NS-Volkszaehlung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Volkszählung 2011 ist nicht die einzigen Erfassungsaktion der Bundesregierung: Der [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/ELENA elektronische Entgeltnachweis ELENA] (2010), die [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Elektronische_Gesundheitskarte elektronische Gesundheitskarte] (ab 2011?), die Meldepflicht (seit 1945, ein neues Bundesmeldegesetz ab 2010?), verschiedenste Zentraldateien ([http://www.bigbrotherawards.de/2006/.pol/pol-02 Anti-Terror-Datei] 2007, [http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-plant-Radikalisierungsdatei-1010297.html Radikalisierungsdatei] 2011?, [http://no-racism.net/rubrik/37/ SIS] 1985, [http://www.heise.de/ct/meldung/Zentralisierung-von-EU-Fahndungsdatenbanken-in-der-Kritik-Update-6037.html VIS] 2010 u.v.m.) und zuletzt die [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Steuer-Identifikationsnummer Steuer-Identifikationsnummer] (2007) sind bürokratische Maßnahmen der wenigen letzten Jahre. Wofür?
 
Die Volkszählung 2011 ist nicht die einzigen Erfassungsaktion der Bundesregierung: Der [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/ELENA elektronische Entgeltnachweis ELENA] (2010), die [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Elektronische_Gesundheitskarte elektronische Gesundheitskarte] (ab 2011?), die Meldepflicht (seit 1945, ein neues Bundesmeldegesetz ab 2010?), verschiedenste Zentraldateien ([http://www.bigbrotherawards.de/2006/.pol/pol-02 Anti-Terror-Datei] 2007, [http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-plant-Radikalisierungsdatei-1010297.html Radikalisierungsdatei] 2011?, [http://no-racism.net/rubrik/37/ SIS] 1985, [http://www.heise.de/ct/meldung/Zentralisierung-von-EU-Fahndungsdatenbanken-in-der-Kritik-Update-6037.html VIS] 2010 u.v.m.) und zuletzt die [http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Steuer-Identifikationsnummer Steuer-Identifikationsnummer] (2007) sind bürokratische Maßnahmen der wenigen letzten Jahre. Wofür?
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== Biographien ==
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Folgende Angaben wurden dem Buch von Götz Aly und Karl-Heinz Roth, "Die restlose Erfassung" entnommen<br>
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Es handelt sich nur um Auszüge und wenige von vielen dort erwähnten Lebensläufen ...
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=== Siegfried Koller ===
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* Geboren im Januar 1908.
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* 1931 Der arbeitslose Koller erhält ein Stipendium der amerikanischen Rockefeller-Stiftung zum Aufbau einer statistischen Abteilung im Kerckhoff-Institut für Herz- und Kreislaufforschung Bad Nauheim.
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* 1945 - 1952 In russischer Gefangenschaft im Zuchthaus Brandenburg.
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* 1953 - 1962 Chef der Abteilung für Bevölkerungs- und Kulturstatistik im Statistischen Bundesamt.
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* 1955 Aufnahme in die deutsche Gruppe des Internationalen Verbands für Bevölkerungswissenschaft, Teilnahme an Konferenzen u.a. zur Schaffung der Erfassungsvorraussetzungen für die spätere Kampagne gegen die "Bevölkerungsexplosion der dritten Welt"
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* 1957 Koller führt den Mikrozensus ein.
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* 1961 Vorbereitung der Volkszählung 1961, in dessen Vorbereitungs-Arbeitskreis er seit 1954 tätig war. (An erster Stelle des Erhebungsprogramms sollte eine verfeinerte "Fruchtbarkeitsstatistik" eines anderen NS-Statistikers Burgdörfer stehen sollte.)
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* 1962 Obwohl Siegfried Koller der zweitmächtigste Mann im Statistischen Bundesamt ist, wird er nach der Pensionierung dessen Leiters Gerhard Fürst nicht zum neuen Chef ernannt, sondern in 1963 vorsichtig auf einen extra für ihn geschaffenen Lehrstuhl der Uni Mainz für Medizinische Statistik "abgeschoben".
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* Siegfried Koller war Mitglied des Internationalen Statistischen Instituts, Mitbegründer der Deuen Gesellschaft für Medinzinische Dokumentation und Statistik, beratender Statistik-Experte im Weltgesundheitsrat, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, führend vertreten in der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie, zuletzt noch im Sachverständigenkreis EDV im Gesundheitswesen im Wissenschaftsministerium tätig und Berater des Wissenschaftsrats.
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* Am 31. Januar 1978 wurde Professor Dr. phil. Dr. med. Siegfried Koller feierlich im Großen Saal des Mainzer Rathauses emeritiert.
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''' Und wer war Siegfried Koller während des "Dritten Reiches"?'''
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''' Siegfried Koller und die Volkszählung 1961 '''

Version vom 4. Juni 2010, 18:11 Uhr

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Die restlose Erfassung

Wer sich über die geschichtlichen Wurzeln der Volkszählung in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus informieren will, kommt an einem Standardwerk nicht vorbei, das auch in der Diskussion um und für den Widerstand gegen die Volkszählung 1987 eine bedeutende Rolle gespielt hat:

Götz Aly und Karl-Heinz Roth: "Die restlose Erfassung: Volkszählen, Identifizieren, Aussondern im Nationalsozialismus", Rotbuch-Verlag 1984

Aus diesem wichtigen Buch ein paar lesenswerte Auszüge:


Organisatorische Voraussetzungen

Die Volkszählungen 1933 und 1939 waren längst nicht die einzigen Erfassungsaktionen des Regimes: Das Arbeitsbuch (1935), das Gesundheitsstammbuch (1936), die Meldepflicht (1938), die Volkskartei (1939) und zuletzt die Personenkennziffer (1944) waren die bürokratischen Vorraussetzungen für ein abgestuftes System von Lohn und Strafe, für "Auslese" und "Ausmerze".

Parallelen?

Erfassen und Unterdrückung

Den Zusammenhang zwischen Erfassen und gewalttätigen Unterdrücken dokumentiert ein Fernschreiben, das der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, Heydrich, nach Polen, Danzig, Königsberg und Breslau schickte:

"Betr. Räumung der neuen Ostprovinzen Auf grundsätzlichen Befehl des Reichsführers SS wird die Räumung von Polen und Juden in den neuen Ostprovinzen durch die Sicherheitspolizei durchgeführt. (...) Die Räumung nach dem Fernplan erfolgt nach den Unerlagen der Volkszählung. Nach dieser besitzen alle Personen in den neuen Provinzen ein Exemplar. Das Volkszählungsformular gilt als vorläufiger Ausweis, der zum Aufenthalt berechtigt. Daher müssen vor dem Abtransport allen Personen diese Formulare abgenommen werden. Der Aufenthalt nach der Volkszählung ohne dieses Formular wird in den neuen Provinzen auf Befehl des RFSS (= Reichsführer SS, d. Verf.) mit Erschießen bedroht. Durch diese Maßnahme wird es möglich sein, die Rückkehr der angesiedelten Personen zu verhindern, nachdem eine wirksame Grenzkontrolle zum Gouvernment praktisch kaum voll erreichbar erscheint. Voraussichtlich wid die Volkszählung am 17.12.1939 stattfinden, so daß der große Räumungsplan erst nach diesem Zeitpunkt, also etwa ab 1.1.1940 beginen kann."


Entstehung des Buches, Wesen der Zahlenabstraktion

Auf dem Kongreß "Naziverbrechen gegen die Menschlichkeit in Polen und Europa" in Warschau erzählte uns Martin Hirsch am 16. April 1983 strahlend, das Bundesverfassungsgericht habe die geplante Volkszählung ausgesetzt. Wir haben uns am selben Abend noch entschieden, die gerichtlich verfügte Pause zu nutzen, um diesen historischen Beitrag zu einem aktuellen Thema zu recherchieren und zu schreiben. Auffällig war auf dem Warschauer Kongreß: Über die Mordtaten wurde viel gesprochen, über die differenzierte und effiziente Methodik der Herrschaftsausübung so gut wie nicht. Wir haben uns auf zwei unserer Meinung nach entscheidende Teilbereiche konzentriert: erstens die Methoden, die der Erfassung der Gesamtbevölkerung dienten; und zweitens einige herausragene Sonderaktionen, die die Selektion besonders stigmatisierter Minderheiten vorbereiteten. Nicht nur der im gewöhnlich illegalen Verwaltungsalltag betriebene Datenmißbrauch, sondern gerade der gesetzliche Gebrauch des Zahlenmaterials ist bedenklich. Das scheint uns das entscheidende (von der Datenschützerdiskussion abweichende) Resultat unserer Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus zu sein. Liegt nicht schon in der Abstraktion ders Menschen zur Ziffer ein fundamentaler Angriff auf seine Würde? Ist die Versuchung nicht gegeben, den einmal zum Merkmalsprofil geronnenen Menschen zu begradigen, zu bereinigen, wie die Statistiker es nennen? Zählungen fördern die Macht des Objektiven, die Rationalität der Willkür. Auch ohne Mißbrauch. Die verschiedenen Erfassungstechniken sind von den Nationalsozialisten benutzt, weiterentwickelt und nur selten "pervertiert" worden. Es ist unmöglich, die Auswüchse zu beseitigen, ohne den gesamten methodischen Ansatz aufzugeben. Gerade aufgrund der geschichtlichen Erfahrung erscheinen Volkszählungen und -kataster mit ihren scheinbar objektiven Daten und behördlichen Entscheidungshilfen als gegen die gesellschaftliche Phantasie gerichtete Angriffe. Die Zahlenwalze rollt auf die Menschen los. Es geht aber nicht um Bedarfsziffern, es geht um Bedürfnisse. Ein Grundbedürfnis, das wir während unserer Recherchen immer intensiver verspürten, was das nach der Gleichheit unter den Menschen. Das fortschreitende Zählen und Abspalten der jeweils Schwächsten und derer, die in bestimmten sozialpolitischen Konstellationen isoliert sind, dient der systematischen Vertiefung von Ungleichheit, und es löst das gesellschaftliche Leben administrativ auf - in Splitter und Partikel.

Götz Aly und Karl-Heinz Roth, Januar 1984

Volkskarteikarte-klein.JPG
Volkskartei-Karte aus dem Jahr 1939, weibliche (blaue) Ausführung, Vorderseite


Parallelen?

Die Volkszählung 2011 ist nicht die einzigen Erfassungsaktion der Bundesregierung: Der elektronische Entgeltnachweis ELENA (2010), die elektronische Gesundheitskarte (ab 2011?), die Meldepflicht (seit 1945, ein neues Bundesmeldegesetz ab 2010?), verschiedenste Zentraldateien (Anti-Terror-Datei 2007, Radikalisierungsdatei 2011?, SIS 1985, VIS 2010 u.v.m.) und zuletzt die Steuer-Identifikationsnummer (2007) sind bürokratische Maßnahmen der wenigen letzten Jahre. Wofür?


Biographien

Folgende Angaben wurden dem Buch von Götz Aly und Karl-Heinz Roth, "Die restlose Erfassung" entnommen
Es handelt sich nur um Auszüge und wenige von vielen dort erwähnten Lebensläufen ...

Siegfried Koller

  • Geboren im Januar 1908.
  • 1931 Der arbeitslose Koller erhält ein Stipendium der amerikanischen Rockefeller-Stiftung zum Aufbau einer statistischen Abteilung im Kerckhoff-Institut für Herz- und Kreislaufforschung Bad Nauheim.
  • 1945 - 1952 In russischer Gefangenschaft im Zuchthaus Brandenburg.
  • 1953 - 1962 Chef der Abteilung für Bevölkerungs- und Kulturstatistik im Statistischen Bundesamt.
  • 1955 Aufnahme in die deutsche Gruppe des Internationalen Verbands für Bevölkerungswissenschaft, Teilnahme an Konferenzen u.a. zur Schaffung der Erfassungsvorraussetzungen für die spätere Kampagne gegen die "Bevölkerungsexplosion der dritten Welt"
  • 1957 Koller führt den Mikrozensus ein.
  • 1961 Vorbereitung der Volkszählung 1961, in dessen Vorbereitungs-Arbeitskreis er seit 1954 tätig war. (An erster Stelle des Erhebungsprogramms sollte eine verfeinerte "Fruchtbarkeitsstatistik" eines anderen NS-Statistikers Burgdörfer stehen sollte.)
  • 1962 Obwohl Siegfried Koller der zweitmächtigste Mann im Statistischen Bundesamt ist, wird er nach der Pensionierung dessen Leiters Gerhard Fürst nicht zum neuen Chef ernannt, sondern in 1963 vorsichtig auf einen extra für ihn geschaffenen Lehrstuhl der Uni Mainz für Medizinische Statistik "abgeschoben".
  • Siegfried Koller war Mitglied des Internationalen Statistischen Instituts, Mitbegründer der Deuen Gesellschaft für Medinzinische Dokumentation und Statistik, beratender Statistik-Experte im Weltgesundheitsrat, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, führend vertreten in der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie, zuletzt noch im Sachverständigenkreis EDV im Gesundheitswesen im Wissenschaftsministerium tätig und Berater des Wissenschaftsrats.
  • Am 31. Januar 1978 wurde Professor Dr. phil. Dr. med. Siegfried Koller feierlich im Großen Saal des Mainzer Rathauses emeritiert.



Und wer war Siegfried Koller während des "Dritten Reiches"?

Siegfried Koller und die Volkszählung 1961