Freiheit statt Angst am 10. September 2011/Aufruf
Aufruf zum Aktionstag “Freiheit statt Angst” am 10. September 2011
Kurzversionsentwurf:
Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!
Ein breites gesellschaftliches Bündnis ruft zur Demonstration für Freiheitsrechte, für einen modernen Datenschutz und für ein freies Internet auf: Am Samstag, den 10. September 2011, veranstalten wir unter dem Motto "Freiheit statt Angst" in Berlin und in anderen Städten weltweit ein internationaler Aktionstag für eine freie, offene und demokratische Gesellschaft und gegen den Überwachungswahn.
Wir wollen private Räume und ungehinderte Kommunikation. Wir streiten für ein freies Internet mit gleichem Zugang für alle – ohne Diskriminierung. Wir stehen für den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit weltweit. Wir können die ständige flächendeckende Überwachung nicht hinnehmen und fordern eine 180-Grad-Wende von der Politik. Wir rufen daher alle Bürgerinnen und Bürger auf, an der Demo teilzunehmen und ihr Gesicht für die Freiheit zu zeigen!
Aufruf:
Ein breites gesellschaftliches Bündnis ruft zur Demonstration für Freiheitsrechte, für einen modernen Datenschutz und für ein freies Internet auf: Am Samstag, den 10. September 2011 wird unter dem Motto "Freiheit statt Angst" in Berlin und in anderen Städten weltweit ein internationaler Aktionstag für eine offene Gesellschaft und gegen den ausufernden Überwachungswahn stattfinden.
Die Überwachung greift um sich. In der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz, in den Schulen und im Privaten werden wir zunehmend beobachtet. Staatliche Stellen und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren unser Leben immer lückenloser. Egal was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wo wir uns bewegen, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren – der “große Bruder” Staat und die “kleinen Brüder und Schwestern” aus der Wirtschaft wissen es genauer als je zuvor.
Der Gläserne Bürger wird Realität. Immer mehr Informationen vervollständigen das Bild, dass sich Staat und Wirtschaft über jeden Einzelnen von uns machen. Neben Telefondaten, Internetdaten, Bewegungsdaten und Gesundheitsdaten werden auch Daten aus sozialen Netzwerken, Arbeitnehmerdaten, Volkszählungsdaten, Geodaten sowie politische und biometrische Daten zwangsweise erhoben und meist zentral gespeichert. Das Missbrauchspotential wächst täglich und potenziert sich mit jeder neuen Datensammlung.
Datensammelwut kennt keine Grenzen. Die Europäische Union setzt immer häufiger auf Überwachung und auf einen immer entgrenzteren Datenaustausch der Eingriffsbehörden. Mit einer flächendeckenden Vorratsspeicherung der Telekommunikationsdaten, Internetsperren, elektronischer Flugpassagierakte und dem EU-Sicherheitsprogramm (Stockholmer Programm) stehen weiter verschärfte Sicherheits- und Überwachungsbefugnisse auf der politischen Agenda.
Datenberge gefährden unsere Sicherheit. Die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung schafft keinen nachweisbar verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet aber ´zig Millionen von Euro, stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht und gefährdet ihre Privatsphäre. Die Unschuldsvermutung wird zunehmend zu einem Lippenbekenntnis aus vergangener Zeit. Gezielte und sinnvolle präventive Maßnahmen, sowohl technischer als auch sozialer Art, zur Stärkung unserer Sicherheit bleiben dabei auf der Strecke. Überwachungsinfrastrukturen und Datenpools sind missbrauchsanfällig und bilden selbst ein Sicherheitsrisiko.
Massenüberwachung gefährdet die offene Gesellschaft. Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühlt, kann sich nicht mehr unbefangen bewegen und freizügig seine Rechte ausleben. Massenüberwachung schadet nicht nur Minderheiten und jedem Einzelnen von uns, sondern behindert auch massiv die Arbeit und das Engagement von Privatpersonen und Organisationen der Zivilgesellschaft. Überwachung, Misstrauen und Angst erzeugen schrittweise eine Gesellschaft unkritischer BürgerInnen, die "nichts zu verbergen" haben, und dem Staat gegenüber – zur vermeintlichen Gewährleistung einer totalen Sicherheit – gehorsam ihre Freiheitsrechte aufgeben. Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!
Deswegen gehen wir auf die Straße! Wir wollen eine freie, demokratische und offene Gesellschaft, die ohne bedingungslos private Räume und ungehinderte Kommunikation nicht existieren kann. Wir streiten für ein freies Internet mit gleichem Zugang für alle, ohne Diskriminierung einzelner Inhalte und für den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit im Internet weltweit. Der Respekt vor unserer Privatsphäre ist unabdingbarer Bestandteil unserer menschlichen Würde – und zwar in allen Lebensbereichen. Um eine 180-Grad-Wende des gegenwärtigen Überwachungswahns zu fordern, werden wir am Samstag, den 10. September 2011 unter dem Motto "Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!" durch Berlin ziehen. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, an der Demo teilzunehmen! Die Politiker und Konzernlenker sollen sehen, dass wir bereit sind, für unsere Freiheit auf die Straße zu gehen.
Unsere Forderungen:
1. Überwachung abbauen
- Keine erneute flächendeckende Protokollierung der Telekommunikation, unserer Standorte und unserer Identität im Internet (Vorratsdatenspeicherung) – weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene, weder für sechs Monate noch für sieben Tage
- Keine grundlose Registrierung aller Flugreisenden (PNR-Daten), keine Einteilung in sogenannte Risikoklassen
- Keine Nacktscanner an Flughäfen
- Schutz vor unnötiger Datensammlung und Bespitzelung am Arbeitsplatz durch einen effektiven Arbeitnehmerdatenschutz
- Abschaffung der flächendeckenden, grundlosen und verdachtsunabhängigen Erhebung biometrischer Daten
- Abschaffung der massenhaften zentralen Sammlung von Beschäftigtendaten (ELENA)
- Keine einheitliche Schülernummern (Schüler-ID/Schülerdatei)
- Abschaffung der lebenslangen Steuernummern
- Abschaffung der systematischen Überwachung des Zahlungsverkehrs und der sonstigen Massendatenanalyse in der EU (z.B. SWIFT, Stockholmer Programm)
- Kein Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz und effektive Kontrollmöglichkeiten
- Abschaffung des automatisierten Kfz-Massenabgleichs auf öffentlichen Straßen
- Abschaffung der Videoüberwachung großer Teile des öffentlichen Raums, keine automatische Gesichtskontrolle, Verbot des Einsatzes von Verhaltenserkennungssystemen
- Keine Bündelung aller bestehenden Überwachungstechnologien (INDECT)
- Keine heimliche Durchsuchung von Privatcomputern, weder online noch offline (z.B. "Bundestrojaner")
- Keine Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte (eGK)
2. Evaluierung der bestehenden Überwachungsbefugnisse
Wir fordern eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse in Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen und Alternativen sowie die transparente Veröffentlichung der Ergebnisse.
3. Moratorium für neue Überwachungsbefugnisse
Nach der inneren Aufrüstung der letzten Jahre fordern wir einen sofortigen Stopp neuer Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, wenn diese mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind.
4. Gewährleistung des freien Meinungs- und Informationsaustauschs über das Internet
- Freies, ungefiltertes und neutrales Internet, durch die rechtliche Verankerung der Netzneutralität in Deutschland und weltweit, ohne Sperrlisten, Filterinfrastrukturen oder Vorkontrollen, sei es von staatlicher Seite oder durch Internetprovider
- Keine Sperrung der Internetanschlüsse von Privatpersonen als Sanktionsmaßnahme („Three Strikes“)
- uneingeschränkte Anerkennung von persönlichen Profilen in sozialen Netzwerken (Web 2.0) als Kernbereich privater Lebensgestaltung
- Festschreibung eines globalen digitalen Grundrechtsschutzes als digitale Menschenrechts-Charta des 21. Jahrhunderts