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Offener Brief an OB Roters: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Köln-Bonn gegen Ausbau der Videoüberwachung in Köln
Köln, den 16. Januar 2014
Videoüberwachung gegen Sprayer
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir schreiben Ihnen bezugnehmend auf Ihr Interview im Express vom 03.01.2013 „Vorschlag für gefährdete Gegenden. OB Roters: Video-Überwachung gegen fiese Sprayer“[1] und insbesondere hinsichtlich des folgenden Auszugs:
„Und was wollen die Kölner Ihrer Meinung nach?
Beim Thema „wilder Müll“ müssen wir noch punktgenauere Vereinbarungen mit den Abfall-Wirtschaftsbetrieben treffen – etwa über die Reinigungs-Intervalle an schönen Wochenenden in den Grünanlagen. Und: Wie gehen wir mit Wandschmierereien um?
Als Stadt müssen wir sehen, dass Graffiti auf öffentlichen Gebäuden schnell entfernt werden. Die meisten Schmierereien befinden sich aber auf Privathäusern – da brauchen wir eine Vereinbarung mit dem Haus- und Grundbesitzerverein.
Ist das nicht ein Kampf gegen Windmühlen? Meistens kommen die Farbschmierer in der Nacht… Deshalb trete ich auch für Videoüberwachung in besonders gefährdeten Bereichen ein. Wenn man dadurch jemanden dingfest machen kann, wird es teuer für die Farbschmierer – da kommen je nach Fläche locker mal 20.000 Euro zusammen.“
Zunächst einmal freut es uns, dass Sie unsere Stadt Köln noch attraktiver und lebenswerter machen wollen.
Wir sind allerdings nicht mit Ihrer angekündigten Vorgehensweise gegen Graffiti und Sprayer einverstanden. Wir als Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Köln-Bonn sehen die ausufernde Videoüberwachung kritisch und zweifeln auch die Effektivität dieses Mittel für den spezifischen Fall der Verfolgung von Sprayern an.
Sie geben an, dass Sie Videoüberwachung als repressives Mittel in „besonders gefährdeten Bereichen“ anwenden wollen. Sprayer könnten so überführt und zur finanziellen Verantwortung für die Wiederherstellung des Ausgangszustands gezogen werden. Da Videoüberwachung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§6b) und dem Landesdatenschutzgesetz NRW (§29b) allerdings deutlich gekennzeichnet werden muss, scheint uns die von Ihnen vorgeschlagene Vorgehensweise nicht zielführend. Welcher Sprayer wird direkt vor einer Videoüberwachungsanlage unmaskiert Graffiti sprühen? Vielmehr ist zu erwarten, dass Sprayer in andere Stadtgebiete abwandern. Die für die Überwachungssysteme bereitzustellenden Mittel könnten an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden wie zum Beispiel beim Stellenausbau des Ordnungsamtes. Wurden Alternativen geprüft, die weniger in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen?
Ein Ausbau an Videoüberwachung riskiert zudem auch eine Minderung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bürger und Gäste der Stadt. So zeigten Studien, dass das subjektive Sicherheitsgefühl durch den Ausbau von Kamerasystemen abnehmen kann, denn Orte, die einer Überwachung bedürfen, gelten als unsicherer. Gleichzeitig stellt Videoüberwachung eine Verschandlung des Stadtbilds dar. Die private und öffentliche Videoüberwachung ist in Köln an vielen Ecken bereits sehr präsent. Mit mehr als 160 Kameras, die allein von den Landesbehörden betrieben werden, nimmt Köln den zweiten Platz in der „Überwachungshitliste“ ein; unserer Meinung nach eine Tatsache, die die Attraktivität der Stadt nicht erhöht, sondern mindert.
Könnten Sie bitte den im Interview angedachten Ausbau der Videoüberwachung konkretisieren? Existieren bereits spezifische Pläne, Videoüberwachung verstärkt und gegenüber Sprayern anzuwenden?
Wir bitten Sie, unseren offenen Brief zeitnah zu beantworten. Insbesondere interessiert uns Ihre Position zu den von uns angeführten Argumenten. Ihre Antwort würden wir gerne ungekürzt veröffentlichen.
Wir möchten nochmal deutlich machen, dass Videoüberwachung stark in die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreift. Gleichzeitig ist die Effektivität laut Forschungsergebnissen höchst umstritten.
Mit freundlichen Grüßen,
Lara Schartau und Fabian Keil
vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Köln-Bonn