Girogo

Aus Freiheit statt Angst!
Version vom 15. Juni 2012, 21:52 Uhr von Wir speichern nicht! (Diskussion | Beiträge) (bild eingefügt, pressemeldung weiter verlinkt, satzzeichen korrigiert)
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Girogo-fake01.png

Eine Wiki-Seite zum Sammeln und Vernetzen von Informationen
rund um das neue und stark propagierte Bezahlsystem


Was ist "girogo"?

Prinzip

"girogo" ist ein Bezahlsystem, das möglichst weite Verbreitung finden soll.

Ähnlich wie bei der seit Jahren bekannten, aber nicht besonders erfolgreichen "Geldkarte" soll man mit "girogo" eine gewisse Menge Geld auf einem eigenen Gelddepot lagern können, von dem man dann bis zu 20 Euro je Bezahlvorgang abbuchen kann.

Soweit nichts neues.

Der "Clou" an "girogo" ist dabei, dass diese Abbuchung besonders schnell vor sich gehen soll. In allen ec-Karten Deutschlands soll sich (so die Ziele der Macher) ein RFID-Funkchip verbergen, der ein kontaktloses Abbuchen ermöglicht. (Auch als "berührungsloses" oder "drahtloses" Bezahlen bezeichnet.)

Will ein Kunde also mittels "girogo" irgendeine Ware bezahlen, dann muss zunächst sein "girogo"-Depot ausreichend aufgeladen sein. Damit kann der Konsument dann bezahlen, indem er seine Karte (oder sein Portemonaie, in dem sich die funkfreudige Karte befindet) an das Terminal der Kasse hält. Nach kurzer Zeit (angeblich deutlich weniger als eine Sekunde) ist der Betrag automatisch abgebucht worden bzw. eine entsprechende Transaktion veranlasst worden.

Geschichte

Betreiber

Systemsicherheit

Selbstverständlich wird seitens der Betreiber von "girogo" der Eindruck suggeriert, als sei das Bezahlsystem 100%ig sicher.

Auf der PR-Werbeseite gab man auf die Frage "Wie sicher ist bezahlen mit girogo?" noch bis zum 13. Juni 2012 die übersichtliche Antwort:

"Das Bezahlen mit girogo ist sehr sicher, da es sich um eine Prepaid-Lösung handelt. Es kann kontaktlos höchstens nur der Betrag abgebucht werden, der sich auf dem Chip befindet. Zum Bezahlen ist ein Abstand von vier Zentimetern oder weniger zwischen Karte und Terminal notwendig. Auch löst nur das erste Signal eine Transaktion aus, sollte eine Karte mehrmals hintereinander ans Terminal gehalten werden. Vor allem aber entspricht girogo den hohen Sicherheitsstandards der Deutschen Kreditwirtschaft."

Nachdem am 13. Juni 2012 die ersten Informationen darüber öffentlich wurden, dass es sich mit der tatsächlichen Sicherheit vielleicht doch nicht so simpel verhält, wurde die Antwort auf die selbstgestellte Frage deutlich erweitert.

Seitdem liest man dort:

"Das kontaktlose Bezahlen mit girogo entspricht den hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards der deutschen Kreditwirtschaft. girogo ist eine Prepaid-Lösung. Das heißt, dass beim Bezahlen lediglich auf das zuvor geladene Prepaid-Guthaben auf der elektronischen Geldbörse zugegriffen wird. Bei einer kontaktlosen Transaktion mit girogo werden also keine Beträge vom Girokonto des Kunden gebucht. Auch werden keine konto- oder personengebundenen Daten übermittelt. Alle für die Transaktion benötigten Daten werden auf Basis internationaler Sicherheitsvorgaben verschlüsselt an das Händlerterminal übertragen. Bei dem Zugriff auf die Zusatzfunktion Altersverifikation werden ebenfalls keine persönlichen Daten übertragen. Der Automat stellt der Karte lediglich die Frage „Älter als 18" und die Karte antwortet lediglich mit „ja" oder „nein".
Zum Bezahlen mit girogo muss der Chip auf der Karte zwei bis drei Zentimeter nah an das Terminal gebracht werden. Sofern beim Bezahlen an der Kasse eine Karte versehentlich mehrmals hintereinander an das Bezahl-Terminal gehalten wird, löst nur das erste Signal eine Transaktion aus."

Man kann davon ausgehen, dass "girogo" in Zukunft noch mehr Zeilen benötigen wird, um von der Scheinsicherheit des Systems überzeugen zu können. :)

Welche Banken machen da mit?

Sparkassen

  • Sparkasse Hannover (seit Anfang 2012)
  • Sparkasse Braunschweig (seit Anfang 2012)
  • Sparkasse Wolfsburg (seit Anfang 2012)

Volks-, Raiffeisen- und andere Genossenschaftsbanken

  • Volksbank Hannover (seit April 2012)
  • Volksbank Braunsweig-Wolfsburg (seit April 2012)
  • Volksbank Hildesheim (seit April 2012)
  • Volksbank in Schaumburg (seit April 2012)

Privatbanken

Welche Geschäfte beteiligen sich?

(Stand: Juni 2012)

  • Edeka-Märkte
  • NP-Märkte
  • Ditsch-Bäckereien
  • Esso-Tankstellen
  • Star-Tankstellen
  • Jet-Tankstellen
  • hm-Tankstellen
  • Thalia-Buchhandlungen
  • McDonalds
  • Fußballvereine Bayer 04 Leverkusen und Mainz 05
  • Douglas Kosmetika/Parfümerie
  • dm-Drogeriemärkte
  • Sanifair-Toiletten

Hinterfragung der Absichten

Kritik an "girogo"

Grundsätzliche Funkchip-Problematik (RFID)

Mit "girogo" wird ein Geschäftsmodell umgesetzt, dass den Einsatz von RFID-Technik in bislang unbekannter Breite in den Alltag der Menschen hineinträgt - ähnlich wie bei der vorherigen staatlichen Maßnahme der Einführung elektronischer Pässe (Reisepass 2005, Personalausweis 2010).

ec-Karten gehören für sehr viele Menschen in Deutschland zu Gegenständen, die sie häufig, wenn nicht immer, mit sich führen und falls sich das "girogo"-Modell durchsetzen wird hat das zur Folge, dass jeder dieser Menschen mindestens einen RFID-Funkchip mit eindeutiger Kennzeichnung mit sich trägt.

Ob nun durch Bezahlvorgänge (bewusste Handlung) oder durch unbemerktes Auslesen der Funkchips (berührungslos, also ohne das der Träger des RFID-Funkchips etwas davon erfährt): die RFID-Technik und damit die "girogo"-Technik wird auf kurz oder lang dazu führen, dass umfangreiche Bewegungsprofile und Verhaltensmustererfassungen der Bevölkerung angelegt bzw. ermittelt werden können.

Das entgegengebrachte Argument, dass ein solches Szenario unrealistisch oder gar paranoid sei ist deswegen nicht treffend, weil (wie eben angedeutet) alleine die Durchführung der Bezahlvorgänge und die damit verbundene Erfassung und Speicherung von Uhrzeit, Kartenterminal (und damit Ort) zu eben einer solchen Bewegungsprofilbildung beiträgt.

Zu streiten bleibt also nur noch über die Frage, wie fein diese Profilbildungen ausfallen und ob und wann dystopische Vorstellungen die Realität überbieten werden.

Erfassung von Daten

Je (bewusst durchgeführten) Bezahlvorgang werden mindestens erfasst:

  • Identität der Karte
  • Uhrzeit der Transaktion
  • Höhe der Transaktion
  • Identität des genutzten Kartenterminals

Ob und welche weitere Daten erfasst werden, geht aus den PR-Prospekten der "girogo"-Befürworter derzeit nicht hervor.

Über die Kennnummer des Kartenterminals lässt sich der Aufenthaltsort sowie ggf. bestimmte Charaktereigenschaften ableiten (z.B. Einkaufen im Supermarkt oder im Sex-Shop).

Im Falle der Verknüpfung mit weiteren Informationen des elektronischen Warenverkehrssystems ließe sich ableiten, was im Einzelnen an Ware gekauft worden ist.

Grundsätzlich:

Dem Kunden ist in aller Regel nicht oder nicht umfassend klar, welche Daten er bei der Benutzung der "girogo"-Karte abgibt, wer diese Daten erhält und verarbeitet bzw. an wen diese Daten weitergereicht werden.

Weitere Bedrohungs-Szenarien

Arbeitsplatzabbau

Mit dem "girogo"-System soll unter anderem erreicht werden, dass mehr Kunden in der gleichen Zeit die Kasse im Supermarkt passieren können. Es wird ja auch immer das dem Kunden genehme Argument vorgebracht, dass man damit nicht mehr so lange warten müsste.

Im Endeffekt führt dieses aber zum Abbau von Arbeitsplätzen, zumindest aber zu mehr Arbeitsdruck bei den Kassiereinnen und Kassierern.

Abbau von Anonymität

Das "girogo"-Projekt führt dazu, dass anonymes Handeln (in diesem Fall: Zahlen) immer unüblicher wird. Mehr und mehr unseres alltäglichen Lebens und Verhaltens wird der Unsichtbarkeit, der Anonymität entzogen, wir werden immer gläserner.

Und: Werden diejenigen, die nach wie vor auf Bezahlung mit Scheinen und Münzen vertrauen, bald misstrauisch beäugt oder gar beschimpft, wie man es in der kreditkarten-versessenen USA schon seit vielen Jahren erleben kann?

Stellungnahmen der Banken

Verschiedene Anfragen wurden gar nicht respektive lediglich mit dem Verweis auf die allgemeinen PR-Materialien beantwortet. (Siehe vom 15.6.2012)

Wie kann ich mich wehren?

Falls das Nicht-Benutzen einer ec-Karte keine Option des Alltags ist, bleibt nur:

  • bei der Hausbank auf Ausstellung einer ec-Karte ohne RFID-Chip bestehen.
  • ec-Karte im Normalfall in einer metallischen Schutzhülle oder in Alu-Folie eingewickelt mit sich herum tragen. Dieses würde allerdings den Sinn der "girogo"-Idee zuwider sein.
  • den RFID-Chip zu zerstören (RFID-Zapper) ist nicht empfehlenswert, da damit die ganze Karte nutzlos wird (Geldautomaten, Kontoauszugsdrucker etc.)

PR

201206hbf-hannover-girogo-behangen.jpg

Es wird eine aufwändige Medienkampagne betrieben, um den Leuten die Idee und Benutzung von "girogo"-Karten schmackhaft zu machen.

In Hannover wurde dazu Anfang Juni 2012 ein eigener Laden in einer belebten Einkaufspassage angemietet, umfangreich eingerichtet und mit viel TamTam eröffnet. Die Ladenmiete dieser "Location" dürfte sich monatlich irgendwo zwischen 10.000 und 15.000 Euro liegen (abgeschätzt aufgrund weniger öffentlich verfügbarer Angaben).

Ebenfalls wurde eigens zur Eröffnung dieses Infoladens der Hauptbahnhof Hannover mit zwei großen neuen Gerüstverhängen ausgerüstet. Die Kosten hierfür dürften ebenfalls bei mindestens mehreren Tausend Euro liegen.

Gleichzeitig versuchen die "girogo"-Macher mittels Einsatz von "SocialMedia" Boden zu gewinnen. Unter #girogoNEWS und seitens des Marketingleiters #ilimburg werden bereits seit längerem Positiv- und Neusprech-Nachrichten zum Thema "girogo" in die Twitterszene gestreut.

Ein anderer Account namens #girogoFACTS hingegen scheint dem als Fake in Teilen entgegenzutreten, verwendet sogar das oben angezeigte Fake-Logo.

Die "girogo"-Verantwortlichen organisieren eine "Roadshow" mit folgenden Terminen (Auszug aus der Nachricht vom "girogo"-Portal):

  • 1. / 2. Juni, im girogo-Store in der Passerelle im Hauptbahnhof Hannover
  • 15. / 16. Juni in den Schloss-Arkaden im Erdgeschoss - Eingang Schlossplatz in Braunschweig
  • 22. / 23. Juni in der City-Galerie Wolfsburg im Untergeschoss
  • 29. / 30. Juni abermals im girogo-Store direkt unter der Eingangshalle im Hauptbahnhof Hannover

Alles in allem wird hier eine Kampagne gefahren, die weit über das eben Aufgezählte hinausgeht (siehe z.B. Youtube-Channels) und eine große Stange Geld kostet.

Damit stellt sich die Frage, warum es der Bankenwirtschaft (oder wem sonst?) so viel Geld wert sein sollte, nur damit die einkaufenden Menschen schneller bedient werden? Es müssen andere, handfeste Gründe dahinter stecken, alles andere ergibt keinen Sinn.

Etwaige andere Gründe für die Einführung von "girogo" (Mutmassungen!):

  • Kostenersparnis durch Wegfall der Bearbeitung "echten" Geldes (Transport und Verwaltung)
  • Interesse und Verwertung an/von Daten/Informationen über Kunden und Kundenverhalten
  • Lobbyinteresse der hinter der Technik steckenden Industrie durch massenhaften Einsatz von Geldern für die Einführung, Umrüstung und Betrieb
  • andere Interessen ... ? o_O

Links

Materialien

Flyer

Grafiken

Presse

In rückwärts-chronologischer Reihenfolge: