Atwood, Margaret: Der Report der Magd (1985) [The Handmaid's Tale]
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* Bradbury, Ray: Fahrenheit 451 (1953)
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* Brunner, John: Der Schockwellenreiter (1975) [The shockwave rider]
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* Brunner, John: Morgenwelt (1968) [Stand on Zanzibar]
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* D'Argyre, Gilles: Die Herrschaft des Zufalls (1968) [Le Sceptre du hasard]
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* Dick, Philipp K.: Bladerunner (1968) [Do Androids Dream of Electric Sheep?]
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* Dick, Philipp K.: Eine andere Welt (1974) [Flow my tears the policeman said]
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* Doctorow, Cory: Little Brother (2007) (Creative Commons)
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** http://craphound.com/littlebrother/download
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** Deutsche Übersetzung: https://archive.org/details/LittleBrotherByDoctorowdeutsch
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* Doctorow, Cory: Homeland (2013) (Creative Commons)
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** http://craphound.com/homeland/download
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* Eggers, Dave: Der Circle (2014) [The Circle]
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* Hillenbrand, Tom: Drohnenland (2014)
 +
* Huxley, Aldous: Schöne Neue Welt (1932) [Brave New World]
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* Kafka, Franz: Der Bau (1931) (Gemeinfrei)
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** http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-bau-160/1
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* Kafka, Franz: In der Strafkolonie (1919) (Gemeinfrei)
 +
** http://www.gutenberg.org/ebooks/25791
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* Kafka, Franz: Der Process (1925) (Gemeinfrei)
 +
** http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-prozess-157/1
 +
** English translation: http://www.gutenberg.org/ebooks/7849
 +
* Lem, Stanislaw: Memoiren, gefunden in der Badewanne (1961) [Pamietnik znaleziony w wannie]
 +
* Orwell, George: 1984 (1949) [Nineteen Eighty-Four]
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* Samjatin, Jewgenij: Wir (1920) [Мы] (Gemeinfrei)
 +
** http://nemesis.marxists.org/samjatin-wir1.htm
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* Zeh, Juli: Corpus Delicti - Ein Prozess (2009)

Aktuelle Version

Inhaltsverzeichnis


Allgemeine Infos

Lesung zum Safer Internet Day SID

Planungsprotokolle

Teilnehmende Städte

  • Berlin
  • Bielefeld (Digitalcourage)
  • Braunschweig (Piraten)
  • Düsseldorf (Piraten)
  • Hamburg (Piraten)
  • Herdecke
  • Görlitz
  • Kassel (Piraten)
  • Koblenz (Eichendorff-Gymnasium Koblenz, nicht öffentlich)
  • Köln (#SWU)
  • Leipzig (Bündnis Privatsphäre Leipzig)-> Detailsplanung https://privatsphaere-leipzig.org/wiki/activities:clicksafe2015:start
  • Lübeck (#SWU)
  • Neumarkt (Piraten)
  • Reutlingen (Beate K.)
  • Saarbrücken (Piraten)
  • Stuttgart (No-Spy.org)

Texte

WWR-Text Snowden-Lesung


Non-Fiction

„Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlungsurteil https://web.archive.org/web/20101116085553/http://zensus2011.de/fileadmin/material/pdf/gesetze/volkszaehlungsurteil_1983.pdf

  • Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (suhrkamp, 2013) [Liquid Surveillance: A Conversation]

Das Thema Überwachung ist allgegenwärtig: Wir werden in der U-Bahn gefilmt, machen Privates auf Facebook öffentlich, Minidrohnen werden bald so billig sein, dass Neugierige ihre Nachbarn ausspionieren können. All das ist nicht nur für die Politik eine Herausforderung, sondern auch für die Soziologie. In dem in diesem Band dokumentierten Gespräch unternehmen Zygmunt Bauman und David Lyon, der Begründer der “Surveillance Studies“, den Versuch, Foucaults Idee des Panopticons und Deleuze‘ Überlegungen zur Kontrollgesellschaft auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

Mit unserem Sammelband zum NSA-Überwachungsskandal wollen wir die Debatte weiterführen, die Entwicklungen und Leaks aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln national und international reflektieren, was da genau passiert und vor allem: Was daraus zu lernen ist und wie wir unser Netz und unsere Privatsphäre von den Geheimdiensten und der allumfassenden Überwachung unserer digitalen Kommunikation zurückerobern können. Mit Beiträgen von Erik Albers, Markus Beckedahl, Yochai Benkler, Benjamin Bergemann, Kai Biermann, Caspar Bowden, Ian Brown, Andreas Busch, Johannes Caspar, Gabriella Coleman, Kirsten Fiedler, Georg C. F. Greve, Richard Gutjahr, Dirk Heckmann, Arne Hintz, Christian Humborg, Rikke Frank Jørgenson, Jan-Peter Kleinhans, Torsten Kleinz, Constanze Kurz, Daniel Leisegang, Lorenz Matzat, Andre Meister, Erich Moechel, Glyn Moody, Annette Mühlberg, Pranesh Prakash, Frank Rieger, Katitza Rodriguez, Anne Roth, Alexander Sander, Peter Schaar, Bruce Schneier, Edward Snowden, Thomas Stadler, Felix Stalder, Richard Stallman, Moritz Tremmel, Ot van Daalen, Thilo Weichert, Rüdiger Weis, Krystian Woznicki, Jillian C. York und Jérémie Zimmermann.

  • Colin Crouch: Postdemokratie (2005) [Post-democracy]

»Postdemokratie«: Dieser Begriff des Politikwissenschaftlers Colin Crouch wurde nach dem Erscheinen der Originalausgabe seines Buches zum Kristallisationspunkt der Debatte um Politikverdrossenheit, Sozialabbau und Privatisierung. Crouch hat dabei ein politisches System im Auge, dessen demokratische Institutionen zwar weiterhin formal existieren, das von Bürgern und Politikern aber nicht länger mit Leben gefüllt wird. Der polemische Essay, der in Italien und Großbritannien bereits als Klassiker der Gegenwartsdiagnose gilt, liegt nun endlich auch in deutscher Übersetzung vor.

  • Edition Le Monde diplomatique: Die Überwacher - Prism, Google, Whistleblower (No 16, 2015)
  • Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung - Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen (2014) [No Place to Hide: Edward Snowden, the NSA, and the U.S. Surveillance State]

Im Juni 2013 veröffentlichte Glenn Greenwald die ersten NSA-Dokumente aus dem Archiv des Whistleblowers Edward Snowden. Seitdem werden immer bedrohlichere Details des globalen Spionagesystems der amerikanischen Geheimdienste aufgedeckt. Nun bringt Greenwald anhand einer Fülle von exklusiven, nie zuvor publizierten Geheimdokumenten das ganze Ausmaß der Massenüberwachung ans Licht. Alles und jeder wird ausgespäht, die Bevölkerung steht unter Kollektivverdacht. Meinungsfreiheit wird im Namen der Sicherheit unterdrückt, und es gibt keine Privatsphäre mehr – nirgends.

  • Han, Pyong-ch‘ol: Transparenzgesellschaft (2012)

Kaum ein anderes Schlagwort beherrscht heute den öffentlichen Diskurs so sehr wie die Transparenz. Sie wird vor allem im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit emphatisch beschworen. Wer aber die Transparenz allein auf moralischer Ebene thematisiert und sie etwa auf Fragen der Korruption reduziert, verkennt ihre Tragweite. Die Transparenz ist ein systemischer Zwang, der die gesamten gesellschaftlichen Prozesse erfasst und sie einer gravierenden Veränderung unterwirft. Das gesellschaftliche System setzt heute all seine Prozesse einem Transparenzzwang aus, um sie zu operationalisieren und zu beschleunigen. Der Imperativ der Transparenz macht uns außerdem zu Sklaven der Sichtbarkeit. Die Transparenzgesellschaft ist eine pornografische, ausgestellte Gesellschaft. Sie manifestiert sich gleichzeitig als eine Kontrollgesellschaft. Das Internet als Raum der Freiheit erweist sich als ein digitales Panoptikum. Hans neuer Essay geht den Illusionen und Gefahren nach, die mit dem Paradigma der Transparenz verbunden sind.

  • Kurz, Constanze u.a.: Die Datenfresser - Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen (2011)

Die Experten für Informationssicherheit, Constanze Kurz und Frank Rieger, weisen uns den Weg zu einer neuen digitalen Mündigkeit. Sachkundig und verständlich erklären sie, was sich hinter den Benutzeroberflächen tatsächlich verbirgt. Aus dem Strom scheinbar harmloser Daten, die wir tagtäglich im Netz hinterlassen, werden geldwerte Informationen geschöpft, deren Ausmaß und Gehalt wir uns gar nicht vorstellen können. Ob der Staat oder Google, alle bedienen sich am Datensatz Mensch. Es ist an der Zeit, das eigene digitale Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen.

  • Kurz, Constanze: Der maschinenlesbare Mensch (2010)

Ein Aufriss über die technischen Überwachungsmöglichkeiten aus 2010. Intelligente vernetzte Videoüberwachung mit dauerhafter Speicherung, akustische Überwachung mit automatischer Transkription und Emotionsauswertung, ebenfalls dauerhaft archiviert. Der Aufriss führt zu der Warnung: Die Frage ist nicht, ob jemand etwas zu verbergen hat, sondern ob er in den Fokus der Aufmerksamkeit gerät. "Dann hängt es nur noch von der Gnade oder den Absichten der Auswerter ab, welche Folgen es für den Einzelnen hat, dass seine individuelle Existenz lückenlos transparent gemacht wird." z.B. um "politisch unliebsame Bestrebungen zu unterdrücken". http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/08/13/a0039.text.name,ask4NNpbB.n,0

  • Leipziger Kamera (Hg): Kontrollverluste - Interventionen gegen Überwachung (2009)
    • Ulf Treger: "Das Monster beschwören. Die Problemstellen derzeitiger Überwachungskritik", S. 101-106

Das Buch versammelt Beiträge zu Fragen einer emanzipatorischen und praktischen Kritik an der aktuellen Überwachungsgesellschaft. Es führt sehr unterschiedliche Strategien und Perspektiven der linken Überwachungskritik zusammen. Kritische WissenschaftlerInnen, AktivistInnen und Initiativen stellen theoretische, aber vor allem strategische und aktionsorientierte Überlegungen an, reflektieren ihre Handlungserfahrungen und beleuchten Probleme und Potenziale von Bewegung(en) gegen immer mehr Überwachung und Kontrolle.

  • Rieger, Frank: Von Daten und Macht - Essay (bpb APuZ 15-16/2013)

http://www.bpb.de/apuz/157538/von-daten-und-macht-essay?p=all

  • Spitz, Malte: Was macht ihr mit meinen Daten? (2014)

Malte Spitz ist Spitzenpolitiker der Grünen und Digital Native. Während alle nur theoretisch über Datenschutz diskutieren, will er es genau wissen. Wer hat welche Information über mich gespeichert, wer verarbeitet welche Angaben über mein Leben? Er wagt eine Expedition zu den Orten, an denen sonst keiner hartnäckig nachfragt: Behörden, Mobilfunkanbieter, Krankenkassen, Datenbanken und Rechenzentren. Denn wer auch immer unsere Daten sammelt, gewinnt Macht über uns. Der Datenschutz ist deshalb die zentrale Machtfrage des 21. Jahrhunderts. Malte Spitz liefert die längst überfälligen Grundlagen für eine Diskussion, die gerade erst an ihrem Anfang steht.

  • Schaar, Peter: Überwachung total - Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen (2014)
  • Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (1976) [Computer Power and Human Reason: From Judgment To Calculation]

„In diesem Buch geht es nur vordergründig um Computer“ – das ist der erste Satz eines Werks, dessen Titel das Gegenteil suggeriert. In der Tat hat Joseph Weizenbaum Grundsätzliches im Visier: die Autonomie des Menschen gegenüber der Technik, den gesunden Menschenverstand und nicht zuletzt den politischen Willen, den es braucht, um die Sachzwänge und Verselbstständigungstendenzen der Rechenmaschinen im Zaum zu halten. „Ich bin kein Computerkritiker“, entgegnete Weizenbaum stets, wenn er als solcher tituliert wurde, „Computer kann man nicht kritisieren. Ich bin Gesellschaftskritiker.“ Weizenbaum, der seine Autorität und sein Wissen aus der Tatsache zog, dass er als Computerexperte zu den Pionieren der Branche gehörte, stellt die Arbeitsweise des Rechners der menschlichen Vernunft gegenüber und skizziert die Entwicklung von „judgement“ zu „calculation“, also von einem komplexen, intuitiven Urteilen zum reinen Berechnen. Was auf dem Weg von der analogen zur digitalen Wahrnehmung an Wahrheit verloren geht, versucht dieses Buch festzuhalten. Eine eindringliche Warnung an die Adresse einer technokratischen Gesellschaft.

Fiction

  • Asimov, Isaac: Das Chronoskop (1956) [The dead past]

Seit vielen Jahren schon hält die Regierung eine revolutionäre Erfindung unter Verschluß. Das Chronoskop! Eine Zeitmaschine, mit der man indirekte Zeitreisen unternehmen kann. Das Chronoskop ermöglicht Rückblicke in die Vergangenheit, läßt vergangene Geschichte in Bild und Ton vorbeiziehen. Der Traum eines jeden Historikers scheint in Erfüllung zu gehen. Da die Regierung dem Historiker Potterley jedoch den Zugang zum Chronoskop verweigert, schließt dieser mit einem jungen und neugierigen Wissenschaftler eine Allianz, um selbst ein Chronoskop zu entwickeln. Das hat fatale Folgen.

  • Atwood, Margaret: Der Report der Magd (1985) [The Handmaid's Tale]

Die Vereinigten Staaten von Amerika in naher Zukunft: Nukleare Katastrophen haben bei vielen Menschen zu einer Sterilität geführt. Es kommt zu einem Staatsstreich durch die Söhne Jakobs, eine christlich-fundamentalistische Gruppierung. Der Präsident und alle Mitglieder des Kongresses werden ermordet und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Die Armee erklärt den Notstand, Zeitungen werden zensiert und Straßensperren eingerichtet. Es kommt zur Gründung der Republik Gilead. Dabei wird insbesondere die Stellung der Frau neu definiert: Frauen dürfen kein Eigentum besitzen und haben sich dem Mann vollständig unterzuordnen. Ihr Eigentum fällt an den nächsten männlichen Verwandten. Die einzige Aufgabe und Pflicht der Frau ist das Gebären von Kindern.

  • Bradbury, Ray: Fahrenheit 451 (1953)

„Fahrenheit 451“ ist die Temperatur, bei der „Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt“. In Ray Bradburys Zukunftsvision ist die Feuerwehr nicht mehr mit Wasserspritzen ausgerüstet, sondern mit Flammenwerfern, die genau diesen Hitzegrad erzeugen, um die letzten Zeugnisse individualistischen Denkens – die Bücher – zu vernichten. Da beginnt der Feuerwehrmann Guy Montag, sich Fragen zu stellen.

  • Brunner, John: Der Schockwellenreiter (1975) [The shockwave rider]
  • Brunner, John: Morgenwelt (1968) [Stand on Zanzibar]
  • D'Argyre, Gilles: Die Herrschaft des Zufalls (1968) [Le Sceptre du hasard]

Die Methoden der Meinungsforschung sind sehr subtil geworden, Abstimmungen werden überflüssig. Der Computer sucht die Personen aus, die im Charakterbild dem Wählerwillen am nächsten kommen. Im Losverfahren wird dann der "Herrscher" ermittelt.

Marcus Yallow ist zwar noch jung, aber er ist bereits ein Held. Ein Hacker und Untergrundheld, um genau zu sein. Denn Marcus hat zusammen mit anderen Jugendlichen beschlossen, den Kampf gegen einen scheinbar allmächtigen Überwachungsstaat aufzunehmen. Als Marcus eines Tages einen USB-Stick voll streng geheimer Regierungsdaten zugespielt bekommt, steht er vor der Entscheidung seines Lebens – denn wenn er diese Daten veröffentlicht, bricht die Hölle los.

  • Doctorow, Cory: Homeland (2013) (Creative Commons)
  • Eggers, Dave: Der Circle (2014) [The Circle]
  • Hillenbrand, Tom: Drohnenland (2014)
  • Huxley, Aldous: Schöne Neue Welt (1932) [Brave New World]
  • Kafka, Franz: Der Bau (1931) (Gemeinfrei)
  • Kafka, Franz: In der Strafkolonie (1919) (Gemeinfrei) (Anmerkung: Interpretation wie bei Kafka üblich schwierig. Nach weltlicher Lesart erscheint die Erzählung als Gleichnis einer fanatischen Ideologie und eines diktatorischen Machtapparates, die den Menschen zum Maschinenfutter degradieren. In einem solchen totalitären System sind Legislative, Exekutive und Judikative offenbar identisch und finden sich in der Person des Offiziers der Strafkolonie vereint. Es gibt keine ernst zu nehmende Verteidigung, und das Merkmal der Unrechtsprechung ist die Willkür.)

Einem Forschungsreisenden wird das Rechtssystem einer Strafkolonie vorgeführt. Es besteht darin, dass jeder Angeklagte unabhängig von seiner Schuld oder Unschuld von einem Apparat in minutiösem Ablauf stundenlang gefoltert und dann getötet wird.

  • Kafka, Franz: Der Process (1925) (Gemeinfrei) (Anmerkung: Die Interpretation des Romans ist schwierig. Nur eine der möglichen deutet auf Kritik an einer verselbstständigten und unmenschlichen Bürokratie und das Fehlen bürgerlicher Freiheitsrechte.)

Franz Kafkas Roman "Der Prozess" wurde 1925 posthum veröffentlicht. Entstanden sind die Romanfragmente zwischen 1914 und 1915. Im Mittelpunkt steht der Bankangestellte Josef K., gegen den ein Prozess anhängig ist. Das Gericht agiert im Geheimen, und bis zu seiner Hinrichtung erfährt K. nicht einmal den Grund der Anklage. Ort der Handlung ist eine fiktive deutsche Großstadt. Die Zeit der Handlung stimmt mit ihrer Entstehungszeit überein.

  • Lem, Stanislaw: Memoiren, gefunden in der Badewanne (1961) [Pamietnik znaleziony w wannie]

"Memoiren, gefunden in der Badewanne" ist eine satirische Farce, eine surrealistische Anti-Utopie und eine Schmähschrift auf die absolute Bürokratie und den totalen Polizeistaat, in dem alles und jeder gelenkt, einem geheimen Zweck untergeordnet und von Spitzeln überwacht wird. Das »Gebäude«, eine Spionagezentrale, ist »unbesiegbar«; im Verlauf seiner Entwicklung ständig gewachsen, steht es im unaufhörlichen Kampf mit einem Antigebäude, einer gegnerischen Spionagezentrale, die es durchdrungen hat und von der es ebenso durchdrungen worden ist. Ob es die beiden »Gebäude« wirklich gibt oder ob der Widerstreit bloß eine gedankliche Konstruktion ist, das weiß kein Mensch mehr so genau. Auf jeden Fall sind Chaos und Ordnung, Zufall und Notwendigkeit, Sinn und Unsinn nicht zu unterscheiden.

  • Orwell, George: 1984 (1949) [Nineteen Eighty-Four]

Ein dystopischer Roman, in dem ein totalitärer Präventions- und Überwachungsstaat im Jahre 1984 dargestellt wird. Protagonist der Handlung ist Winston Smith, ein einfaches Mitglied der diktatorisch herrschenden sozialistischen Staatspartei, der sich der allgegenwärtigen Überwachung zum Trotz seine Privatsphäre sichern will und dadurch in Konflikt mit dem System gerät, das ihn einer Gehirnwäsche unterzieht.

Wir spielt im „Vereinigten Staat“, einem Gebilde, das nach einem 200-jährigen Krieg und der „allerletzten Revolution“ entstand. Dieser Staat besteht aus einer von einer Mauer geschützten Stadt, die Häuser dieser Stadt besitzen Wände aus Glas. Heerscharen von „Beschützern“ wachen über das „Wohl“ der Einwohner, deren Leben bis zum kleinsten Handgriff reglementiert ist, über allen steht ein übermächtiger „Wohltäter“. „Nummern“ – gemeint sind Menschen –, die sich gegen diese „Fürsorge“ wehren, werden öffentlich hingerichtet. Der Einzelne zählt nicht, was zählt, ist das Kollektiv. Im Laufe des Buches wird unter anderem eine Gehirnoperation entdeckt, die das Fantasiezentrum im Menschen entfernt und somit Gedanken des Widerstands unmöglich macht. - Der Roman schildert die Ereignisse in Form eines Tagebuchs von D-503. D-503 ist Konstrukteur der Rakete Integral, eines Raumschiffes, das den Weltraum erobern und die Errungenschaften der „letzten Revolution“ exportieren soll. D-503 verherrlicht seinen Staat – so lange, bis er die Staatsfeindin I-330 und andere Rebellen kennenlernt. Immer wieder taucht im Roman der Name Taylor auf, der für seine „Wissenschaftliche Betriebsführung“ vom Regime verehrt wird.

  • Zeh, Juli: Corpus Delicti - Ein Prozess (2009)

Jung, attraktiv, begabt und unabhängig: Das ist Mia Holl, eine Frau von dreißig Jahren, die sich vor einem Schwurgericht verantworten muss. Zur Last gelegt wird ihr ein Zuviel an Liebe (zu ihrem Bruder), ein Zuviel an Verstand (sie denkt naturwissenschaftlich) und ein Übermaß an geistiger Unabhängigkeit. In einer Gesellschaft, in der die Sorge um den Körper alle geistigen Werte verdrängt hat, reicht diese Innenausstattung aus, um als gefährliches Subjekt eingestuft zu werden. Mia Holl will beweisen, dass ihr Bruder, verurteilt wegen einer angeblichen Vergewaltigung, unschuldig ist. Sie gerät also in Stellung gegen das System, hier »Methode« genannt, auch aus Liebe zu ihrem Bruder, der sich das Leben nahm. - Juli Zeh entwirft in "Corpus Delicti" das spannende Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur irgendwann im 21. Jahrhundert. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Gesundheit ist zur höchsten Bürgerpflicht geworden. Die »Methode« verlangt ein festes Sportpensum ebenso wie die Abgabe von Schlaf- und Ernährungsberichten. Buchstäblich über jeden Schritt seiner Bürger ist dieser Staat informiert. "Corpus Delicti" handelt von höchst aktuellen Fragen: Wie weit kann und wird der Staat individuelle Rechte einschränken? Gibt es ein Recht des Einzelnen auf Widerstand?

Weitere

Ungeeignet?

  • Dick, Philipp K.: Der dunkle Schirm (1977) [A scanner darkly] (Anmerkung: Es geht hier vorrangig um Drogenkonsum und dessen Folgen sowie Verschwörungstheorien, am Rand um Infiltration.)

Substanz T oder ›langsamer Tod‹ heißt eine neue Droge, die ins Orange County eingeschleust wird. Bob Arctor – alias Fred – ist Junkie und Geheimagent der Drogenfahndung, und damit er nicht auffliegt, beginnt er, auch mit Substanz T zu experimentieren, bis er merkt, dass seine beiden Identitäten gegeneinander agieren.

Gliederungsvorschläge

Größeren Zusammenhang aufzeigen

  • Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung (2014) - Textausschnitte (siehe auch Details)
  • Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft (1978) - Textausschnitte
  • Bauman, Zygmunt und Lyon, David: Daten, Drohnen, Disziplin - Ein Gespräch über flüchtige Überwachung (2013) - Textausschnitte

Gesamteindruck zu Massenüberwachung geben

  • Einleitung/Überblick zu Massenüberwachung
  • Die Überwacher - Wer sammelt was?
  • Zweck und Risiken der Massenüberwachung
  • Aussicht und Gegenmaßnahmen

Materialien

Anschreiben zur Einladung anderer Gruppen

Am 10. Februar ist "Safer Internet Day". Seit Sommer 2013 wissen wir dank Edward Snowden, in welchem Ausmaß unsere Kommunikation und unser Handeln im Netz gespeichert und analysiert werden. Trotz der kontinuierlichen Berichterstattung in den Medien und den Protesten verschiedener Bürgerrechtsorganisationen werden die Systeme zur vollumfänglichen Überwachung und Kontrolle weiter ausgebaut. Es liegt in unserer Verantwortung als mündige Gesellschaft, eine Debatte darüber zu führen, wie wir diesem Angriff der Exekutive auf ihre BürgerInnen begegnen wollen.

Ein bundesweiter Zusammenschluss diverser Gruppen aus den verschiedensten zivilgesellschaftlichen Bereichen, die sich seit dem letzten Jahr gemeinsam gegen die anlasslose Massenüberwachung stellen, veranstaltet am 10. Februar unter dem Titel "Lesen gegen Überwachung - Unser Beitrag zum Safer Internet Day" bundesweit Lesungen. Wir möchten Texte lesen, die die Hintergründe des Themas beleuchten, geben anschließend Raum für Fragen sowie Diskussion und zeigen Handlungsoptionen auf.

Wir möchten euch herzlich dazu einladen, euch in diese Veranstaltungsreihe einzureihen.

Wie das geht? Nichts leichter als das:

  • Ihr besorgt einen Raum für eure Lesung: Eine Kneipe, der örtliche Lesezirkel, die Bücherei oder eure Fußgängerzone, die nächstgelegene Bushaltestelle oder Euer Wohnzimmer. Auch kleinste Aktionen zählen.
  • Ihr besorgt einen oder mehrere VorleserInnen. Das könnt natürlich ihr selbst sein, oder jemand, den ihr für geeigneter haltet.
  • Ihr meldet euch bei uns (), damit wir eure Veranstaltung zusammen mit den anderen Veranstaltungen auf einem gemeinsamen Plakat sowie der Webseite http://lesen-gegen-ueberwachung.de für euch veröffentlichen sowie bei unserer Pressearbeit bewerben können.
  • Ihr meldet eure Veranstaltung auf der offiziellen Webseite des Safer Internet Day an, um auch dort VeranstalterInnen und TeilnehmerInnen dafür zu sensibilisieren, dass es ein sicheres Internet ohne Ächtung von Massenüberwachung und Wiederherstellung unserer Grundrechte in der digitalen Welt nicht mehr geben kann.
  • Ihr meldet eure Veranstaltung auf der offiziellen Webseite des „Safer Internet Day" (https://www.klicksafe.de/nc/ueber-klicksafe/safer-internet-day/sid-2015/anmeldeformular-sid-2015) an.
  • Eine in unseren Augen geeignete Textauswahl findet Ihr hier (https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Lesen_gegen_%C3%9Cberwachung_%5C%5C_Unser_Beitrag_zum_Safer_Internet_Day#Texte). Aber das sind nur Vorschläge: Ihr sollt natürlich lesen, was ihr für thematisch geeignet haltet.
  • Ihr druckt Flyer und Plakate (https://lesen-gegen-ueberwachung.de/plakate/) aus und bewerbt eure Veranstaltung.
  • Der Hashtag für die Veranstaltung lautet #LesenGegenUeberwachung.
  • Ihr lest am 10.02. und sensibilisiert damit eure Mitmenschen für die Gefährdung unserer freiheitlichen Gesellschaft durch die allgegenwärtige Massenüberwachung.
  • Ihr macht idealerweise ein Foto eurer Veranstaltung und schickt es uns, damit wir es auf der Webseite veröffentlichen können.

Wir möchten mit der Veranstaltungsreihe das Thema Massenüberwachung weiter im Bewusstsein der Bevölkerung halten: Es kann nicht angehen, dass wir den von Snowden offengelegten GAU für unsere freiheitliche Gesellschaft achselzuckend hinnehmen, weil wir glauben, gegen die Tendenzen einer sich immer weiter automatisiert selbst überwachenden Gesellschaft nichts tun zu können. Anderthalb Jahre nach Snowden sind wir noch immer der Ansicht, die Sicherheit im Internet durch längere Passwörter wiederherstellen zu können. Das Internet ist genauso kaputt wie das Verhältnis zwischen unseren von der Überwachungslobby bestimmten Sicherheitsorganen und unserer zivilen, freiheitlichen Gesellschaft. Wir müssen denen, die den gegenwärtigen Zustand für richtig oder zumindest notwendig halten, konsequent und nachhaltig die Stirn bieten.

Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr Euch trotz der Kürze der Zeit dazu entschließen könntet, den Wirkungsradius dieser Aktion durch eure Teilnahme zu vergrößern. Meldet euch doch einfach bei uns unter mail@lesen-gegen-ueberwachung.de.

Leseempfehlungen

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